Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
Und mein Liebchen sah ich eben
Traurig in dem lust'gen Schwarm,
Und ein schöner Herr daneben
Führt sie stolz und ernst am Arm.
Doch verblaßt war Mund und Wange,
Und gebrochen war ihr Blick,
Seltsam schaut' sie stumm und lange,
Lange noch auf mich zurück. --
Und es endet Tag und Scherzen,
Durch die Gassen pfeift der Wind --
Keiner weiß, wie unsre Herzen
Tief von Schmerz zerrissen sind.
X.
In der Fremde.
Ich hör' die Bächlein rauschen
Im Walde her und hin,
Im Walde in dem Rauschen
Ich weiß nicht, wo ich bin.
Die Nachtigallen schlagen
Hier in der Einsamkeit,
Als wollten sie was sagen
Von der alten, schönen Zeit.
Die Mondesschimmer fliegen,
Als seh' ich unter mir
Das Schloß im Thale liegen,
Und ist doch so weit von hier!
3
Und mein Liebchen ſah ich eben
Traurig in dem luſt'gen Schwarm,
Und ein ſchoͤner Herr daneben
Fuͤhrt ſie ſtolz und ernſt am Arm.
Doch verblaßt war Mund und Wange,
Und gebrochen war ihr Blick,
Seltſam ſchaut' ſie ſtumm und lange,
Lange noch auf mich zuruͤck. —
Und es endet Tag und Scherzen,
Durch die Gaſſen pfeift der Wind —
Keiner weiß, wie unſre Herzen
Tief von Schmerz zerriſſen ſind.
X.
In der Fremde.
Ich hoͤr' die Baͤchlein rauſchen
Im Walde her und hin,
Im Walde in dem Rauſchen
Ich weiß nicht, wo ich bin.
Die Nachtigallen ſchlagen
Hier in der Einſamkeit,
Als wollten ſie was ſagen
Von der alten, ſchoͤnen Zeit.
Die Mondesſchimmer fliegen,
Als ſeh' ich unter mir
Das Schloß im Thale liegen,
Und iſt doch ſo weit von hier!
3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0051" n="33"/>
              <lg n="6">
                <l>Und mein Liebchen &#x017F;ah ich eben</l><lb/>
                <l>Traurig in dem lu&#x017F;t'gen Schwarm,</l><lb/>
                <l>Und ein &#x017F;cho&#x0364;ner Herr daneben</l><lb/>
                <l>Fu&#x0364;hrt &#x017F;ie &#x017F;tolz und ern&#x017F;t am Arm.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="7">
                <l>Doch verblaßt war Mund und Wange,</l><lb/>
                <l>Und gebrochen war ihr Blick,</l><lb/>
                <l>Selt&#x017F;am &#x017F;chaut' &#x017F;ie &#x017F;tumm und lange,</l><lb/>
                <l>Lange noch auf mich zuru&#x0364;ck. &#x2014;</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="8">
                <l>Und es endet Tag und Scherzen,</l><lb/>
                <l>Durch die Ga&#x017F;&#x017F;en pfeift der Wind &#x2014;</l><lb/>
                <l>Keiner weiß, wie un&#x017F;re Herzen</l><lb/>
                <l>Tief von Schmerz zerri&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind.</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#aq">X</hi>.<lb/><hi rendition="#b #g">In der Fremde</hi><hi rendition="#b">.</hi><lb/></head>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Ich ho&#x0364;r' die Ba&#x0364;chlein rau&#x017F;chen</l><lb/>
                <l>Im Walde her und hin,</l><lb/>
                <l>Im Walde in dem Rau&#x017F;chen</l><lb/>
                <l>Ich weiß nicht, wo ich bin.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="2">
                <l>Die Nachtigallen &#x017F;chlagen</l><lb/>
                <l>Hier in der Ein&#x017F;amkeit,</l><lb/>
                <l>Als wollten &#x017F;ie was &#x017F;agen</l><lb/>
                <l>Von der alten, &#x017F;cho&#x0364;nen Zeit.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="3">
                <l>Die Mondes&#x017F;chimmer fliegen,</l><lb/>
                <l>Als &#x017F;eh' ich unter mir</l><lb/>
                <l>Das Schloß im Thale liegen,</l><lb/>
                <l>Und i&#x017F;t doch &#x017F;o weit von hier!</l><lb/>
              </lg>
              <fw place="bottom" type="sig">3<lb/></fw>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[33/0051] Und mein Liebchen ſah ich eben Traurig in dem luſt'gen Schwarm, Und ein ſchoͤner Herr daneben Fuͤhrt ſie ſtolz und ernſt am Arm. Doch verblaßt war Mund und Wange, Und gebrochen war ihr Blick, Seltſam ſchaut' ſie ſtumm und lange, Lange noch auf mich zuruͤck. — Und es endet Tag und Scherzen, Durch die Gaſſen pfeift der Wind — Keiner weiß, wie unſre Herzen Tief von Schmerz zerriſſen ſind. X. In der Fremde. Ich hoͤr' die Baͤchlein rauſchen Im Walde her und hin, Im Walde in dem Rauſchen Ich weiß nicht, wo ich bin. Die Nachtigallen ſchlagen Hier in der Einſamkeit, Als wollten ſie was ſagen Von der alten, ſchoͤnen Zeit. Die Mondesſchimmer fliegen, Als ſeh' ich unter mir Das Schloß im Thale liegen, Und iſt doch ſo weit von hier! 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/51
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/51>, abgerufen am 23.11.2024.