Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

die einmahl einem solchen Kinde beyräthig
seyn könten. Gotthart sagte: Herr Vater,
wir Christen solten in einen so heiligen Wer-
cke kein Auslesen machen, sondern alle einan-
der gleich seyn. Es ist wohl wahr mein Herr
Sohn replicirte Eckarth, wann es nur aus
guter Affection und Liebe wie hier bey unsern
Wirthe, geschicht. Allein wo man das Utile
und Jucundum diesem heiligen Wercke mit
einmischet, ist es gleich wie bey denen Juden,
die ihre Wechsel-Tische in den Tempel setzten,
und also aus der Kirche ein Kauff-Hauß
machten. Des andern Tages wurde das
Kind zur heiligen Tauffe getragen, und
Eckarth stund mit zwey andern Personen zu
Gevattern, nach vollbrachten Tauff-Actus,
ward ein groß Gast-Geboth gehalten: Eckarth
aber wolte sich vom Wirth mit beywesend zu
seyn keinesweges erbitten lassen, sagende:
Man lasse den Frauens-Volck ihre Lust, ich
würde unter ihnen gleich einer Eulen unter
denen Vögeln seyn, und zu denen jungen
Herren sprach er: Sehet lieben Herren Söh-
ne, welche eine üble Gewohnheit ist bey man-
chen Völckern, daß, da sie GOtt den HErrn
vor die hohe Gnade, welche ihren Kindern in
der heiligen Tauffe wiederfahren, dancken sol-
len, und der abgematteten Sechswöchnerinn

und

die einmahl einem ſolchen Kinde beyraͤthig
ſeyn koͤnten. Gotthart ſagte: Herr Vater,
wir Chriſten ſolten in einen ſo heiligen Wer-
cke kein Ausleſen machen, ſondern alle einan-
der gleich ſeyn. Es iſt wohl wahr mein Herr
Sohn replicirte Eckarth, wann es nur aus
guter Affection und Liebe wie hier bey unſern
Wirthe, geſchicht. Allein wo man das Utile
und Jucundum dieſem heiligen Wercke mit
einmiſchet, iſt es gleich wie bey denen Juden,
die ihre Wechſel-Tiſche in den Tempel ſetzten,
und alſo aus der Kirche ein Kauff-Hauß
machten. Des andern Tages wurde das
Kind zur heiligen Tauffe getragen, und
Eckarth ſtund mit zwey andern Perſonen zu
Gevattern, nach vollbrachten Tauff-Actus,
ward ein groß Gaſt-Geboth gehalten: Eckarth
aber wolte ſich vom Wirth mit beyweſend zu
ſeyn keinesweges erbitten laſſen, ſagende:
Man laſſe den Frauens-Volck ihre Luſt, ich
wuͤrde unter ihnen gleich einer Eulen unter
denen Voͤgeln ſeyn, und zu denen jungen
Herren ſprach er: Sehet lieben Herren Soͤh-
ne, welche eine uͤble Gewohnheit iſt bey man-
chen Voͤlckern, daß, da ſie GOtt den HErrn
vor die hohe Gnade, welche ihren Kindern in
der heiligen Tauffe wiederfahren, dancken ſol-
len, und der abgematteten Sechswoͤchnerinn

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0372" n="356"/>
die einmahl einem &#x017F;olchen Kinde beyra&#x0364;thig<lb/>
&#x017F;eyn ko&#x0364;nten. Gotthart &#x017F;agte: Herr Vater,<lb/>
wir Chri&#x017F;ten &#x017F;olten in einen &#x017F;o heiligen Wer-<lb/>
cke kein Ausle&#x017F;en machen, &#x017F;ondern alle einan-<lb/>
der gleich &#x017F;eyn. Es i&#x017F;t wohl wahr mein Herr<lb/>
Sohn <hi rendition="#aq">replici</hi>rte Eckarth, wann es nur aus<lb/>
guter <hi rendition="#aq">Affection</hi> und Liebe wie hier bey un&#x017F;ern<lb/>
Wirthe, ge&#x017F;chicht. Allein wo man das <hi rendition="#aq">Utile</hi><lb/>
und <hi rendition="#aq">Jucundum</hi> die&#x017F;em heiligen Wercke mit<lb/>
einmi&#x017F;chet, i&#x017F;t es gleich wie bey denen Juden,<lb/>
die ihre Wech&#x017F;el-Ti&#x017F;che in den Tempel &#x017F;etzten,<lb/>
und al&#x017F;o aus der Kirche ein Kauff-Hauß<lb/>
machten. Des andern Tages wurde das<lb/>
Kind zur heiligen Tauffe getragen, und<lb/>
Eckarth &#x017F;tund mit zwey andern Per&#x017F;onen zu<lb/>
Gevattern, nach vollbrachten Tauff-<hi rendition="#aq">Actus,</hi><lb/>
ward ein groß Ga&#x017F;t-Geboth gehalten: Eckarth<lb/>
aber wolte &#x017F;ich vom Wirth mit beywe&#x017F;end zu<lb/>
&#x017F;eyn keinesweges erbitten la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;agende:<lb/>
Man la&#x017F;&#x017F;e den Frauens-Volck ihre Lu&#x017F;t, ich<lb/>
wu&#x0364;rde unter ihnen gleich einer Eulen unter<lb/>
denen Vo&#x0364;geln &#x017F;eyn, und zu denen jungen<lb/>
Herren &#x017F;prach er: Sehet lieben Herren So&#x0364;h-<lb/>
ne, welche eine u&#x0364;ble Gewohnheit i&#x017F;t bey man-<lb/>
chen Vo&#x0364;lckern, daß, da &#x017F;ie GOtt den HErrn<lb/>
vor die hohe Gnade, welche ihren Kindern in<lb/>
der heiligen Tauffe wiederfahren, dancken &#x017F;ol-<lb/>
len, und der abgematteten Sechswo&#x0364;chnerinn<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[356/0372] die einmahl einem ſolchen Kinde beyraͤthig ſeyn koͤnten. Gotthart ſagte: Herr Vater, wir Chriſten ſolten in einen ſo heiligen Wer- cke kein Ausleſen machen, ſondern alle einan- der gleich ſeyn. Es iſt wohl wahr mein Herr Sohn replicirte Eckarth, wann es nur aus guter Affection und Liebe wie hier bey unſern Wirthe, geſchicht. Allein wo man das Utile und Jucundum dieſem heiligen Wercke mit einmiſchet, iſt es gleich wie bey denen Juden, die ihre Wechſel-Tiſche in den Tempel ſetzten, und alſo aus der Kirche ein Kauff-Hauß machten. Des andern Tages wurde das Kind zur heiligen Tauffe getragen, und Eckarth ſtund mit zwey andern Perſonen zu Gevattern, nach vollbrachten Tauff-Actus, ward ein groß Gaſt-Geboth gehalten: Eckarth aber wolte ſich vom Wirth mit beyweſend zu ſeyn keinesweges erbitten laſſen, ſagende: Man laſſe den Frauens-Volck ihre Luſt, ich wuͤrde unter ihnen gleich einer Eulen unter denen Voͤgeln ſeyn, und zu denen jungen Herren ſprach er: Sehet lieben Herren Soͤh- ne, welche eine uͤble Gewohnheit iſt bey man- chen Voͤlckern, daß, da ſie GOtt den HErrn vor die hohe Gnade, welche ihren Kindern in der heiligen Tauffe wiederfahren, dancken ſol- len, und der abgematteten Sechswoͤchnerinn und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/372
Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/372>, abgerufen am 19.05.2024.