Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.4. Das verzauberte Schloß. Der Schall einer Trompete gab das Zeichen zur Tafel. Eine Flügelthür that sich plötzlich auf, und Suppius, in goldbrokatenem Staatskleid leuchtend, einen Federhut in der einen Hand, führte an der andern eine prächtige Dame, von kostbaren Armbändern, Halsketten und Ohrgehängen umblitzt und umbommelt, daß man nicht hinsehen konnte, wenn die Sonne darauf schien. Sie stiegen beide feierlich eine steinerne Treppe in den großen alten Gartensaal hinab, ein Hündchen mit silbernen Schellen um den Hals trat oft der Dame auf die schwere Schleppe, die von Stufe zu Stufe hinter ihnen herrauschte. Klarinett folgte in reicher Offizierkleidung: in dunkelgrünem Sammt mit geschlitzten Aermeln, einem Kragen von Brüssler Kanten darüber und den Hut mit goldner Spange und nickenden Federn schief auf den Kopf gedrückt, es paßte ihm Alles prächtig. Er spielte vornehm mit einer Reitgerte und nickte kaum, als ihm der Diener der Dame meldete, daß sein Reisegepäck gehörig untergebracht sei. Im Saale aber war der Tisch schon gedeckt, sie nahmen mit großem Geräusch und unter vielen Complimenten Platz auf den schweren rothsammtenen Sesseln mit hohen, künstlich geschnitzten Lehnen. Klarinett überblickte unterdeß erstaunt die Tafel, da gab's so wunderliche Pracht, abenteuerlich gehenkelte Krüge, hohe, altmodisch geschliffene Stengelgläser von den verschiedensten Far- 4. Das verzauberte Schloß. Der Schall einer Trompete gab das Zeichen zur Tafel. Eine Flügelthür that sich plötzlich auf, und Suppius, in goldbrokatenem Staatskleid leuchtend, einen Federhut in der einen Hand, führte an der andern eine prächtige Dame, von kostbaren Armbändern, Halsketten und Ohrgehängen umblitzt und umbommelt, daß man nicht hinsehen konnte, wenn die Sonne darauf schien. Sie stiegen beide feierlich eine steinerne Treppe in den großen alten Gartensaal hinab, ein Hündchen mit silbernen Schellen um den Hals trat oft der Dame auf die schwere Schleppe, die von Stufe zu Stufe hinter ihnen herrauschte. Klarinett folgte in reicher Offizierkleidung: in dunkelgrünem Sammt mit geschlitzten Aermeln, einem Kragen von Brüssler Kanten darüber und den Hut mit goldner Spange und nickenden Federn schief auf den Kopf gedrückt, es paßte ihm Alles prächtig. Er spielte vornehm mit einer Reitgerte und nickte kaum, als ihm der Diener der Dame meldete, daß sein Reisegepäck gehörig untergebracht sei. Im Saale aber war der Tisch schon gedeckt, sie nahmen mit großem Geräusch und unter vielen Complimenten Platz auf den schweren rothsammtenen Sesseln mit hohen, künstlich geschnitzten Lehnen. Klarinett überblickte unterdeß erstaunt die Tafel, da gab's so wunderliche Pracht, abenteuerlich gehenkelte Krüge, hohe, altmodisch geschliffene Stengelgläser von den verschiedensten Far- <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="3"> <pb facs="#f0046"/> </div> <div type="chapter" n="4"> <head>4. Das verzauberte Schloß.</head> <p>Der Schall einer Trompete gab das Zeichen zur Tafel. Eine Flügelthür that sich plötzlich auf, und Suppius, in goldbrokatenem Staatskleid leuchtend, einen Federhut in der einen Hand, führte an der andern eine prächtige Dame, von kostbaren Armbändern, Halsketten und Ohrgehängen umblitzt und umbommelt, daß man nicht hinsehen konnte, wenn die Sonne darauf schien. Sie stiegen beide feierlich eine steinerne Treppe in den großen alten Gartensaal hinab, ein Hündchen mit silbernen Schellen um den Hals trat oft der Dame auf die schwere Schleppe, die von Stufe zu Stufe hinter ihnen herrauschte. Klarinett folgte in reicher Offizierkleidung: in dunkelgrünem Sammt mit geschlitzten Aermeln, einem Kragen von Brüssler Kanten darüber und den Hut mit goldner Spange und nickenden Federn schief auf den Kopf gedrückt, es paßte ihm Alles prächtig. Er spielte vornehm mit einer Reitgerte und nickte kaum, als ihm der Diener der Dame meldete, daß sein Reisegepäck gehörig untergebracht sei.</p><lb/> <p>Im Saale aber war der Tisch schon gedeckt, sie nahmen mit großem Geräusch und unter vielen Complimenten Platz auf den schweren rothsammtenen Sesseln mit hohen, künstlich geschnitzten Lehnen. Klarinett überblickte unterdeß erstaunt die Tafel, da gab's so wunderliche Pracht, abenteuerlich gehenkelte Krüge, hohe, altmodisch geschliffene Stengelgläser von den verschiedensten Far-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0046]
4. Das verzauberte Schloß. Der Schall einer Trompete gab das Zeichen zur Tafel. Eine Flügelthür that sich plötzlich auf, und Suppius, in goldbrokatenem Staatskleid leuchtend, einen Federhut in der einen Hand, führte an der andern eine prächtige Dame, von kostbaren Armbändern, Halsketten und Ohrgehängen umblitzt und umbommelt, daß man nicht hinsehen konnte, wenn die Sonne darauf schien. Sie stiegen beide feierlich eine steinerne Treppe in den großen alten Gartensaal hinab, ein Hündchen mit silbernen Schellen um den Hals trat oft der Dame auf die schwere Schleppe, die von Stufe zu Stufe hinter ihnen herrauschte. Klarinett folgte in reicher Offizierkleidung: in dunkelgrünem Sammt mit geschlitzten Aermeln, einem Kragen von Brüssler Kanten darüber und den Hut mit goldner Spange und nickenden Federn schief auf den Kopf gedrückt, es paßte ihm Alles prächtig. Er spielte vornehm mit einer Reitgerte und nickte kaum, als ihm der Diener der Dame meldete, daß sein Reisegepäck gehörig untergebracht sei.
Im Saale aber war der Tisch schon gedeckt, sie nahmen mit großem Geräusch und unter vielen Complimenten Platz auf den schweren rothsammtenen Sesseln mit hohen, künstlich geschnitzten Lehnen. Klarinett überblickte unterdeß erstaunt die Tafel, da gab's so wunderliche Pracht, abenteuerlich gehenkelte Krüge, hohe, altmodisch geschliffene Stengelgläser von den verschiedensten Far-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-14T14:27:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-14T14:27:42Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |