richts-ver- fassung,stellen. Bis gegen das jar 1230 werden die geist- lichen händel entweder durch den erzbischof selbst unterm beistande einiger geistlichen des ersten und zweiten ranges abgetan.
§ 6345
was senne und send- gericht be- deutet?
Daher wurde dergleichen zusammenkunft eine senne genannt, welches eine versammlung überhaubt bedeutet. Jm Lippischen ist senne ein groser strich landes, wo die wilde pferde-zucht ist, und von der versammlung den namen hat. Daher die geistli- che senne, woraus man hernach die aussprache send- gerichte erzwungen hat. War die versammlung wegen peinlicher sachen angestellet; so hise es die blut-senne; woraus man hernach die mund-art cent gedrechselt hat, Wachter im glossario.
§ 6346
was die send- richter be- strafet ha- ben?
Jedoch ich schreite weiter. Die pröpste der Mainzischen collegiat-stifter hatten ire erz-diaconen, welche mit einer senne von geistlichen in iren spren- geln herum ritten, die geistlichen verbrechen unter- sucheten und bestrafeten, als 1) jungfern-schändung, 2) die nicht zum abendmale gingen, 3) welche den zehnten nicht gaben, 4) im kirchen-banne beharre- ten, 5) eheleute, die nicht bei einander lebeten, 6) welche die ehe nicht vollzogen, 7) die nicht-za- lung der kirchen-zinsen, 8) scheltworte auf dem kirch-hofe wider die ältern, 9) fürgeben des ehe- weibes, ir mann sey der vater nicht, 10) falsches zeugnis am geistlichen gerichte, 11) unzimliche bei- wonung zwoer personen, 12) die zinsen von darleh- ne nahmen, 13) beischlaf mit des bruders eheweibe, 14) scheltworte eines ehemannes wider sein schwan- geres weib, 15) ungehorsam gegen den pfarrer,
16) schelt-
LX haubtſtuͤck von den
richts-ver- faſſung,ſtellen. Bis gegen das jar 1230 werden die geiſt- lichen haͤndel entweder durch den erzbiſchof ſelbſt unterm beiſtande einiger geiſtlichen des erſten und zweiten ranges abgetan.
§ 6345
was ſenne und ſend- gericht be- deutet?
Daher wurde dergleichen zuſammenkunft eine ſenne genannt, welches eine verſammlung uͤberhaubt bedeutet. Jm Lippiſchen iſt ſenne ein groſer ſtrich landes, wo die wilde pferde-zucht iſt, und von der verſammlung den namen hat. Daher die geiſtli- che ſenne, woraus man hernach die ausſprache ſend- gerichte erzwungen hat. War die verſammlung wegen peinlicher ſachen angeſtellet; ſo hiſe es die blut-ſenne; woraus man hernach die mund-art cent gedrechſelt hat, Wachter im gloſſario.
§ 6346
was die ſend- richter be- ſtrafet ha- ben?
Jedoch ich ſchreite weiter. Die proͤpſte der Mainziſchen collegiat-ſtifter hatten ire erz-diaconen, welche mit einer ſenne von geiſtlichen in iren ſpren- geln herum ritten, die geiſtlichen verbrechen unter- ſucheten und beſtrafeten, als 1) jungfern-ſchaͤndung, 2) die nicht zum abendmale gingen, 3) welche den zehnten nicht gaben, 4) im kirchen-banne beharre- ten, 5) eheleute, die nicht bei einander lebeten, 6) welche die ehe nicht vollzogen, 7) die nicht-za- lung der kirchen-zinſen, 8) ſcheltworte auf dem kirch-hofe wider die aͤltern, 9) fuͤrgeben des ehe- weibes, ir mann ſey der vater nicht, 10) falſches zeugnis am geiſtlichen gerichte, 11) unzimliche bei- wonung zwoer perſonen, 12) die zinſen von darleh- ne nahmen, 13) beiſchlaf mit des bruders eheweibe, 14) ſcheltworte eines ehemannes wider ſein ſchwan- geres weib, 15) ungehorſam gegen den pfarrer,
16) ſchelt-
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LX haubtſtuͤck von den
ſtellen. Bis gegen das jar 1230 werden die geiſt-
lichen haͤndel entweder durch den erzbiſchof ſelbſt
unterm beiſtande einiger geiſtlichen des erſten und
zweiten ranges abgetan.
richts-ver-
faſſung,
§ 6345
Daher wurde dergleichen zuſammenkunft eine
ſenne genannt, welches eine verſammlung uͤberhaubt
bedeutet. Jm Lippiſchen iſt ſenne ein groſer ſtrich
landes, wo die wilde pferde-zucht iſt, und von der
verſammlung den namen hat. Daher die geiſtli-
che ſenne, woraus man hernach die ausſprache ſend-
gerichte erzwungen hat. War die verſammlung
wegen peinlicher ſachen angeſtellet; ſo hiſe es die
blut-ſenne; woraus man hernach die mund-art cent
gedrechſelt hat, Wachter im gloſſario.
§ 6346
Jedoch ich ſchreite weiter. Die proͤpſte der
Mainziſchen collegiat-ſtifter hatten ire erz-diaconen,
welche mit einer ſenne von geiſtlichen in iren ſpren-
geln herum ritten, die geiſtlichen verbrechen unter-
ſucheten und beſtrafeten, als 1) jungfern-ſchaͤndung,
2) die nicht zum abendmale gingen, 3) welche den
zehnten nicht gaben, 4) im kirchen-banne beharre-
ten, 5) eheleute, die nicht bei einander lebeten,
6) welche die ehe nicht vollzogen, 7) die nicht-za-
lung der kirchen-zinſen, 8) ſcheltworte auf dem
kirch-hofe wider die aͤltern, 9) fuͤrgeben des ehe-
weibes, ir mann ſey der vater nicht, 10) falſches
zeugnis am geiſtlichen gerichte, 11) unzimliche bei-
wonung zwoer perſonen, 12) die zinſen von darleh-
ne nahmen, 13) beiſchlaf mit des bruders eheweibe,
14) ſcheltworte eines ehemannes wider ſein ſchwan-
geres weib, 15) ungehorſam gegen den pfarrer,
16) ſchelt-
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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 2. Marburg, 1758, S. 1022. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit02_1758/1070>, abgerufen am 22.11.2024.
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