Die leib-renten werden diejenigen einkünfte eines menschen genennet, welche er sich durch erle- gung einer summe geltes bey einer öffentlich veran- stalteten casse zuwege gebracht hat, daß ihm näm- lich auf seine lebenszeit ein gewisses am gelte ge- reichet werden, hingegen mit seinem tode aufhören solle, auch er vom capitale nichts weiter zugehof- fen habe, welches die Franzosen a fond perdu nen- nen, Marpergersmontes pietatis cap. XI s. 254 fg. Dises heissen persönliche leib-renten, sintemal sie auf einzelen personen beruhen; hingegen die leib- renten der so genannten tontinen begreifen vile per- sonen unter einer, auch merere classen, Marper- ger am a o. s. 364 fgg. Königlich-Dänische ver- ordnung vom 17ten august 1757 wegen der ange- ordneten neuen leib-renten-gesellschaft.
§ 4329
woher die tontine ire benennung hat?
Die tontine hat vom Lorenz Tonti, einem Jtaliener iren namen. Sie bestunde in 14 hundert tausend pfunden leib-renten, die der könig in Frank- reich 1689 aufs rahthaus zu Paris legete. Es war selbige eine besondere einrichtung und eintei- lung eines grosen leib-renten-capitals, da näm- lich der könig die bemeldte summe järlicher leib-ren- ten auszugeben willens war, um dafür von denen, welche solche nemen wollten, eine summe von 19 millionen und 60000 pfund oder Franken zu fort- sezung des kriges einzuheben, daß sich also die ren- ten ungefehr 7 von hundert auf die ganze summe betragen hätten. Es wurden zu dem ende siben classen nach dem alter derer personen, welche an solchen leib-renten anteil nemen wollten, gemachet, welche nach dem sie jung, oder alt waren, um so vil weniger, oder mehr renten empfingen. Die teilhaber hatten keinen andern gewinn, als daß
irer
LX haubtſt. von den hofnungs-
§ 4328
was leib-ren- ten bedeu- ten?
Die leib-renten werden diejenigen einkuͤnfte eines menſchen genennet, welche er ſich durch erle- gung einer ſumme geltes bey einer oͤffentlich veran- ſtalteten caſſe zuwege gebracht hat, daß ihm naͤm- lich auf ſeine lebenszeit ein gewiſſes am gelte ge- reichet werden, hingegen mit ſeinem tode aufhoͤren ſolle, auch er vom capitale nichts weiter zugehof- fen habe, welches die Franzoſen a fond perdu nen- nen, Marpergersmontes pietatis cap. XI ſ. 254 fg. Diſes heiſſen perſoͤnliche leib-renten, ſintemal ſie auf einzelen perſonen beruhen; hingegen die leib- renten der ſo genannten tontinen begreifen vile per- ſonen unter einer, auch merere claſſen, Marper- ger am a o. ſ. 364 fgg. Koͤniglich-Daͤniſche ver- ordnung vom 17ten auguſt 1757 wegen der ange- ordneten neuen leib-renten-geſellſchaft.
§ 4329
woher die tontine ire benennung hat?
Die tontine hat vom Lorenz Tonti, einem Jtaliener iren namen. Sie beſtunde in 14 hundert tauſend pfunden leib-renten, die der koͤnig in Frank- reich 1689 aufs rahthaus zu Paris legete. Es war ſelbige eine beſondere einrichtung und eintei- lung eines groſen leib-renten-capitals, da naͤm- lich der koͤnig die bemeldte ſumme jaͤrlicher leib-ren- ten auszugeben willens war, um dafuͤr von denen, welche ſolche nemen wollten, eine ſumme von 19 millionen und 60000 pfund oder Franken zu fort- ſezung des kriges einzuheben, daß ſich alſo die ren- ten ungefehr 7 von hundert auf die ganze ſumme betragen haͤtten. Es wurden zu dem ende ſiben claſſen nach dem alter derer perſonen, welche an ſolchen leib-renten anteil nemen wollten, gemachet, welche nach dem ſie jung, oder alt waren, um ſo vil weniger, oder mehr renten empfingen. Die teilhaber hatten keinen andern gewinn, als daß
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LX haubtſt. von den hofnungs-
§ 4328
Die leib-renten werden diejenigen einkuͤnfte
eines menſchen genennet, welche er ſich durch erle-
gung einer ſumme geltes bey einer oͤffentlich veran-
ſtalteten caſſe zuwege gebracht hat, daß ihm naͤm-
lich auf ſeine lebenszeit ein gewiſſes am gelte ge-
reichet werden, hingegen mit ſeinem tode aufhoͤren
ſolle, auch er vom capitale nichts weiter zugehof-
fen habe, welches die Franzoſen a fond perdu nen-
nen, Marpergers montes pietatis cap. XI ſ. 254 fg.
Diſes heiſſen perſoͤnliche leib-renten, ſintemal ſie
auf einzelen perſonen beruhen; hingegen die leib-
renten der ſo genannten tontinen begreifen vile per-
ſonen unter einer, auch merere claſſen, Marper-
ger am a o. ſ. 364 fgg. Koͤniglich-Daͤniſche ver-
ordnung vom 17ten auguſt 1757 wegen der ange-
ordneten neuen leib-renten-geſellſchaft.
§ 4329
Die tontine hat vom Lorenz Tonti, einem
Jtaliener iren namen. Sie beſtunde in 14 hundert
tauſend pfunden leib-renten, die der koͤnig in Frank-
reich 1689 aufs rahthaus zu Paris legete. Es
war ſelbige eine beſondere einrichtung und eintei-
lung eines groſen leib-renten-capitals, da naͤm-
lich der koͤnig die bemeldte ſumme jaͤrlicher leib-ren-
ten auszugeben willens war, um dafuͤr von denen,
welche ſolche nemen wollten, eine ſumme von 19
millionen und 60000 pfund oder Franken zu fort-
ſezung des kriges einzuheben, daß ſich alſo die ren-
ten ungefehr 7 von hundert auf die ganze ſumme
betragen haͤtten. Es wurden zu dem ende ſiben
claſſen nach dem alter derer perſonen, welche an
ſolchen leib-renten anteil nemen wollten, gemachet,
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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 2. Marburg, 1758, S. 598. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit02_1758/646>, abgerufen am 22.11.2024.
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