Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.Wir seegeln durch die Räume, Ich zeig' Dir Meer und Land, Wie wunderbare Träume Tief unten ausgespannt. Hellblinkend zu den Füßen Unzähl'ger Ströme Lauf -- Es steigt ein Frühlingsgrüßen Verhallend zu uns auf. Und bunt und immer wilder In Liebe, Haß und Lust Verwirren sich die Bilder -- Was schwindelt Dir die Brust? So fröhlich tief im Herzen, Zieh' ich all' himmelwärts, Es kommen selbst die Schmerzen Melodisch an das Herz. Der Sänger zwingt mit Klängen Was störrig, dumpf und wild, Es spiegelt in Gesängen Die Welt sich göttlich mild. Und unten nun verbrauset
Des breiten Lebens Strom, Der Adler einsam hauset Im stillen Himmelsdom. -- Wir ſeegeln durch die Raͤume, Ich zeig' Dir Meer und Land, Wie wunderbare Traͤume Tief unten ausgeſpannt. Hellblinkend zu den Fuͤßen Unzaͤhl'ger Stroͤme Lauf — Es ſteigt ein Fruͤhlingsgruͤßen Verhallend zu uns auf. Und bunt und immer wilder In Liebe, Haß und Luſt Verwirren ſich die Bilder — Was ſchwindelt Dir die Bruſt? So froͤhlich tief im Herzen, Zieh' ich all' himmelwaͤrts, Es kommen ſelbſt die Schmerzen Melodiſch an das Herz. Der Saͤnger zwingt mit Klaͤngen Was ſtoͤrrig, dumpf und wild, Es ſpiegelt in Geſaͤngen Die Welt ſich goͤttlich mild. Und unten nun verbrauſet
Des breiten Lebens Strom, Der Adler einſam hauſet Im ſtillen Himmelsdom. — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0232" n="222"/> <lg n="5"> <l>Wir ſeegeln durch die Raͤume,</l><lb/> <l>Ich zeig' Dir Meer und Land,</l><lb/> <l>Wie wunderbare Traͤume</l><lb/> <l>Tief unten ausgeſpannt.</l><lb/> </lg> <lg n="6"> <l>Hellblinkend zu den Fuͤßen</l><lb/> <l>Unzaͤhl'ger Stroͤme Lauf —</l><lb/> <l>Es ſteigt ein Fruͤhlingsgruͤßen</l><lb/> <l>Verhallend zu uns auf.</l><lb/> </lg> <lg n="7"> <l><choice><sic>Uud</sic><corr>Und</corr></choice> bunt und immer wilder</l><lb/> <l>In Liebe, Haß und Luſt</l><lb/> <l>Verwirren ſich die Bilder —</l><lb/> <l>Was ſchwindelt Dir die Bruſt?</l><lb/> </lg> <lg n="8"> <l>So froͤhlich tief im Herzen,</l><lb/> <l>Zieh' ich all' himmelwaͤrts,</l><lb/> <l>Es kommen ſelbſt die Schmerzen</l><lb/> <l>Melodiſch an das Herz.</l><lb/> </lg> <lg n="9"> <l>Der Saͤnger zwingt mit Klaͤngen</l><lb/> <l>Was ſtoͤrrig, dumpf und wild,</l><lb/> <l>Es ſpiegelt in Geſaͤngen</l><lb/> <l>Die Welt ſich goͤttlich mild.</l><lb/> </lg> <lg n="10"> <l>Und unten nun verbrauſet</l><lb/> <l>Des breiten Lebens Strom,</l><lb/> <l>Der Adler einſam hauſet</l><lb/> <l>Im ſtillen Himmelsdom. —</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [222/0232]
Wir ſeegeln durch die Raͤume,
Ich zeig' Dir Meer und Land,
Wie wunderbare Traͤume
Tief unten ausgeſpannt.
Hellblinkend zu den Fuͤßen
Unzaͤhl'ger Stroͤme Lauf —
Es ſteigt ein Fruͤhlingsgruͤßen
Verhallend zu uns auf.
Und bunt und immer wilder
In Liebe, Haß und Luſt
Verwirren ſich die Bilder —
Was ſchwindelt Dir die Bruſt?
So froͤhlich tief im Herzen,
Zieh' ich all' himmelwaͤrts,
Es kommen ſelbſt die Schmerzen
Melodiſch an das Herz.
Der Saͤnger zwingt mit Klaͤngen
Was ſtoͤrrig, dumpf und wild,
Es ſpiegelt in Geſaͤngen
Die Welt ſich goͤttlich mild.
Und unten nun verbrauſet
Des breiten Lebens Strom,
Der Adler einſam hauſet
Im ſtillen Himmelsdom. —
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