Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite
Und befiehlt es froh zur Ruhe.
"Jetzo sind der Jungfrau Thränen
Segensreicher Thau des Himmels,
Der die Blüthe Deines Glückes
Schmerzlich süß küßt aus der Knospe;
Doch wenn Du in falscher Weichheit
Dich von ihnen lässest rühren,
Werden sie zum gift'gen Frühreif
Und verderben jeglich Keimen
Deines mühsam, edlen Säens;
Darum fein geduldig, Herze,
Harre standhaft Deiner Ernte!" --

In der Klause, auf der Bergfirst
Saß beim trüben Flackerscheine
Eines Kienspans, Junker Robert,
Vor sich einen heißen Glühwein,
Den der wack're Knappe Walter
Ueberm off'nen Feuer braute.
Robert putzte an dem Rüstzeug,
An dem breiten Schwert und Helme,
Prüft des Kettenhemdes Ringe,
Ob sie gar der Rost beschleiche,
Und er dehnt die nerv'gen Arme
Und lacht fröhlich: "Hol' der Kuckuck
Solch' ein träges Klausnerspielen!
Glaub', mir wird der Arm erlahmen
Von dem ew'gen Kreuzeschlagen,
Und kriech' ich dereinst als Ritter
Wieder in die schwere Wehre,
Drückt sie wie ein altes Weib mich
Und befiehlt es froh zur Ruhe.
„Jetzo ſind der Jungfrau Thränen
Segensreicher Thau des Himmels,
Der die Blüthe Deines Glückes
Schmerzlich ſüß küßt aus der Knospe;
Doch wenn Du in falſcher Weichheit
Dich von ihnen läſſeſt rühren,
Werden ſie zum gift'gen Frühreif
Und verderben jeglich Keimen
Deines mühſam, edlen Säens;
Darum fein geduldig, Herze,
Harre ſtandhaft Deiner Ernte!“ —

In der Klauſe, auf der Bergfirſt
Saß beim trüben Flackerſcheine
Eines Kienſpans, Junker Robert,
Vor ſich einen heißen Glühwein,
Den der wack're Knappe Walter
Ueberm off'nen Feuer braute.
Robert putzte an dem Rüſtzeug,
An dem breiten Schwert und Helme,
Prüft des Kettenhemdes Ringe,
Ob ſie gar der Roſt beſchleiche,
Und er dehnt die nerv'gen Arme
Und lacht fröhlich: „Hol' der Kuckuck
Solch' ein träges Klausnerſpielen!
Glaub', mir wird der Arm erlahmen
Von dem ew'gen Kreuzeſchlagen,
Und kriech' ich dereinſt als Ritter
Wieder in die ſchwere Wehre,
Drückt ſie wie ein altes Weib mich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0187" n="173"/>
          <lg n="7">
            <l>Und befiehlt es froh zur Ruhe.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Jetzo &#x017F;ind der Jungfrau Thränen</l><lb/>
            <l>Segensreicher Thau des Himmels,</l><lb/>
            <l>Der die Blüthe Deines Glückes</l><lb/>
            <l>Schmerzlich &#x017F;üß küßt aus der Knospe;</l><lb/>
            <l>Doch wenn Du in fal&#x017F;cher Weichheit</l><lb/>
            <l>Dich von ihnen lä&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t rühren,</l><lb/>
            <l>Werden &#x017F;ie zum gift'gen Frühreif</l><lb/>
            <l>Und verderben jeglich Keimen</l><lb/>
            <l>Deines müh&#x017F;am, edlen Säens;</l><lb/>
            <l>Darum fein geduldig, Herze,</l><lb/>
            <l>Harre &#x017F;tandhaft Deiner Ernte!&#x201C; &#x2014;</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <lg type="poem">
          <lg n="1">
            <l>In der Klau&#x017F;e, auf der Bergfir&#x017F;t</l><lb/>
            <l>Saß beim trüben Flacker&#x017F;cheine</l><lb/>
            <l>Eines Kien&#x017F;pans, Junker Robert,</l><lb/>
            <l>Vor &#x017F;ich einen heißen Glühwein,</l><lb/>
            <l>Den der wack're Knappe Walter</l><lb/>
            <l>Ueberm off'nen Feuer braute.</l><lb/>
            <l>Robert putzte an dem Rü&#x017F;tzeug,</l><lb/>
            <l>An dem breiten Schwert und Helme,</l><lb/>
            <l>Prüft des Kettenhemdes Ringe,</l><lb/>
            <l>Ob &#x017F;ie gar der Ro&#x017F;t be&#x017F;chleiche,</l><lb/>
            <l>Und er dehnt die nerv'gen Arme</l><lb/>
            <l>Und lacht fröhlich: &#x201E;Hol' der Kuckuck</l><lb/>
            <l>Solch' ein träges Klausner&#x017F;pielen!</l><lb/>
            <l>Glaub', mir wird der Arm erlahmen</l><lb/>
            <l>Von dem ew'gen Kreuze&#x017F;chlagen,</l><lb/>
            <l>Und kriech' ich derein&#x017F;t als Ritter</l><lb/>
            <l>Wieder in die &#x017F;chwere Wehre,</l><lb/>
            <l>Drückt &#x017F;ie wie ein altes Weib mich</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[173/0187] Und befiehlt es froh zur Ruhe. „Jetzo ſind der Jungfrau Thränen Segensreicher Thau des Himmels, Der die Blüthe Deines Glückes Schmerzlich ſüß küßt aus der Knospe; Doch wenn Du in falſcher Weichheit Dich von ihnen läſſeſt rühren, Werden ſie zum gift'gen Frühreif Und verderben jeglich Keimen Deines mühſam, edlen Säens; Darum fein geduldig, Herze, Harre ſtandhaft Deiner Ernte!“ — In der Klauſe, auf der Bergfirſt Saß beim trüben Flackerſcheine Eines Kienſpans, Junker Robert, Vor ſich einen heißen Glühwein, Den der wack're Knappe Walter Ueberm off'nen Feuer braute. Robert putzte an dem Rüſtzeug, An dem breiten Schwert und Helme, Prüft des Kettenhemdes Ringe, Ob ſie gar der Roſt beſchleiche, Und er dehnt die nerv'gen Arme Und lacht fröhlich: „Hol' der Kuckuck Solch' ein träges Klausnerſpielen! Glaub', mir wird der Arm erlahmen Von dem ew'gen Kreuzeſchlagen, Und kriech' ich dereinſt als Ritter Wieder in die ſchwere Wehre, Drückt ſie wie ein altes Weib mich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/187
Zitationshilfe: Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/187>, abgerufen am 25.11.2024.