Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

hen sie das grosse Schloß bestehend in vier Häu-
sern, in welchen waren 74. Stuben, 103. Kam-
mern, 5. grosse und 7. kleine Vor-Saäle, inglei-
chen die schöne grosse Linde, die mit einem eiche-
nen Roste unterbauet und von 70. Steinernen
und 10. Höltzernen Pfeilern unterstützet war.
Von dar reiseten sie vollend biß Oedern, allda
sie ihr Nacht-Lager auffschlugen, des dritten Ta-
ges umb 9. Uhr Vormittags kamen sie in Frey-
berg an, und kehrten daselbst in schwartzen Roß
ein, wurden auch von dem Wirth als einen höf-
lichen und hurtigen Manne wohl accommo-
dir
t. Es war zu der Zeit in Freyberg gleich
Jahrmarckt, da hatte sich unter andern Marckt-
Vaganten auch ein Scharffrichter eingefunden,
welcher ausstunde: und damit jedermann was
seine Profession wäre, ersehen kunte, hängte er
mitten auff den Theatro an die Linie sein Richt-
Schwerdt. Dieser hatte eine gute Salbe in
Reissen derer Glieder und Juncturen, in Wun-
den und alten Schäden zu gebrauchen, zu ver-
kauffen; er gab vor, er hätte sich ausgerichtet,
und dieweil er denen Krancken in vielerley Zu-
fällen beyräthig seyn könte, hätte er die Mühe
auff sich nehmen, und ihnen zu Liebe auch hieher
kommen, und seine Sachen und Wissenschaff-
ten in ihren Gebrechen umb einen billigen Preiß
mitth eilen wollen. Wie der Wirth nach Hause

kam,

hen ſie das groſſe Schloß beſtehend in vier Haͤu-
ſern, in welchen waren 74. Stuben, 103. Kam-
mern, 5. groſſe und 7. kleine Vor-Saaͤle, inglei-
chen die ſchoͤne groſſe Linde, die mit einem eiche-
nen Roſte unterbauet und von 70. Steinernen
und 10. Hoͤltzernen Pfeilern unterſtuͤtzet war.
Von dar reiſeten ſie vollend biß Oedern, allda
ſie ihr Nacht-Lager auffſchlugen, des dritten Ta-
ges umb 9. Uhr Vormittags kamen ſie in Frey-
berg an, und kehrten daſelbſt in ſchwartzen Roß
ein, wurden auch von dem Wirth als einen hoͤf-
lichen und hurtigen Manne wohl accommo-
dir
t. Es war zu der Zeit in Freyberg gleich
Jahrmarckt, da hatte ſich unter andeꝛn Maꝛckt-
Vaganten auch ein Scharffrichteꝛ eingefunden,
welcher ausſtunde: und damit jedermann was
ſeine Profesſion waͤre, erſehen kunte, haͤngte er
mitten auff den Theatro an die Linie ſein Richt-
Schwerdt. Dieſer hatte eine gute Salbe in
Reiſſen derer Glieder und Juncturen, in Wun-
den und alten Schaͤden zu gebrauchen, zu ver-
kauffen; er gab vor, er haͤtte ſich ausgerichtet,
und dieweil er denen Krancken in vielerley Zu-
faͤllen beyraͤthig ſeyn koͤnte, haͤtte er die Muͤhe
auff ſich nehmen, und ihnen zu Liebe auch hieher
kommen, und ſeine Sachen und Wiſſenſchaff-
ten in ihren Gebrechen umb einen billigen Preiß
mitth eilen wollen. Wie der Wirth nach Hauſe

