Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.geschwind, damit es sein Gesell nicht merken sollte, nach der Wagenthür. Suppius und Klarinett hielten sie von innen fest, er konnte sie mühsam nur ein wenig öffnen, wunderte sich, daß es so schwer ging, und tappte sogleich mit der Hand hinein. Aha, ein paar Stiefeln! sagte er vergnügt in sich, des überraschten Suppius Füße fassend. Indem aber schnappt Klarinett die Thür wie eine Auster rasch wieder zu, der Dieb hatte kaum so viel Zeit, die gequetschte Hand zurückzuziehn, er meinte in der Finsterniß nicht anders, sein Kamerad hätt' ihn geklemmt, weil er ihm den ersten Griff nicht gönnte. Was ist das! rief er zornig und böse diesem zu, bist ein Hautz (Bauer) und kein ehrlicher Gleicher (Mitgesell), möchtest Alles allein schöchern (trinken) und mir den leeren Glestrich (Glas) lassen! -- Der Andre, der gar nicht wußte was es gab, erwiderte eben so: Was barlest (sprichst) du so viel, wenn wir eben was auf dem Madium (Ort) haben? komm nur her, sollst mir den Hautz wie gefunkelten Johann (Branntwein) hinunterschlingen! -- Da trat plötzlich der Mond aus den Wolken und der Kutscher in die Stallthür, und die erschrockenen Schnapphähne flogen wie Eidechsen unter dem Schatten des Hauses zwischen Steinen und Ritzen durch den Hof und über die Mauer wieder in die alte Freiheit hinaus. Nun, die bleiben auch noch draußen am Galgen hängen, meinte Suppius aufathmend. Der schlaftrunkene Kutscher aber, der von Allem nichts bemerkt hatte, geschwind, damit es sein Gesell nicht merken sollte, nach der Wagenthür. Suppius und Klarinett hielten sie von innen fest, er konnte sie mühsam nur ein wenig öffnen, wunderte sich, daß es so schwer ging, und tappte sogleich mit der Hand hinein. Aha, ein paar Stiefeln! sagte er vergnügt in sich, des überraschten Suppius Füße fassend. Indem aber schnappt Klarinett die Thür wie eine Auster rasch wieder zu, der Dieb hatte kaum so viel Zeit, die gequetschte Hand zurückzuziehn, er meinte in der Finsterniß nicht anders, sein Kamerad hätt' ihn geklemmt, weil er ihm den ersten Griff nicht gönnte. Was ist das! rief er zornig und böse diesem zu, bist ein Hautz (Bauer) und kein ehrlicher Gleicher (Mitgesell), möchtest Alles allein schöchern (trinken) und mir den leeren Glestrich (Glas) lassen! — Der Andre, der gar nicht wußte was es gab, erwiderte eben so: Was barlest (sprichst) du so viel, wenn wir eben was auf dem Madium (Ort) haben? komm nur her, sollst mir den Hautz wie gefunkelten Johann (Branntwein) hinunterschlingen! — Da trat plötzlich der Mond aus den Wolken und der Kutscher in die Stallthür, und die erschrockenen Schnapphähne flogen wie Eidechsen unter dem Schatten des Hauses zwischen Steinen und Ritzen durch den Hof und über die Mauer wieder in die alte Freiheit hinaus. Nun, die bleiben auch noch draußen am Galgen hängen, meinte Suppius aufathmend. Der schlaftrunkene Kutscher aber, der von Allem nichts bemerkt hatte, <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0032"/> geschwind, damit es sein Gesell nicht merken sollte, nach der Wagenthür. Suppius und Klarinett hielten sie von innen fest, er konnte sie mühsam nur ein wenig öffnen, wunderte sich, daß es so schwer ging, und tappte sogleich mit der Hand hinein. Aha, ein paar Stiefeln! sagte er vergnügt in sich, des überraschten Suppius Füße fassend. Indem aber schnappt Klarinett die Thür wie eine Auster rasch wieder zu, der Dieb hatte kaum so viel Zeit, die gequetschte Hand zurückzuziehn, er meinte in der Finsterniß nicht anders, sein Kamerad hätt' ihn geklemmt, weil er ihm den ersten Griff nicht gönnte. Was ist das! rief er zornig und böse diesem zu, bist ein Hautz (Bauer) und kein ehrlicher Gleicher (Mitgesell), möchtest Alles allein schöchern (trinken) und mir den leeren Glestrich (Glas) lassen! — Der Andre, der gar nicht wußte was es gab, erwiderte eben so: Was barlest (sprichst) du so viel, wenn wir eben was auf dem Madium (Ort) haben? komm nur her, sollst mir den Hautz wie gefunkelten Johann (Branntwein) hinunterschlingen! — Da trat plötzlich der Mond aus den Wolken und der Kutscher in die Stallthür, und die erschrockenen Schnapphähne flogen wie Eidechsen unter dem Schatten des Hauses zwischen Steinen und Ritzen durch den Hof und über die Mauer wieder in die alte Freiheit hinaus.</p><lb/> <p>Nun, die bleiben auch noch draußen am Galgen hängen, meinte Suppius aufathmend. Der schlaftrunkene Kutscher aber, der von Allem nichts bemerkt hatte,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0032]
geschwind, damit es sein Gesell nicht merken sollte, nach der Wagenthür. Suppius und Klarinett hielten sie von innen fest, er konnte sie mühsam nur ein wenig öffnen, wunderte sich, daß es so schwer ging, und tappte sogleich mit der Hand hinein. Aha, ein paar Stiefeln! sagte er vergnügt in sich, des überraschten Suppius Füße fassend. Indem aber schnappt Klarinett die Thür wie eine Auster rasch wieder zu, der Dieb hatte kaum so viel Zeit, die gequetschte Hand zurückzuziehn, er meinte in der Finsterniß nicht anders, sein Kamerad hätt' ihn geklemmt, weil er ihm den ersten Griff nicht gönnte. Was ist das! rief er zornig und böse diesem zu, bist ein Hautz (Bauer) und kein ehrlicher Gleicher (Mitgesell), möchtest Alles allein schöchern (trinken) und mir den leeren Glestrich (Glas) lassen! — Der Andre, der gar nicht wußte was es gab, erwiderte eben so: Was barlest (sprichst) du so viel, wenn wir eben was auf dem Madium (Ort) haben? komm nur her, sollst mir den Hautz wie gefunkelten Johann (Branntwein) hinunterschlingen! — Da trat plötzlich der Mond aus den Wolken und der Kutscher in die Stallthür, und die erschrockenen Schnapphähne flogen wie Eidechsen unter dem Schatten des Hauses zwischen Steinen und Ritzen durch den Hof und über die Mauer wieder in die alte Freiheit hinaus.
Nun, die bleiben auch noch draußen am Galgen hängen, meinte Suppius aufathmend. Der schlaftrunkene Kutscher aber, der von Allem nichts bemerkt hatte,
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Zitationshilfe: | Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gluecksritter_1910/32>, abgerufen am 16.02.2025. |