Betrug ist eine fürsäzliche handgreifliche benach- teiligung seines neben-menschen. Berücken aber ist, wenn man den andern auf eine künstliche weise hinters licht führet.
§ 3514
ob solches er- laubet ist?
Dieses beschihet entweder durch list, den andern in schaden zu sezen, oder one absicht zu schaden. Dises ist erlaubet, aber das erste verboten. One nachteil des andern, um seinen eigenen schaden zu behindern, auch seinen nuzen zu befördern, ist die list erlaubet, Joh. George Kulpisde circum- uentione in contractibus licita, Halle 1739.
§ 3515
die betrüger sind den Teutschen verhaßt.
Hirvon war der Teutsche ein großer feind, und hilte den betrüger für keinen ehrlichen man, sondern für einen schelmen und spizbuben.
§ 3516
die list und der betrug ist unterschiden.
Jmmittels machet man einen unterschid unter list und betrug, oder argelist. Davon heißet es: Männer list ist behend, weiber list hat gar kein end. Derowegen hilten sie vil auf kriges-listen. Vom betruge aber sagten sie: betrug und weiber-anstrich haben nicht lang bestand. Was im übrigen von den verbindungen könnte gesaget werden, ist im rechte der natur enthalten, worauf die Teutschen lediglich sahen, und dabei immer auf treu und glauben hilten.
§ 3517
der betrug.
Der betrug ist entweder grob, oder künstlich.
§ 3518
V haubtſt. von gefaͤhrde und argeliſt.
Fuͤnftes haubtſtuͤck von gefaͤhrde und argeliſt.
§ 3513
was der be- trug und das beruͤcken be- deutet?
Betrug iſt eine fuͤrſaͤzliche handgreifliche benach- teiligung ſeines neben-menſchen. Beruͤcken aber iſt, wenn man den andern auf eine kuͤnſtliche weiſe hinters licht fuͤhret.
§ 3514
ob ſolches er- laubet iſt?
Dieſes beſchihet entweder durch liſt, den andern in ſchaden zu ſezen, oder one abſicht zu ſchaden. Diſes iſt erlaubet, aber das erſte verboten. One nachteil des andern, um ſeinen eigenen ſchaden zu behindern, auch ſeinen nuzen zu befoͤrdern, iſt die liſt erlaubet, Joh. George Kulpisde circum- uentione in contractibus licita, Halle 1739.
§ 3515
die betruͤger ſind den Teutſchen verhaßt.
Hirvon war der Teutſche ein großer feind, und hilte den betruͤger fuͤr keinen ehrlichen man, ſondern fuͤr einen ſchelmen und ſpizbuben.
§ 3516
die liſt und der betrug iſt unterſchiden.
Jmmittels machet man einen unterſchid unter liſt und betrug, oder argeliſt. Davon heißet es: Maͤnner liſt iſt behend, weiber liſt hat gar kein end. Derowegen hilten ſie vil auf kriges-liſten. Vom betruge aber ſagten ſie: betrug und weiber-anſtrich haben nicht lang beſtand. Was im uͤbrigen von den verbindungen koͤnnte geſaget werden, iſt im rechte der natur enthalten, worauf die Teutſchen lediglich ſahen, und dabei immer auf treu und glauben hilten.
§ 3517
der betrug.
Der betrug iſt entweder grob, oder kuͤnſtlich.
§ 3518
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V haubtſt. von gefaͤhrde und argeliſt.
Fuͤnftes haubtſtuͤck
von gefaͤhrde und argeliſt.
§ 3513
Betrug iſt eine fuͤrſaͤzliche handgreifliche benach-
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aber iſt, wenn man den andern auf eine kuͤnſtliche
weiſe hinters licht fuͤhret.
§ 3514
Dieſes beſchihet entweder durch liſt, den andern
in ſchaden zu ſezen, oder one abſicht zu ſchaden.
Diſes iſt erlaubet, aber das erſte verboten. One
nachteil des andern, um ſeinen eigenen ſchaden zu
behindern, auch ſeinen nuzen zu befoͤrdern, iſt die
liſt erlaubet, Joh. George Kulpis de circum-
uentione in contractibus licita, Halle 1739.
§ 3515
Hirvon war der Teutſche ein großer feind, und
hilte den betruͤger fuͤr keinen ehrlichen man, ſondern
fuͤr einen ſchelmen und ſpizbuben.
§ 3516
Jmmittels machet man einen unterſchid unter
liſt und betrug, oder argeliſt. Davon heißet es:
Maͤnner liſt iſt behend, weiber liſt hat gar kein end.
Derowegen hilten ſie vil auf kriges-liſten. Vom
betruge aber ſagten ſie: betrug und weiber-anſtrich
haben nicht lang beſtand. Was im uͤbrigen von
den verbindungen koͤnnte geſaget werden, iſt im
rechte der natur enthalten, worauf die Teutſchen
lediglich ſahen, und dabei immer auf treu und
glauben hilten.
§ 3517
Der betrug iſt entweder grob, oder kuͤnſtlich.
§ 3518
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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 2. Marburg, 1758, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit02_1758/350>, abgerufen am 22.11.2024.
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