Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.ihn auszustechen suchen bei ihr; nun aber wolle er ihr morgen Abend das Ständchen bringen, da sollte der Bursch mit blasen helfen. Dieser war damit zufrieden, und nun sollte auch sogleich die Serenade eingeübt werden. Der Student nahm voller Eifer ein Waldhorn von der Wand, staubte es erst sorgfältig ab, setzte ein wackeliges Notenpult unter Zorn und Fluchen, weil es nicht feststehen wollte, mitten in der Stube zurecht, legte die Notenbücher drauf, und beide stellten sich nun einander gegenüber und fingen mit großer Anstrengung ein sehr künstliches Stück zu blasen an. Darüber aber war bei der nächtlichen Stille nach und nach die ganze Nachbarschaft in Aufruhr gerathen. Ein Hund fing im Hofe zu heulen an, drauf that sich erst bescheiden ein Fenster gegenüber auf, dann wieder eins, und endlich unaufhaltsam immer mehrere vom Keller bis zum Dach, und dicke und dünne Stimmen durcheinander, Alles schimpfte und zankte auf die unverhoffte Nachtmusik. Zuletzt wurde es doch dem Studenten zu toll er warf voller Wuth das Horn weg, ergriff ein altes, verrostetes Pistol vom Tisch und drohte zum offenen Fenster hinaus, den Zipfel von jeder Schlafmütze herabzuschießen, die sich ferner am Fenster blicken ließe. Da duckten auf einmal alle Mausköpfe unter, und es wurde wieder stille draußen, nur der Hund bellte noch ein Weilchen den Mond an, der prächtig über die alten Dächer schien. Der Student aber, sich den Schweiß von der Stirn ihn auszustechen suchen bei ihr; nun aber wolle er ihr morgen Abend das Ständchen bringen, da sollte der Bursch mit blasen helfen. Dieser war damit zufrieden, und nun sollte auch sogleich die Serenade eingeübt werden. Der Student nahm voller Eifer ein Waldhorn von der Wand, staubte es erst sorgfältig ab, setzte ein wackeliges Notenpult unter Zorn und Fluchen, weil es nicht feststehen wollte, mitten in der Stube zurecht, legte die Notenbücher drauf, und beide stellten sich nun einander gegenüber und fingen mit großer Anstrengung ein sehr künstliches Stück zu blasen an. Darüber aber war bei der nächtlichen Stille nach und nach die ganze Nachbarschaft in Aufruhr gerathen. Ein Hund fing im Hofe zu heulen an, drauf that sich erst bescheiden ein Fenster gegenüber auf, dann wieder eins, und endlich unaufhaltsam immer mehrere vom Keller bis zum Dach, und dicke und dünne Stimmen durcheinander, Alles schimpfte und zankte auf die unverhoffte Nachtmusik. Zuletzt wurde es doch dem Studenten zu toll er warf voller Wuth das Horn weg, ergriff ein altes, verrostetes Pistol vom Tisch und drohte zum offenen Fenster hinaus, den Zipfel von jeder Schlafmütze herabzuschießen, die sich ferner am Fenster blicken ließe. Da duckten auf einmal alle Mausköpfe unter, und es wurde wieder stille draußen, nur der Hund bellte noch ein Weilchen den Mond an, der prächtig über die alten Dächer schien. Der Student aber, sich den Schweiß von der Stirn <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <p><pb facs="#f0017"/> ihn auszustechen suchen bei ihr; nun aber wolle er ihr morgen Abend das Ständchen bringen, da sollte der Bursch mit blasen helfen.</p><lb/> <p>Dieser war damit zufrieden, und nun sollte auch sogleich die Serenade eingeübt werden. Der Student nahm voller Eifer ein Waldhorn von der Wand, staubte es erst sorgfältig ab, setzte ein wackeliges Notenpult unter Zorn und Fluchen, weil es nicht feststehen wollte, mitten in der Stube zurecht, legte die Notenbücher drauf, und beide stellten sich nun einander gegenüber und fingen mit großer Anstrengung ein sehr künstliches Stück zu blasen an. Darüber aber war bei der nächtlichen Stille nach und nach die ganze Nachbarschaft in Aufruhr gerathen. Ein Hund fing im Hofe zu heulen an, drauf that sich erst bescheiden ein Fenster gegenüber auf, dann wieder eins, und endlich unaufhaltsam immer mehrere vom Keller bis zum Dach, und dicke und dünne Stimmen durcheinander, Alles schimpfte und zankte auf die unverhoffte Nachtmusik. Zuletzt wurde es doch dem Studenten zu toll er warf voller Wuth das Horn weg, ergriff ein altes, verrostetes Pistol vom Tisch und drohte zum offenen Fenster hinaus, den Zipfel von jeder Schlafmütze herabzuschießen, die sich ferner am Fenster blicken ließe. Da duckten auf einmal alle Mausköpfe unter, und es wurde wieder stille draußen, nur der Hund bellte noch ein Weilchen den Mond an, der prächtig über die alten Dächer schien.</p><lb/> <p>Der Student aber, sich den Schweiß von der Stirn<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0017]
ihn auszustechen suchen bei ihr; nun aber wolle er ihr morgen Abend das Ständchen bringen, da sollte der Bursch mit blasen helfen.
Dieser war damit zufrieden, und nun sollte auch sogleich die Serenade eingeübt werden. Der Student nahm voller Eifer ein Waldhorn von der Wand, staubte es erst sorgfältig ab, setzte ein wackeliges Notenpult unter Zorn und Fluchen, weil es nicht feststehen wollte, mitten in der Stube zurecht, legte die Notenbücher drauf, und beide stellten sich nun einander gegenüber und fingen mit großer Anstrengung ein sehr künstliches Stück zu blasen an. Darüber aber war bei der nächtlichen Stille nach und nach die ganze Nachbarschaft in Aufruhr gerathen. Ein Hund fing im Hofe zu heulen an, drauf that sich erst bescheiden ein Fenster gegenüber auf, dann wieder eins, und endlich unaufhaltsam immer mehrere vom Keller bis zum Dach, und dicke und dünne Stimmen durcheinander, Alles schimpfte und zankte auf die unverhoffte Nachtmusik. Zuletzt wurde es doch dem Studenten zu toll er warf voller Wuth das Horn weg, ergriff ein altes, verrostetes Pistol vom Tisch und drohte zum offenen Fenster hinaus, den Zipfel von jeder Schlafmütze herabzuschießen, die sich ferner am Fenster blicken ließe. Da duckten auf einmal alle Mausköpfe unter, und es wurde wieder stille draußen, nur der Hund bellte noch ein Weilchen den Mond an, der prächtig über die alten Dächer schien.
Der Student aber, sich den Schweiß von der Stirn
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gluecksritter_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gluecksritter_1910/17 |
Zitationshilfe: | Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gluecksritter_1910/17>, abgerufen am 17.02.2025. |