Es wächst sehnsüchtig, stürzt und leuchtet trunken
Jauchzend im Innersten die heil'ge Quelle,
Bald Bahn sich brechend durch die Kluft zur Helle,
Bald kühle rauschend dann in Nacht versunken.
So lass' es ungeduldig brausen, drängen!
Hoch schwebt der Dichter drauf in goldnem Nachen,
Sich selber heilig opfernd in Gesängen.
Die alten Felsen spalten sich mit Krachen,
Von drüben grüßen schon verwandte Lieder,
Zum ew'gen Meere führt Er alle wieder.
V.
Nicht Träume sind's und leere Wahn-Gesichte,
Was von dem Volk' den Dichter unterscheidet.
Was er inbrünstig bildet, liebt und leidet,
Es ist des Lebens wahrhafte Geschichte.
Er fragt nicht viel, wie ihn die Menge richte,
Der eignen Ehr' nur in der Brust vereidet;
Denn wo begeistert er die Blicke weidet,
Grüßt ihn der Weltkreis mit verwandtem Lichte.
IV.
Wer einmal tief und durſtig hat getrunken,
Den zieht zu ſich hinab die Wunderquelle,
Daß er melodiſch mit zieht, ſelbſt als Welle,
Auf der die Welt ſich bricht in tauſend Funken.
Es waͤchſt ſehnſuͤchtig, ſtuͤrzt und leuchtet trunken
Jauchzend im Innerſten die heil'ge Quelle,
Bald Bahn ſich brechend durch die Kluft zur Helle,
Bald kuͤhle rauſchend dann in Nacht verſunken.
So laſſ' es ungeduldig brauſen, draͤngen!
Hoch ſchwebt der Dichter drauf in goldnem Nachen,
Sich ſelber heilig opfernd in Geſaͤngen.
Die alten Felſen ſpalten ſich mit Krachen,
Von druͤben gruͤßen ſchon verwandte Lieder,
Zum ew'gen Meere fuͤhrt Er alle wieder.
V.
Nicht Traͤume ſind's und leere Wahn-Geſichte,
Was von dem Volk' den Dichter unterſcheidet.
Was er inbruͤnſtig bildet, liebt und leidet,
Es iſt des Lebens wahrhafte Geſchichte.
Er fragt nicht viel, wie ihn die Menge richte,
Der eignen Ehr' nur in der Bruſt vereidet;
Denn wo begeiſtert er die Blicke weidet,
Gruͤßt ihn der Weltkreis mit verwandtem Lichte.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0086"n="68"/><lg><head><hirendition="#aq">IV</hi>.<lb/></head><lgtype="poem"><l>Wer einmal tief und durſtig hat getrunken,</l><lb/><lrendition="#et">Den zieht zu ſich hinab die Wunderquelle,</l><lb/><lrendition="#et">Daß er melodiſch mit zieht, ſelbſt als Welle,</l><lb/><l>Auf der die Welt ſich bricht in tauſend Funken.</l><lb/></lg><lgtype="poem"><l>Es waͤchſt ſehnſuͤchtig, ſtuͤrzt und leuchtet trunken</l><lb/><lrendition="#et">Jauchzend im Innerſten die heil'ge Quelle,</l><lb/><lrendition="#et">Bald Bahn ſich brechend durch die Kluft zur Helle,</l><lb/><l>Bald kuͤhle rauſchend dann in Nacht verſunken.</l><lb/></lg><lgtype="poem"><l>So laſſ' es ungeduldig brauſen, draͤngen!</l><lb/><lrendition="#et">Hoch ſchwebt der Dichter drauf in goldnem Nachen,</l><lb/><lrendition="#et">Sich ſelber heilig opfernd in Geſaͤngen.</l><lb/></lg><lgtype="poem"><l>Die alten Felſen ſpalten ſich mit Krachen,</l><lb/><lrendition="#et">Von druͤben gruͤßen ſchon verwandte Lieder,</l><lb/><lrendition="#et">Zum ew'gen Meere fuͤhrt Er alle wieder.</l><lb/></lg></lg><lg><head><hirendition="#aq">V</hi>.<lb/></head><lgtype="poem"><l>Nicht Traͤume ſind's und leere Wahn-Geſichte,</l><lb/><lrendition="#et">Was von dem Volk' den Dichter unterſcheidet.</l><lb/><lrendition="#et">Was er inbruͤnſtig bildet, liebt und leidet,</l><lb/><lrendition="#et">Es iſt des Lebens wahrhafte Geſchichte.</l><lb/></lg><lgtype="poem"><l>Er fragt nicht viel, wie ihn die Menge richte,</l><lb/><lrendition="#et">Der eignen Ehr' nur in der Bruſt vereidet;</l><lb/><lrendition="#et">Denn wo begeiſtert er die Blicke weidet,</l><lb/><lrendition="#et">Gruͤßt ihn der Weltkreis mit verwandtem Lichte.</l><lb/></lg></lg></div></div></body></text></TEI>
[68/0086]
IV.
Wer einmal tief und durſtig hat getrunken,
Den zieht zu ſich hinab die Wunderquelle,
Daß er melodiſch mit zieht, ſelbſt als Welle,
Auf der die Welt ſich bricht in tauſend Funken.
Es waͤchſt ſehnſuͤchtig, ſtuͤrzt und leuchtet trunken
Jauchzend im Innerſten die heil'ge Quelle,
Bald Bahn ſich brechend durch die Kluft zur Helle,
Bald kuͤhle rauſchend dann in Nacht verſunken.
So laſſ' es ungeduldig brauſen, draͤngen!
Hoch ſchwebt der Dichter drauf in goldnem Nachen,
Sich ſelber heilig opfernd in Geſaͤngen.
Die alten Felſen ſpalten ſich mit Krachen,
Von druͤben gruͤßen ſchon verwandte Lieder,
Zum ew'gen Meere fuͤhrt Er alle wieder.
V.
Nicht Traͤume ſind's und leere Wahn-Geſichte,
Was von dem Volk' den Dichter unterſcheidet.
Was er inbruͤnſtig bildet, liebt und leidet,
Es iſt des Lebens wahrhafte Geſchichte.
Er fragt nicht viel, wie ihn die Menge richte,
Der eignen Ehr' nur in der Bruſt vereidet;
Denn wo begeiſtert er die Blicke weidet,
Gruͤßt ihn der Weltkreis mit verwandtem Lichte.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/86>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.