Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.Und sie nickte zuversichtlich Mit dem schlanken, klugen Köpfchen, Lächelt schalkhaft, tief in Sinnen, Und sie hebt in stummer Frage Ihren Blick zum klaren Himmel, Wo ein einzeln weißes Wölklein Durch den blauen Aether schwebet, Wo in schnellem Zickzackfluge Schwalbenschwingen silbern blitzen, Und sie denkt an jenes Kräutlein Wohlverleih und seinen Zauber, Der doch ganz gewiß nicht trüget. Nein, sie bangt nicht um das Schicksal Dieser beiden Menschenkinder, Denn auf Regen folgt die Sonne: "Es muß ein Sturmwind sausen Daher in stiller Nacht, Eh' unter weißen Flocken Der junge Keim erwacht. Er muß mit wildem Klingen Aufthau'n den Eisesbann, Eh' Blumenknospen springen, Eh's Frühling werden kann! Er muß die Ketten brechen, Darin die Erde lag, Eh' an die Brust des Lenzes Sie jauchzend sinken mag! Es muß ein Sturmwind wehen Hin durch die Menschenbrust, Eh' ganz sie kann verstehen Der Liebe Leid und Lust!" Und ſie nickte zuverſichtlich Mit dem ſchlanken, klugen Köpfchen, Lächelt ſchalkhaft, tief in Sinnen, Und ſie hebt in ſtummer Frage Ihren Blick zum klaren Himmel, Wo ein einzeln weißes Wölklein Durch den blauen Aether ſchwebet, Wo in ſchnellem Zickzackfluge Schwalbenſchwingen ſilbern blitzen, Und ſie denkt an jenes Kräutlein Wohlverleih und ſeinen Zauber, Der doch ganz gewiß nicht trüget. Nein, ſie bangt nicht um das Schickſal Dieſer beiden Menſchenkinder, Denn auf Regen folgt die Sonne: „Es muß ein Sturmwind ſauſen Daher in ſtiller Nacht, Eh' unter weißen Flocken Der junge Keim erwacht. Er muß mit wildem Klingen Aufthau'n den Eiſesbann, Eh' Blumenknoſpen ſpringen, Eh's Frühling werden kann! Er muß die Ketten brechen, Darin die Erde lag, Eh' an die Bruſt des Lenzes Sie jauchzend ſinken mag! Es muß ein Sturmwind wehen Hin durch die Menſchenbruſt, Eh' ganz ſie kann verſtehen Der Liebe Leid und Luſt!“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0125" n="111"/> <lg n="2"> <l>Und ſie nickte zuverſichtlich</l><lb/> <l>Mit dem ſchlanken, klugen Köpfchen,</l><lb/> <l>Lächelt ſchalkhaft, tief in Sinnen,</l><lb/> <l>Und ſie hebt in ſtummer Frage</l><lb/> <l>Ihren Blick zum klaren Himmel,</l><lb/> <l>Wo ein einzeln weißes Wölklein</l><lb/> <l>Durch den blauen Aether ſchwebet,</l><lb/> <l>Wo in ſchnellem Zickzackfluge</l><lb/> <l>Schwalbenſchwingen ſilbern blitzen,</l><lb/> <l>Und ſie denkt an jenes Kräutlein</l><lb/> <l>Wohlverleih und ſeinen Zauber,</l><lb/> <l>Der doch ganz gewiß nicht trüget.</l><lb/> <l>Nein, ſie bangt nicht um das Schickſal</l><lb/> <l>Dieſer beiden Menſchenkinder,</l><lb/> <l>Denn auf Regen folgt die Sonne:</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l rendition="#et">„Es muß ein Sturmwind ſauſen</l><lb/> <l rendition="#et">Daher in ſtiller Nacht,</l><lb/> <l rendition="#et">Eh' unter weißen Flocken</l><lb/> <l rendition="#et">Der junge Keim erwacht.</l><lb/> <l rendition="#et">Er muß mit wildem Klingen</l><lb/> <l rendition="#et">Aufthau'n den Eiſesbann,</l><lb/> <l rendition="#et">Eh' Blumenknoſpen ſpringen,</l><lb/> <l rendition="#et">Eh's Frühling werden kann!</l><lb/> <l rendition="#et">Er muß die Ketten brechen,</l><lb/> <l rendition="#et">Darin die Erde lag,</l><lb/> <l rendition="#et">Eh' an die Bruſt des Lenzes</l><lb/> <l rendition="#et">Sie jauchzend ſinken mag!</l><lb/> <l rendition="#et">Es muß ein Sturmwind wehen</l><lb/> <l rendition="#et">Hin durch die Menſchenbruſt,</l><lb/> <l rendition="#et">Eh' ganz ſie kann verſtehen</l><lb/> <l rendition="#et">Der Liebe Leid und Luſt!“</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [111/0125]
Und ſie nickte zuverſichtlich
Mit dem ſchlanken, klugen Köpfchen,
Lächelt ſchalkhaft, tief in Sinnen,
Und ſie hebt in ſtummer Frage
Ihren Blick zum klaren Himmel,
Wo ein einzeln weißes Wölklein
Durch den blauen Aether ſchwebet,
Wo in ſchnellem Zickzackfluge
Schwalbenſchwingen ſilbern blitzen,
Und ſie denkt an jenes Kräutlein
Wohlverleih und ſeinen Zauber,
Der doch ganz gewiß nicht trüget.
Nein, ſie bangt nicht um das Schickſal
Dieſer beiden Menſchenkinder,
Denn auf Regen folgt die Sonne:
„Es muß ein Sturmwind ſauſen
Daher in ſtiller Nacht,
Eh' unter weißen Flocken
Der junge Keim erwacht.
Er muß mit wildem Klingen
Aufthau'n den Eiſesbann,
Eh' Blumenknoſpen ſpringen,
Eh's Frühling werden kann!
Er muß die Ketten brechen,
Darin die Erde lag,
Eh' an die Bruſt des Lenzes
Sie jauchzend ſinken mag!
Es muß ein Sturmwind wehen
Hin durch die Menſchenbruſt,
Eh' ganz ſie kann verſtehen
Der Liebe Leid und Luſt!“
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