Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.Thränen in dem Grase hingen, Durch die abendstille Rund Klagend nun die Quellen gingen, Und ich weint' aus Herzensgrund. III. Was ist mir denn so wehe? Es liegt ja wie im Traum Der Grund schon wo ich stehe, Die Wälder säuseln kaum Noch von der dunklen Höhe. Es komme wie es will, Was ist mir denn so wehe -- Wie bald wird alles still. IV. Das ist's, was mich ganz verstöret: Daß die Nacht nicht Ruhe hält, Wenn zu athmen aufgehöret Lange schon die müde Welt. Daß die Glocken, die da schlagen, Und im Wald der leise Wind Jede Nacht von neuem klagen Um mein liebes, süßes Kind. Daß mein Herz nicht konnte brechen Bei dem letzten Todeskuß, Daß ich wie im Wahnsinn sprechen Nun in irren Liedern muß. Thraͤnen in dem Graſe hingen, Durch die abendſtille Rund Klagend nun die Quellen gingen, Und ich weint' aus Herzensgrund. III. Was iſt mir denn ſo wehe? Es liegt ja wie im Traum Der Grund ſchon wo ich ſtehe, