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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 2. Marburg, 1758.

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XXXI haubtst. von den urkunden,
§ 3697
ob die officir,
soldaten, de-
ren weiber
marketende-
rei treiben
dürfen?

Die officir, soldaten und deren weiber sollen
keine marketenderei treiben, Flemming am a. o.
s. 182, Lünig s. 753 s. 1312 s. 1383; iedoch sihet man
bei den zügen der völker und in den lagern, daß die
weiber der soldaten den brantewein ungehindert
schenken.

Ein und dreisigstes haubtstück
von den schuld-bekenntnissen oder

arkunden, auch brif und sigel
(chirographis.)
§ 3698
was die
schuld-be-
kenntniß
heisset?

Eine schuld-bekenntniß heisset: wenn ein schulde-
ner schriftlich erkläret, daß er von disem sei-
nem gläubiger einen vorschuß erhalten habe. Die
Teutschen gaben einen brif von sich, disen unter-
schriben sie nicht, sondern hingen unten ihr sigel an.
Jedoch ward er in der gestalt eines kerbscheines ge-
schriben. Der gläubiger bekam einen, und der
schuldener behilt einen. Beide musten nach den
kerben auf einander passen; daher der ausdruck:
brif und sigel gekommen ist, folglich durch dise
redensart allerhand rechts-beständiger weise aus-
gefertigte urkunden, oder instrumenta quarendigia-
ta verstanden werden, von Ludewig de processu
per mandatum
von verbriften schulden, auch dessen
gelehrte anzeigen T. I s. 694.

§ 3699
brif und sigel
sind besser als
lebendiges
zeugniß.

Dieweil nun die Teutschen glaubeten, sein
sigel könne nimand läugnen; so sageten sie: brife
sind besser, dann zeugen, Hert paroem. XXVII

lib.
XXXI haubtſt. von den urkunden,
§ 3697
ob die officir,
ſoldaten, de-
ren weiber
marketende-
rei treiben
duͤrfen?

Die officir, ſoldaten und deren weiber ſollen
keine marketenderei treiben, Flemming am a. o.
ſ. 182, Luͤnig ſ. 753 ſ. 1312 ſ. 1383; iedoch ſihet man
bei den zuͤgen der voͤlker und in den lagern, daß die
weiber der ſoldaten den brantewein ungehindert
ſchenken.

Ein und dreiſigſtes haubtſtuͤck
von den ſchuld-bekenntniſſen oder

arkunden, auch brif und ſigel
(chirographis.)
§ 3698
was die
ſchuld-be-
kenntniß
heiſſet?

Eine ſchuld-bekenntniß heiſſet: wenn ein ſchulde-
ner ſchriftlich erklaͤret, daß er von diſem ſei-
nem glaͤubiger einen vorſchuß erhalten habe. Die
Teutſchen gaben einen brif von ſich, diſen unter-
ſchriben ſie nicht, ſondern hingen unten ihr ſigel an.
Jedoch ward er in der geſtalt eines kerbſcheines ge-
ſchriben. Der glaͤubiger bekam einen, und der
ſchuldener behilt einen. Beide muſten nach den
kerben auf einander paſſen; daher der ausdruck:
brif und ſigel gekommen iſt, folglich durch diſe
redensart allerhand rechts-beſtaͤndiger weiſe aus-
gefertigte urkunden, oder inſtrumenta quarendigia-
ta verſtanden werden, von Ludewig de proceſſu
per mandatum
von verbriften ſchulden, auch deſſen
gelehrte anzeigen T. I ſ. 694.

§ 3699
brif und ſigel
ſind beſſer als
lebendiges
zeugniß.

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ſigel koͤnne nimand laͤugnen; ſo ſageten ſie: brife
ſind beſſer, dann zeugen, Hert paroem. XXVII

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[366/0414] XXXI haubtſt. von den urkunden, § 3697 Die officir, ſoldaten und deren weiber ſollen keine marketenderei treiben, Flemming am a. o. ſ. 182, Luͤnig ſ. 753 ſ. 1312 ſ. 1383; iedoch ſihet man bei den zuͤgen der voͤlker und in den lagern, daß die weiber der ſoldaten den brantewein ungehindert ſchenken. Ein und dreiſigſtes haubtſtuͤck von den ſchuld-bekenntniſſen oder arkunden, auch brif und ſigel (chirographis.) § 3698 Eine ſchuld-bekenntniß heiſſet: wenn ein ſchulde- ner ſchriftlich erklaͤret, daß er von diſem ſei- nem glaͤubiger einen vorſchuß erhalten habe. Die Teutſchen gaben einen brif von ſich, diſen unter- ſchriben ſie nicht, ſondern hingen unten ihr ſigel an. Jedoch ward er in der geſtalt eines kerbſcheines ge- ſchriben. Der glaͤubiger bekam einen, und der ſchuldener behilt einen. Beide muſten nach den kerben auf einander paſſen; daher der ausdruck: brif und ſigel gekommen iſt, folglich durch diſe redensart allerhand rechts-beſtaͤndiger weiſe aus- gefertigte urkunden, oder inſtrumenta quarendigia- ta verſtanden werden, von Ludewig de proceſſu per mandatum von verbriften ſchulden, auch deſſen gelehrte anzeigen T. I ſ. 694. § 3699 Dieweil nun die Teutſchen glaubeten, ſein ſigel koͤnne nimand laͤugnen; ſo ſageten ſie: brife ſind beſſer, dann zeugen, Hert paroem. XXVII lib.

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 2. Marburg, 1758, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit02_1758/414>, abgerufen am 24.11.2024.