Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

ich kan nicht alles bey mir führen, ich habe viel
Volcks, solche zu erhalten muß ich grosse Spe-
sen
machen, und umbsonst borgen mir die
Materialisten nicht, oder sie wären jetzt nicht
bey dergleichen Mitteln daß sie das Geld aus-
legen könten. Hernach wann sie die Patien-
ten angenommen haben, geben sie ihnen ge-
färbte Pulver von Terra Sigillata Bolus, oder
Kreide, oder mischen ein angemachtes Wasser
mit Brunnen-Wasser, thun ein wenig Hol-
lunder-Safft darunter, erkundigen sich un-
terdessen bey dem Gesinde im Hause, durch
alte Weiber, die sie hierzu brauchen, wie sich
der Krancke verhalte, und lassen weiter von der
alten Vettel den Patienten zu gebrauchen et-
was vorschlagen, diese, wann sie nun von ih-
ren Ausgeschickten alles vernommen haben,
machen sie es ihnen zu Nutze, und geben bey
Verlängerung der Cur, sonderlich bey dem
Urin-Besehen, bald diß bald das vor. Hier-
mit bekommen die Leuthe der erkaufften Wis-
senschafft halben ein Vertrauen zu dem Artzt,
daß dieser so dann die andere Helffte auch her-
aus locket, und solches thut er bey vielen, zie-
het sie so lange bey der Nase herumb, bis er
vorgiebt; die Patienten sollen sich gedulten,
sie müsten nur zu dem und dem von Adel, des-
sen Nahmen sie nennen, oder in dieses oder je-

nes

ich kan nicht alles bey mir fuͤhren, ich habe viel
Volcks, ſolche zu erhalten muß ich groſſe Spe-
ſen
machen, und umbſonſt borgen mir die
Materialiſten nicht, oder ſie waͤren jetzt nicht
bey dergleichen Mitteln daß ſie das Geld aus-
legen koͤnten. Hernach wann ſie die Patien-
ten angenommen haben, geben ſie ihnen ge-
faͤrbte Pulver von Terra Sigillata Bolus, oder
Kreide, oder miſchen ein angemachtes Waſſer
mit Brunnen-Waſſer, thun ein wenig Hol-
lunder-Safft darunter, erkundigen ſich un-
terdeſſen bey dem Geſinde im Hauſe, durch
alte Weiber, die ſie hierzu brauchen, wie ſich
der Krancke verhalte, und laſſen weiter von der
alten Vettel den Patienten zu gebrauchen et-
was vorſchlagen, dieſe, wann ſie nun von ih-
ren Ausgeſchickten alles vernommen haben,
machen ſie es ihnen zu Nutze, und geben bey
Verlaͤngerung der Cur, ſonderlich bey dem
Urin-Beſehen, bald diß bald das vor. Hier-
mit bekommen die Leuthe der erkaufften Wiſ-
ſenſchafft halben ein Vertrauen zu dem Artzt,
daß dieſer ſo dann die andere Helffte auch her-
aus locket, und ſolches thut er bey vielen, zie-
het ſie ſo lange bey der Naſe herumb, bis er
vorgiebt; die Patienten ſollen ſich gedulten,
ſie muͤſten nur zu dem und dem von Adel, deſ-
ſen Nahmen ſie nennen, oder in dieſes oder je-

nes
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0244" n="228"/>
ich kan nicht alles bey mir fu&#x0364;hren, ich habe viel<lb/>
Volcks, &#x017F;olche zu erhalten muß ich gro&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#aq">Spe-<lb/>
&#x017F;en</hi> machen, und umb&#x017F;on&#x017F;t borgen mir die<lb/><hi rendition="#aq">Materiali&#x017F;t</hi>en nicht, oder &#x017F;ie wa&#x0364;ren jetzt nicht<lb/>
bey dergleichen Mitteln daß &#x017F;ie das Geld aus-<lb/>
legen ko&#x0364;nten. Hernach wann &#x017F;ie die Patien-<lb/>
ten angenommen haben, geben &#x017F;ie ihnen ge-<lb/>
fa&#x0364;rbte Pulver von <hi rendition="#aq">Terra Sigillata Bolus,</hi> oder<lb/>
Kreide, oder mi&#x017F;chen ein angemachtes Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
mit Brunnen-Wa&#x017F;&#x017F;er, thun ein wenig Hol-<lb/>
lunder-Safft darunter, erkundigen &#x017F;ich un-<lb/>
terde&#x017F;&#x017F;en bey dem Ge&#x017F;inde im Hau&#x017F;e, durch<lb/>
alte Weiber, die &#x017F;ie hierzu brauchen, wie &#x017F;ich<lb/>
der Krancke verhalte, und la&#x017F;&#x017F;en weiter von der<lb/>
alten Vettel den Patienten zu gebrauchen et-<lb/>
was vor&#x017F;chlagen, die&#x017F;e, wann &#x017F;ie nun von ih-<lb/>
ren Ausge&#x017F;chickten alles vernommen haben,<lb/>
machen &#x017F;ie es ihnen zu Nutze, und geben bey<lb/>
Verla&#x0364;ngerung der <hi rendition="#aq">Cur,</hi> &#x017F;onderlich bey dem<lb/><hi rendition="#aq">Urin-</hi>Be&#x017F;ehen, bald diß bald das vor. Hier-<lb/>
mit bekommen die Leuthe der erkaufften Wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en&#x017F;chafft halben ein Vertrauen zu dem Artzt,<lb/>
daß die&#x017F;er &#x017F;o dann die andere Helffte auch her-<lb/>
aus locket, und &#x017F;olches thut er bey vielen, zie-<lb/>
het &#x017F;ie &#x017F;o lange bey der Na&#x017F;e herumb, bis er<lb/>
vorgiebt; die Patienten &#x017F;ollen &#x017F;ich gedulten,<lb/>
&#x017F;ie mu&#x0364;&#x017F;ten nur zu dem und dem von Adel, de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Nahmen &#x017F;ie nennen, oder in die&#x017F;es oder je-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nes</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[228/0244] ich kan nicht alles bey mir fuͤhren, ich habe viel Volcks, ſolche zu erhalten muß ich groſſe Spe- ſen machen, und umbſonſt borgen mir die Materialiſten nicht, oder ſie waͤren jetzt nicht bey dergleichen Mitteln daß ſie das Geld aus- legen koͤnten. Hernach wann ſie die Patien- ten angenommen haben, geben ſie ihnen ge- faͤrbte Pulver von Terra Sigillata Bolus, oder Kreide, oder miſchen ein angemachtes Waſſer mit Brunnen-Waſſer, thun ein wenig Hol- lunder-Safft darunter, erkundigen ſich un- terdeſſen bey dem Geſinde im Hauſe, durch alte Weiber, die ſie hierzu brauchen, wie ſich der Krancke verhalte, und laſſen weiter von der alten Vettel den Patienten zu gebrauchen et- was vorſchlagen, dieſe, wann ſie nun von ih- ren Ausgeſchickten alles vernommen haben, machen ſie es ihnen zu Nutze, und geben bey Verlaͤngerung der Cur, ſonderlich bey dem Urin-Beſehen, bald diß bald das vor. Hier- mit bekommen die Leuthe der erkaufften Wiſ- ſenſchafft halben ein Vertrauen zu dem Artzt, daß dieſer ſo dann die andere Helffte auch her- aus locket, und ſolches thut er bey vielen, zie- het ſie ſo lange bey der Naſe herumb, bis er vorgiebt; die Patienten ſollen ſich gedulten, ſie muͤſten nur zu dem und dem von Adel, deſ- ſen Nahmen ſie nennen, oder in dieſes oder je- nes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/244
Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/244>, abgerufen am 22.11.2024.