kam,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0968" n="952"/>
hen &#x017F;ie das gro&#x017F;&#x017F;e Schloß be&#x017F;tehend in vier Ha&#x0364;u-<lb/>
&#x017F;ern, in welchen waren 74. Stuben, 103. Kam-<lb/>
mern, 5. gro&#x017F;&#x017F;e und 7. kleine Vor-Saa&#x0364;le, inglei-<lb/>
chen die &#x017F;cho&#x0364;ne gro&#x017F;&#x017F;e Linde, die mit einem eiche-<lb/>
nen Ro&#x017F;te unterbauet und von 70. Steinernen<lb/>
und 10. Ho&#x0364;ltzernen Pfeilern unter&#x017F;tu&#x0364;tzet war.<lb/>
Von dar rei&#x017F;eten &#x017F;ie vollend biß Oedern, allda<lb/>
&#x017F;ie ihr Nacht-Lager auff&#x017F;chlugen, des dritten Ta-<lb/>
ges umb 9. Uhr Vormittags kamen &#x017F;ie in Frey-<lb/>
berg an, und kehrten da&#x017F;elb&#x017F;t in &#x017F;chwartzen Roß<lb/>
ein, wurden auch von dem Wirth als einen ho&#x0364;f-<lb/>
lichen und hurtigen Manne wohl <hi rendition="#aq">accommo-<lb/>
dir</hi>t. Es war zu der Zeit in Freyberg gleich<lb/>
Jahrmarckt, da hatte &#x017F;ich unter ande&#xA75B;n Ma&#xA75B;ckt-<lb/><hi rendition="#aq">Vagant</hi>en auch ein Scharffrichte&#xA75B; eingefunden,<lb/>
welcher aus&#x017F;tunde: und damit jedermann was<lb/>
&#x017F;eine <hi rendition="#aq">Profes&#x017F;ion</hi> wa&#x0364;re, er&#x017F;ehen kunte, ha&#x0364;ngte er<lb/>
mitten auff den <hi rendition="#aq">Theatro</hi> an die Linie &#x017F;ein Richt-<lb/>
Schwerdt. Die&#x017F;er hatte eine gute Salbe in<lb/>
Rei&#x017F;&#x017F;en derer Glieder und <hi rendition="#aq">Junctur</hi>en, in Wun-<lb/>
den und alten Scha&#x0364;den zu gebrauchen, zu ver-<lb/>
kauffen; er gab vor, er ha&#x0364;tte &#x017F;ich ausgerichtet,<lb/>
und dieweil er denen Krancken in vielerley Zu-<lb/>
fa&#x0364;llen beyra&#x0364;thig &#x017F;eyn ko&#x0364;nte, ha&#x0364;tte er die Mu&#x0364;he<lb/>
auff &#x017F;ich nehmen, und ihnen zu Liebe auch hieher<lb/>
kommen, und &#x017F;eine Sachen und Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaff-<lb/>
ten in ihren Gebrechen umb einen billigen Preiß<lb/>
mitth eilen wollen. Wie der Wirth nach Hau&#x017F;e<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">kam,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[952/0968] hen ſie das groſſe Schloß beſtehend in vier Haͤu- ſern, in welchen waren 74. Stuben, 103. Kam- mern, 5. groſſe und 7. kleine Vor-Saaͤle, inglei- chen die ſchoͤne groſſe Linde, die mit einem eiche- nen Roſte unterbauet und von 70. Steinernen und 10. Hoͤltzernen Pfeilern unterſtuͤtzet war. Von dar reiſeten ſie vollend biß Oedern, allda ſie ihr Nacht-Lager auffſchlugen, des dritten Ta- ges umb 9. Uhr Vormittags kamen ſie in Frey- berg an, und kehrten daſelbſt in ſchwartzen Roß ein, wurden auch von dem Wirth als einen hoͤf- lichen und hurtigen Manne wohl accommo- dirt. Es war zu der Zeit in Freyberg gleich Jahrmarckt, da hatte ſich unter andeꝛn Maꝛckt- Vaganten auch ein Scharffrichteꝛ eingefunden, welcher ausſtunde: und damit jedermann was ſeine Profesſion waͤre, erſehen kunte, haͤngte er mitten auff den Theatro an die Linie ſein Richt- Schwerdt. Dieſer hatte eine gute Salbe in Reiſſen derer Glieder und Juncturen, in Wun- den und alten Schaͤden zu gebrauchen, zu ver- kauffen; er gab vor, er haͤtte ſich ausgerichtet, und dieweil er denen Krancken in vielerley Zu- faͤllen beyraͤthig ſeyn koͤnte, haͤtte er die Muͤhe auff ſich nehmen, und ihnen zu Liebe auch hieher kommen, und ſeine Sachen und Wiſſenſchaff- ten in ihren Gebrechen umb einen billigen Preiß mitth eilen wollen. Wie der Wirth nach Hauſe kam,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/968
Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 952. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/968>, abgerufen am 12.10.2024.