Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Engel, Johann Jakob: Engel's Theorie der Dichtungsarten. In: J. J. Engels Schriften. Elfter Band: Poetik. Berlin, 1806.

Bild:
<< vorherige Seite

pen_484.001
in dem scheinbar freien Laufe der Phantasie pen_484.002
eine bestimmte Absicht heimlich erreicht pen_484.003
wird, beruht hauptsächlich das Verdienst pen_484.004
der Neuheit und Eigenheit einer pen_484.005
Ode. - Es wäre vielleicht ein schönes, pen_484.006
empfindungvolles, aber doch im Ganzen pen_484.007
immer nur gemeines Stück geworden, pen_484.008
wenn Horaz den nach Griechenland reisenden pen_484.009
Virgil bloß mit seinen guten pen_484.010
Wünschen und einem feurigen Gebet an pen_484.011
die Götter hätte begleiten wollen. Virgil pen_484.012
würde seinen Freund Horaz allerdings darin pen_484.013
erkannt haben; aber wie vial mehr pen_484.014
muß er ihn noch in der Betrachtung erkennen, pen_484.015
die der Dichter, sogleich nach der pen_484.016
ersten Anrede an das Schiff, in einem so pen_484.017
bittern aufgebrachten Tone über die Verwegenheit pen_484.018
des ersten Erfinders der Schifffahrt, pen_484.019
und überhaupt des ganzen menschlichen pen_484.020
Geschlechts, anstellt. So sehr dieses

pen_484.001
in dem scheinbar freien Laufe der Phantasie pen_484.002
eine bestimmte Absicht heimlich erreicht pen_484.003
wird, beruht hauptsächlich das Verdienst pen_484.004
der Neuheit und Eigenheit einer pen_484.005
Ode. – Es wäre vielleicht ein schönes, pen_484.006
empfindungvolles, aber doch im Ganzen pen_484.007
immer nur gemeines Stück geworden, pen_484.008
wenn Horaz den nach Griechenland reisenden pen_484.009
Virgil bloß mit seinen guten pen_484.010
Wünschen und einem feurigen Gebet an pen_484.011
die Götter hätte begleiten wollen. Virgil pen_484.012
würde seinen Freund Horaz allerdings darin pen_484.013
erkannt haben; aber wie vial mehr pen_484.014
muß er ihn noch in der Betrachtung erkennen, pen_484.015
die der Dichter, sogleich nach der pen_484.016
ersten Anrede an das Schiff, in einem so pen_484.017
bittern aufgebrachten Tone über die Verwegenheit pen_484.018
des ersten Erfinders der Schifffahrt, pen_484.019
und überhaupt des ganzen menschlichen pen_484.020
Geschlechts, anstellt. So sehr dieses

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0527" n="484"/><lb n="pen_484.001"/>
in dem scheinbar freien Laufe der Phantasie <lb n="pen_484.002"/>
eine bestimmte Absicht heimlich erreicht <lb n="pen_484.003"/>
wird, beruht hauptsächlich das Verdienst <lb n="pen_484.004"/>
der Neuheit und Eigenheit einer <lb n="pen_484.005"/>
Ode. &#x2013; Es wäre vielleicht ein schönes, <lb n="pen_484.006"/>
empfindungvolles, aber doch im Ganzen <lb n="pen_484.007"/>
immer nur gemeines Stück geworden, <lb n="pen_484.008"/>
wenn <hi rendition="#i">Horaz</hi> den nach Griechenland reisenden <lb n="pen_484.009"/> <hi rendition="#i">Virgil</hi> bloß mit seinen guten <lb n="pen_484.010"/>
Wünschen und einem feurigen Gebet an <lb n="pen_484.011"/>
die Götter hätte begleiten wollen. Virgil <lb n="pen_484.012"/>
würde seinen Freund Horaz allerdings darin <lb n="pen_484.013"/>
erkannt haben; aber wie vial mehr <lb n="pen_484.014"/>
muß er ihn noch in der Betrachtung erkennen, <lb n="pen_484.015"/>
die der Dichter, sogleich nach der <lb n="pen_484.016"/>
ersten Anrede an das Schiff, in einem so <lb n="pen_484.017"/>
bittern aufgebrachten Tone über die Verwegenheit <lb n="pen_484.018"/>
des ersten Erfinders der Schifffahrt, <lb n="pen_484.019"/>
und überhaupt des ganzen menschlichen <lb n="pen_484.020"/>
Geschlechts, anstellt. So sehr dieses
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[484/0527] pen_484.001 in dem scheinbar freien Laufe der Phantasie pen_484.002 eine bestimmte Absicht heimlich erreicht pen_484.003 wird, beruht hauptsächlich das Verdienst pen_484.004 der Neuheit und Eigenheit einer pen_484.005 Ode. – Es wäre vielleicht ein schönes, pen_484.006 empfindungvolles, aber doch im Ganzen pen_484.007 immer nur gemeines Stück geworden, pen_484.008 wenn Horaz den nach Griechenland reisenden pen_484.009 Virgil bloß mit seinen guten pen_484.010 Wünschen und einem feurigen Gebet an pen_484.011 die Götter hätte begleiten wollen. Virgil pen_484.012 würde seinen Freund Horaz allerdings darin pen_484.013 erkannt haben; aber wie vial mehr pen_484.014 muß er ihn noch in der Betrachtung erkennen, pen_484.015 die der Dichter, sogleich nach der pen_484.016 ersten Anrede an das Schiff, in einem so pen_484.017 bittern aufgebrachten Tone über die Verwegenheit pen_484.018 des ersten Erfinders der Schifffahrt, pen_484.019 und überhaupt des ganzen menschlichen pen_484.020 Geschlechts, anstellt. So sehr dieses

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/engel_poetik_1806
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/engel_poetik_1806/527
Zitationshilfe: Engel, Johann Jakob: Engel's Theorie der Dichtungsarten. In: J. J. Engels Schriften. Elfter Band: Poetik. Berlin, 1806, S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/engel_poetik_1806/527>, abgerufen am 18.05.2024.