Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.Und die Müde in den Armen, Springt er abwärts, sinkt und ringt, Hält den Leib, den blühendwarmen, Bis er alle Wogen zwingt, Und am Blumenstrand gerettet, Auf das Gras sein Liebstes bettet. "Wache auf, wach' auf, Du Schöne! Liebesheimath ringsum lacht, Zaubrisch ringen Duft und Töne, Wunderbarer Blumen Pracht Funkelt rings im Morgengolde -- Schau um Dich! wach auf, Du Holde!" Aber frei von Lust und Kummer Ruht die liebliche Gestalt Lächelnd noch im längsten Schlummer, Und das Herz ist still und kalt, Still der Himmel, still im Meere, Schimmernd rings des Thaues Zähre. Und er sinkt zu ihr vor Schmerzen, Einsam in dem fremden Thal, Thränen aus dem wilden Herzen Brechen da zum Erstenmal, Und vor diesem Todesbilde Wird die ganze Seele milde. Von der langen Täuschung trennt er
Schauernd sich -- der Stolz entweicht, Andre Heimath nun erkennt er, Die kein Seegel hier erreicht, Und die Muͤde in den Armen, Springt er abwaͤrts, ſinkt und ringt, Haͤlt den Leib, den bluͤhendwarmen, Bis er alle Wogen zwingt, Und am Blumenſtrand gerettet, Auf das Gras ſein Liebſtes bettet. „Wache auf, wach' auf, Du Schoͤne! Liebesheimath ringsum lacht, Zaubriſch ringen Duft und Toͤne, Wunderbarer Blumen Pracht Funkelt rings im Morgengolde — Schau um Dich! wach auf, Du Holde!“ Aber frei von Luſt und Kummer Ruht die liebliche Geſtalt Laͤchelnd noch im laͤngſten Schlummer, Und das Herz iſt ſtill und kalt, Still der Himmel, ſtill im Meere, Schimmernd rings des Thaues Zaͤhre. Und er ſinkt zu ihr vor Schmerzen, Einſam in dem fremden Thal, Thraͤnen aus dem wilden Herzen Brechen da zum Erſtenmal, Und vor dieſem Todesbilde Wird die ganze Seele milde. Von der langen Taͤuſchung trennt er
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Und am Blumenſtrand gerettet,
Auf das Gras ſein Liebſtes bettet.
„Wache auf, wach' auf, Du Schoͤne!
Liebesheimath ringsum lacht,
Zaubriſch ringen Duft und Toͤne,
Wunderbarer Blumen Pracht
Funkelt rings im Morgengolde —
Schau um Dich! wach auf, Du Holde!“
Aber frei von Luſt und Kummer
Ruht die liebliche Geſtalt
Laͤchelnd noch im laͤngſten Schlummer,
Und das Herz iſt ſtill und kalt,
Still der Himmel, ſtill im Meere,
Schimmernd rings des Thaues Zaͤhre.
Und er ſinkt zu ihr vor Schmerzen,
Einſam in dem fremden Thal,
Thraͤnen aus dem wilden Herzen
Brechen da zum Erſtenmal,
Und vor dieſem Todesbilde
Wird die ganze Seele milde.
Von der langen Taͤuſchung trennt er
Schauernd ſich — der Stolz entweicht,
Andre Heimath nun erkennt er,
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