Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.herumginge. Oder ich legte mich an schwülen Nach¬ So sang ich auch einmal, wie ich eben bei einem Wohin ich geh' und schaue, In Feld und Wald und Thal Vom Berg' in's Himmelsblaue, Viel schöne gnäd'ge Fraue, Grüß' ich Dich tausendmal. Da seh' ich aus dem dunkelkühlen Lusthause zwi¬ Abends, es war grade an einem Sonnabend, und herumginge. Oder ich legte mich an ſchwuͤlen Nach¬ So ſang ich auch einmal, wie ich eben bei einem Wohin ich geh' und ſchaue, In Feld und Wald und Thal Vom Berg' in's Himmelsblaue, Viel ſchoͤne gnaͤd'ge Fraue, Gruͤß' ich Dich tauſendmal. Da ſeh' ich aus dem dunkelkuͤhlen Luſthauſe zwi¬ Abends, es war grade an einem Sonnabend, und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0019" n="9"/> herumginge. Oder ich legte mich an ſchwuͤlen Nach¬<lb/> mittagen auf den Ruͤcken hin, wenn alles ſo ſtill war,<lb/> daß man nur die Bienen ſumſen hoͤrte, und ſah zu<lb/> wie uͤber mir die Wolken nach meinem Dorfe zuflogen<lb/> und die Graͤſer und Blumen ſich hin und her beweg¬<lb/> ten, und gedachte an die Dame, und da geſchah es<lb/> denn oft, daß die ſchoͤne Frau mit der Guitarre oder<lb/> einem Buche in der Ferne wirklich durch den Garten<lb/> zog, ſo ſtill, groß und freundlich wie ein Engelsbild,<lb/> ſo daß ich nicht recht wußte, ob ich traͤumte oder<lb/> wachte.</p><lb/> <p>So ſang ich auch einmal, wie ich eben bei einem<lb/> Luſthauſe zur Arbeit vorbey ging, fuͤr mich hin:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Wohin ich geh' und ſchaue,</l><lb/> <l>In Feld und Wald und Thal</l><lb/> <l>Vom Berg' in's Himmelsblaue,</l><lb/> <l>Viel ſchoͤne gnaͤd'ge Fraue,</l><lb/> <l>Gruͤß' ich Dich tauſendmal.</l><lb/> </lg> <p>Da ſeh' ich aus dem dunkelkuͤhlen Luſthauſe zwi¬<lb/> ſchen den halbgeoͤffneten Jalouſien und Blumen, die<lb/> dort ſtanden, zwei ſchoͤne junge friſche Augen hervor¬<lb/> funkeln. Ich war ganz erſchrocken, ich ſang das Lied<lb/> nicht aus, ſondern ging, ohne mich umzuſehen, fort<lb/> an die Arbeit.</p><lb/> <p>Abends, es war grade an einem Sonnabend, und<lb/> ich ſtand eben in der Vorfreude kommenden Sonntags<lb/> mit der Geige im Gartenhauſe am Fenſter und dachte<lb/> noch an die funkelnden Augen, da kommt auf einmal<lb/> die Kammerjungfer durch die Daͤmmerung dahergeſtri¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [9/0019]
herumginge. Oder ich legte mich an ſchwuͤlen Nach¬
mittagen auf den Ruͤcken hin, wenn alles ſo ſtill war,
daß man nur die Bienen ſumſen hoͤrte, und ſah zu
wie uͤber mir die Wolken nach meinem Dorfe zuflogen
und die Graͤſer und Blumen ſich hin und her beweg¬
ten, und gedachte an die Dame, und da geſchah es
denn oft, daß die ſchoͤne Frau mit der Guitarre oder
einem Buche in der Ferne wirklich durch den Garten
zog, ſo ſtill, groß und freundlich wie ein Engelsbild,
ſo daß ich nicht recht wußte, ob ich traͤumte oder
wachte.
So ſang ich auch einmal, wie ich eben bei einem
Luſthauſe zur Arbeit vorbey ging, fuͤr mich hin:
Wohin ich geh' und ſchaue,
In Feld und Wald und Thal
Vom Berg' in's Himmelsblaue,
Viel ſchoͤne gnaͤd'ge Fraue,
Gruͤß' ich Dich tauſendmal.
Da ſeh' ich aus dem dunkelkuͤhlen Luſthauſe zwi¬
ſchen den halbgeoͤffneten Jalouſien und Blumen, die
dort ſtanden, zwei ſchoͤne junge friſche Augen hervor¬
funkeln. Ich war ganz erſchrocken, ich ſang das Lied
nicht aus, ſondern ging, ohne mich umzuſehen, fort
an die Arbeit.
Abends, es war grade an einem Sonnabend, und
ich ſtand eben in der Vorfreude kommenden Sonntags
mit der Geige im Gartenhauſe am Fenſter und dachte
noch an die funkelnden Augen, da kommt auf einmal
die Kammerjungfer durch die Daͤmmerung dahergeſtri¬
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