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Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

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hielte ich die Antwort, daß es gute Sachen wä-
ren, die der Apothecker schon kennte, würde auch
sagen, wie sie zu gebrauchen seyn. Dergleichen
Lappen kommen mir für, wie jener Einfalt, wel-
cher umb eine Dorff-Schulmeisterey angehal-
ten, als man ihm aber gesagt, daß er darzu un-
tauglich wäre, weil er weder lesen noch schrei-
ben könte, gabe er zur Antwort, er hätte ein gute
Stimme zum Singen, wüste auch in der Kir-
chen mit dem Herrn Pfarrer schon umbzuge-
hen: das Lesen und Schreiben betreffend, wür-
de er ihm auch zu helffen wissen/ dann es wären
grosse Jungen in der Schul, von welchen er
leichte was lernen könte, und nachmahls seine
Kunst den übrigen wiederumb mittheilen; das
heist ja warhafftig: Si mundus vult decipi,
wann die Welt will betrogen werden, ergo so
werde sie betrogen.

Vor drey Jahren war ein anderer Marckt-
schreyer, oder Orvietan-Jubilierer in einer ge-
wissen Stadt, der sich auch für einen großmäch-
tigen Doctor ausgab, und er war es auch, aber
nur biß an den Halß, der obere Theil war mit
Stroh ausspalirt: Nichts destoweniger misch-
te er bey seinem Kram so viel Medicinische Wör-
ter mit darunter, daß jedermann ihn für gestu-
dirt
gehalten, und gemeynet, er hätte 6. Paar
Hirschhäutene Hosen in Medicinischen Schu-

len

hielte ich die Antwort, daß es gute Sachen waͤ-
ren, die der Apothecker ſchon kennte, wuͤrde auch
ſagen, wie ſie zu gebrauchen ſeyn. Dergleichen
Lappen kommen mir fuͤr, wie jener Einfalt, wel-
cher umb eine Dorff-Schulmeiſterey angehal-
ten, als man ihm aber geſagt, daß er darzu un-
tauglich waͤre, weil er weder leſen noch ſchrei-
ben koͤnte, gabe er zur Antwort, er haͤtte ein gute
Stimme zum Singen, wuͤſte auch in der Kir-
chen mit dem Herrn Pfarrer ſchon umbzuge-
hen: das Leſen und Schreiben betreffend, wuͤr-
de er ihm auch zu helffen wiſſen/ dann es waͤren
groſſe Jungen in der Schul, von welchen er
leichte was lernen koͤnte, und nachmahls ſeine
Kunſt den uͤbrigen wiederumb mittheilen; das
heiſt ja warhafftig: Si mundus vult decipi,
wann die Welt will betrogen werden, ergò ſo
werde ſie betrogen.

Vor drey Jahren war ein anderer Marckt-
ſchreyer, oder Orvietan-Jubilierer in einer ge-
wiſſen Stadt, der ſich auch fuͤr einen großmaͤch-
tigen Doctor ausgab, und er war es auch, aber
nur biß an den Halß, der obere Theil war mit
Stroh ausſpalirt: Nichts deſtoweniger miſch-
te er bey ſeinem Kram ſo viel Mediciniſche Woͤr-
ter mit darunter, daß jedermann ihn fuͤr geſtu-
dirt
gehalten, und gemeynet, er haͤtte 6. Paar
Hirſchhaͤutene Hoſen in Mediciniſchen Schu-

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[1006/1022] hielte ich die Antwort, daß es gute Sachen waͤ- ren, die der Apothecker ſchon kennte, wuͤrde auch ſagen, wie ſie zu gebrauchen ſeyn. Dergleichen Lappen kommen mir fuͤr, wie jener Einfalt, wel- cher umb eine Dorff-Schulmeiſterey angehal- ten, als man ihm aber geſagt, daß er darzu un- tauglich waͤre, weil er weder leſen noch ſchrei- ben koͤnte, gabe er zur Antwort, er haͤtte ein gute Stimme zum Singen, wuͤſte auch in der Kir- chen mit dem Herrn Pfarrer ſchon umbzuge- hen: das Leſen und Schreiben betreffend, wuͤr- de er ihm auch zu helffen wiſſen/ dann es waͤren groſſe Jungen in der Schul, von welchen er leichte was lernen koͤnte, und nachmahls ſeine Kunſt den uͤbrigen wiederumb mittheilen; das heiſt ja warhafftig: Si mundus vult decipi, wann die Welt will betrogen werden, ergò ſo werde ſie betrogen. Vor drey Jahren war ein anderer Marckt- ſchreyer, oder Orvietan-Jubilierer in einer ge- wiſſen Stadt, der ſich auch fuͤr einen großmaͤch- tigen Doctor ausgab, und er war es auch, aber nur biß an den Halß, der obere Theil war mit Stroh ausſpalirt: Nichts deſtoweniger miſch- te er bey ſeinem Kram ſo viel Mediciniſche Woͤr- ter mit darunter, daß jedermann ihn fuͤr geſtu- dirt gehalten, und gemeynet, er haͤtte 6. Paar Hirſchhaͤutene Hoſen in Mediciniſchen Schu- len

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Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 1006. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/1022>, abgerufen am 17.05.2024.