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Ernst, Ferdinand: Bemerkungen auf einer Reise durch das Innere der vereinigten Staaten von Nord-Amerika im Jahre 1819. Hildesheim, 1820.

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In dem kleinen Städtchen Salem logirte
ich zum erstenmale bei einem Quäker. Es sind
dieß gute Leute, welche viel Moral zu haben
scheinen. Geistige Getränke trinken sie nicht nur
nicht, sondern führen sie auch nicht in ihren Häu-
sern; daher sie auch, wenn sie Wirthe sind, sich
nicht der Schilder bedienen, sondern bloß über
der Hausthüre die Aufschrift führen: Entrete-
ment.
-- Mein Mantelsack, worin ziemlich viel
Geld sich befand, wurde unachtsam auf die Haus-
flur hingeworfen. Auf meine Erinnerung dage-
gen sagte man mir: ich möge nur ohne Sorgen
seyn, er befände sich da ganz sicher. Ich fand
dieß unbegreiflich, indem ich bemerkte, daß im
ganzen Hause noch keine einzige Thüre war;
aber dennoch war meine Sorge unnöthig; denn
am andern Morgen fand ich Alles unversehrt. Ei-
nem Europäer muß es unbegreiflich vorkommen,
daß hier noch nicht einmal ein Argwohn wegen
Stehlens Statt findet; auf meiner ganzen Reise
ist mir -- ich möchte sagen bei der großen Sorg-
losigkeit -- auch nicht für einen Cent, *) entwen-
det worden.

*) Der Dollar hat 100 Cents.

In dem kleinen Staͤdtchen Salem logirte
ich zum erſtenmale bei einem Quaͤker. Es ſind
dieß gute Leute, welche viel Moral zu haben
ſcheinen. Geiſtige Getraͤnke trinken ſie nicht nur
nicht, ſondern fuͤhren ſie auch nicht in ihren Haͤu-
ſern; daher ſie auch, wenn ſie Wirthe ſind, ſich
nicht der Schilder bedienen, ſondern bloß uͤber
der Hausthuͤre die Aufſchrift fuͤhren: Entrete-
ment.
— Mein Mantelſack, worin ziemlich viel
Geld ſich befand, wurde unachtſam auf die Haus-
flur hingeworfen. Auf meine Erinnerung dage-
gen ſagte man mir: ich moͤge nur ohne Sorgen
ſeyn, er befaͤnde ſich da ganz ſicher. Ich fand
dieß unbegreiflich, indem ich bemerkte, daß im
ganzen Hauſe noch keine einzige Thuͤre war;
aber dennoch war meine Sorge unnoͤthig; denn
am andern Morgen fand ich Alles unverſehrt. Ei-
nem Europaͤer muß es unbegreiflich vorkommen,
daß hier noch nicht einmal ein Argwohn wegen
Stehlens Statt findet; auf meiner ganzen Reiſe
iſt mir — ich moͤchte ſagen bei der großen Sorg-
loſigkeit — auch nicht fuͤr einen Cent, *) entwen-
det worden.

*) Der Dollar hat 100 Cents.
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[37/0051] In dem kleinen Staͤdtchen Salem logirte ich zum erſtenmale bei einem Quaͤker. Es ſind dieß gute Leute, welche viel Moral zu haben ſcheinen. Geiſtige Getraͤnke trinken ſie nicht nur nicht, ſondern fuͤhren ſie auch nicht in ihren Haͤu- ſern; daher ſie auch, wenn ſie Wirthe ſind, ſich nicht der Schilder bedienen, ſondern bloß uͤber der Hausthuͤre die Aufſchrift fuͤhren: Entrete- ment. — Mein Mantelſack, worin ziemlich viel Geld ſich befand, wurde unachtſam auf die Haus- flur hingeworfen. Auf meine Erinnerung dage- gen ſagte man mir: ich moͤge nur ohne Sorgen ſeyn, er befaͤnde ſich da ganz ſicher. Ich fand dieß unbegreiflich, indem ich bemerkte, daß im ganzen Hauſe noch keine einzige Thuͤre war; aber dennoch war meine Sorge unnoͤthig; denn am andern Morgen fand ich Alles unverſehrt. Ei- nem Europaͤer muß es unbegreiflich vorkommen, daß hier noch nicht einmal ein Argwohn wegen Stehlens Statt findet; auf meiner ganzen Reiſe iſt mir — ich moͤchte ſagen bei der großen Sorg- loſigkeit — auch nicht fuͤr einen Cent, *) entwen- det worden. *) Der Dollar hat 100 Cents.

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Zitationshilfe: Ernst, Ferdinand: Bemerkungen auf einer Reise durch das Innere der vereinigten Staaten von Nord-Amerika im Jahre 1819. Hildesheim, 1820, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ernst_nordamerika_1820/51>, abgerufen am 24.11.2024.