Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.lich Alles reisefertig war, schwang er die Tochter in den Sattel, Seppi mußte vorausgehen, er aber führte das Pferd über die Wurzeln und Steine vorsichtig hinter sich am Zügel, und droben auf ihrem lustigen Sitze, das Tambourin neben sich gehängt, baumelte das Mädchen vergnügt mit den Füßchen und freute sich über ihre neuen rothen Halbstiefeln; manchmal streifte ihr ein Zweig Stirn und Wange, daß sie wie eine Blume ganz voll Thauperlen hing. Da stimmte Seppi vorne lustig an: Der Wald, der Wald, daß Gott ihn grün erhalt', Gibet gut Quartier und nimmt doch nichts dafür! Und das Mädchen antwortete sogleich: Zum grünen Wald wir Herberg halten, Denn Hoffahrt ist nicht unser Ziel, Im Wirthshaus, wo wir nicht bezahlten, Es war der Ehre gar zu viel, Der Wirth er wollt' uns gar nicht lassen, Sie ließen Kanne und Kartenspiel, Die ganze Stadt war in den Gassen, Und von den Bänken mit Gebraus Stürzt' die Schule heraus, Wuchs der Haufe von Haus zu Haus, Schwenkt' die Mützen und jubelt' und wogt', Der Hatschier, die Stadtwacht, der Bettelvogt, Wie wenn ein Prinz zieht auf die Freit', Gab Alles, Alles uns fürstlich Geleit. Wir aber schlugen den Markt hinab lich Alles reisefertig war, schwang er die Tochter in den Sattel, Seppi mußte vorausgehen, er aber führte das Pferd über die Wurzeln und Steine vorsichtig hinter sich am Zügel, und droben auf ihrem lustigen Sitze, das Tambourin neben sich gehängt, baumelte das Mädchen vergnügt mit den Füßchen und freute sich über ihre neuen rothen Halbstiefeln; manchmal streifte ihr ein Zweig Stirn und Wange, daß sie wie eine Blume ganz voll Thauperlen hing. Da stimmte Seppi vorne lustig an: Der Wald, der Wald, daß Gott ihn grün erhalt', Gibet gut Quartier und nimmt doch nichts dafür! Und das Mädchen antwortete sogleich: Zum grünen Wald wir Herberg halten, Denn Hoffahrt ist nicht unser Ziel, Im Wirthshaus, wo wir nicht bezahlten, Es war der Ehre gar zu viel, Der Wirth er wollt' uns gar nicht lassen, Sie ließen Kanne und Kartenspiel, Die ganze Stadt war in den Gassen, Und von den Bänken mit Gebraus Stürzt' die Schule heraus, Wuchs der Haufe von Haus zu Haus, Schwenkt' die Mützen und jubelt' und wogt', Der Hatschier, die Stadtwacht, der Bettelvogt, Wie wenn ein Prinz zieht auf die Freit', Gab Alles, Alles uns fürstlich Geleit. Wir aber schlugen den Markt hinab <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="3"> <p><pb facs="#f0039"/> lich Alles reisefertig war, schwang er die Tochter in den Sattel, Seppi mußte vorausgehen, er aber führte das Pferd über die Wurzeln und Steine vorsichtig hinter sich am Zügel, und droben auf ihrem lustigen Sitze, das Tambourin neben sich gehängt, baumelte das Mädchen vergnügt mit den Füßchen und freute sich über ihre neuen rothen Halbstiefeln; manchmal streifte ihr ein Zweig Stirn und Wange, daß sie wie eine Blume ganz voll Thauperlen hing. Da stimmte Seppi vorne lustig an:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Der Wald, der Wald, daß Gott ihn grün erhalt',</l><lb/> <l>Gibet gut Quartier und nimmt doch nichts dafür!</l><lb/> </lg> <p>Und das Mädchen antwortete sogleich:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Zum grünen Wald wir Herberg halten,</l><lb/> <l>Denn Hoffahrt ist nicht unser Ziel,</l><lb/> <l>Im Wirthshaus, wo wir nicht bezahlten,</l><lb/> <l>Es war der Ehre gar zu viel,</l><lb/> <l>Der Wirth er wollt' uns gar nicht lassen,</l><lb/> <l>Sie ließen Kanne und Kartenspiel,</l><lb/> <l>Die ganze Stadt war in den Gassen,</l><lb/> <l>Und von den Bänken mit Gebraus</l><lb/> <l>Stürzt' die Schule heraus,</l><lb/> <l>Wuchs der Haufe von Haus zu Haus,</l><lb/> <l>Schwenkt' die Mützen und jubelt' und wogt',</l><lb/> <l>Der Hatschier, die Stadtwacht, der Bettelvogt,</l><lb/> <l>Wie wenn ein Prinz zieht auf die Freit',</l><lb/> <l>Gab Alles, Alles uns fürstlich Geleit.</l><lb/> <l>Wir aber schlugen den Markt hinab</l><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [0039]
lich Alles reisefertig war, schwang er die Tochter in den Sattel, Seppi mußte vorausgehen, er aber führte das Pferd über die Wurzeln und Steine vorsichtig hinter sich am Zügel, und droben auf ihrem lustigen Sitze, das Tambourin neben sich gehängt, baumelte das Mädchen vergnügt mit den Füßchen und freute sich über ihre neuen rothen Halbstiefeln; manchmal streifte ihr ein Zweig Stirn und Wange, daß sie wie eine Blume ganz voll Thauperlen hing. Da stimmte Seppi vorne lustig an:
Der Wald, der Wald, daß Gott ihn grün erhalt',
Gibet gut Quartier und nimmt doch nichts dafür!
Und das Mädchen antwortete sogleich:
Zum grünen Wald wir Herberg halten,
Denn Hoffahrt ist nicht unser Ziel,
Im Wirthshaus, wo wir nicht bezahlten,
Es war der Ehre gar zu viel,
Der Wirth er wollt' uns gar nicht lassen,
Sie ließen Kanne und Kartenspiel,
Die ganze Stadt war in den Gassen,
Und von den Bänken mit Gebraus
Stürzt' die Schule heraus,
Wuchs der Haufe von Haus zu Haus,
Schwenkt' die Mützen und jubelt' und wogt',
Der Hatschier, die Stadtwacht, der Bettelvogt,
Wie wenn ein Prinz zieht auf die Freit',
Gab Alles, Alles uns fürstlich Geleit.
Wir aber schlugen den Markt hinab
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Zitationshilfe: | Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gluecksritter_1910/39>, abgerufen am 16.02.2025. |