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Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

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Stuben-Sitzerin offtermahls ungehindert pra-
cticir
en läßt/ da diese doch nicht ein Kleid/ son-
dern den Menschlichen Leib/ ein schönes Mei-
ster-Stück GOttes/ verpfuschen/ und ins Ver-
derben bringen.

Alexander der Grosse/ hielte eine so scharffe
Kriegs-Ordnung/ daß er auch einen von seinen
Soldaten/ der wider den Königlichen Befehl
einen Hirschen erschossen/ alsobald hat lassen
umbs Leben bringen. Wie mancher Mußque-
tier ebenfalls im Kriege hat sein Leben am Strick
enden müssen der etwan wider des Generals Ge-
both kaum eine Henne oder Ganß erschlagen/
oder sonst was geringes entfrembdet; und was
wolte ein Hirsch/ Henne oder Ganß gegen einem
Menschen seyn/ der ein Ebenbild GOttes/ eine
Wohnung des Heiligen Geistes/ und ein Re-
gente über alle Creaturen der gantzen Welt ist:
dennoch aber muß ein Henn-und Hirsch-Mör-
der das Leben lassen/ und ein Menschen-Mör-
der soll ungestrafft bleiben.

Cambyses König in Persien hatte einen Rich-
ter/ Nahmens Sisamnes, dieser gienge mit der
Gerechtigkeit so subtil umb/ als mit einem ed-
len Kleinod/ zeigete selbige nur den vornehmen
Hoff-Herren/ und muste der gemeine Mann
viel guldene Lichter anzünden/ wann er sie nur
könte von fern erblicken/ unmöglich aber war es

den

Stuben-Sitzerin offtermahls ungehindert pra-
cticir
en laͤßt/ da dieſe doch nicht ein Kleid/ ſon-
dern den Menſchlichen Leib/ ein ſchoͤnes Mei-
ſter-Stuͤck GOttes/ verpfuſchen/ und ins Ver-
derben bringen.

Alexander der Groſſe/ hielte eine ſo ſcharffe
Kriegs-Ordnung/ daß er auch einen von ſeinen
Soldaten/ der wider den Koͤniglichen Befehl
einen Hirſchen erſchoſſen/ alſobald hat laſſen
umbs Leben bringen. Wie mancher Mußque-
tier ebenfalls im Kriege hat ſein Leben am Strick
enden muͤſſen der etwan wider des Generals Ge-
both kaum eine Henne oder Ganß erſchlagen/
oder ſonſt was geringes entfrembdet; und was
wolte ein Hirſch/ Henne oder Ganß gegen einem
Menſchen ſeyn/ der ein Ebenbild GOttes/ eine
Wohnung des Heiligen Geiſtes/ und ein Re-
gente uͤber alle Creaturen der gantzen Welt iſt:
dennoch aber muß ein Henn-und Hirſch-Moͤr-
der das Leben laſſen/ und ein Menſchen-Moͤr-
der ſoll ungeſtrafft bleiben.

Cambyſes Koͤnig in Perſien hatte einen Rich-
ter/ Nahmens Siſamnes, dieſer gienge mit der
Gerechtigkeit ſo ſubtil umb/ als mit einem ed-
len Kleinod/ zeigete ſelbige nur den vornehmen
Hoff-Herren/ und muſte der gemeine Mann
viel guldene Lichter anzuͤnden/ wann er ſie nur
koͤnte von fern erblicken/ unmoͤglich aber war es

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[1064/1080] Stuben-Sitzerin offtermahls ungehindert pra- cticiren laͤßt/ da dieſe doch nicht ein Kleid/ ſon- dern den Menſchlichen Leib/ ein ſchoͤnes Mei- ſter-Stuͤck GOttes/ verpfuſchen/ und ins Ver- derben bringen. Alexander der Groſſe/ hielte eine ſo ſcharffe Kriegs-Ordnung/ daß er auch einen von ſeinen Soldaten/ der wider den Koͤniglichen Befehl einen Hirſchen erſchoſſen/ alſobald hat laſſen umbs Leben bringen. Wie mancher Mußque- tier ebenfalls im Kriege hat ſein Leben am Strick enden muͤſſen der etwan wider des Generals Ge- both kaum eine Henne oder Ganß erſchlagen/ oder ſonſt was geringes entfrembdet; und was wolte ein Hirſch/ Henne oder Ganß gegen einem Menſchen ſeyn/ der ein Ebenbild GOttes/ eine Wohnung des Heiligen Geiſtes/ und ein Re- gente uͤber alle Creaturen der gantzen Welt iſt: dennoch aber muß ein Henn-und Hirſch-Moͤr- der das Leben laſſen/ und ein Menſchen-Moͤr- der ſoll ungeſtrafft bleiben. Cambyſes Koͤnig in Perſien hatte einen Rich- ter/ Nahmens Siſamnes, dieſer gienge mit der Gerechtigkeit ſo ſubtil umb/ als mit einem ed- len Kleinod/ zeigete ſelbige nur den vornehmen Hoff-Herren/ und muſte der gemeine Mann viel guldene Lichter anzuͤnden/ wann er ſie nur koͤnte von fern erblicken/ unmoͤglich aber war es den

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Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 1064. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/1080>, abgerufen am 19.05.2024.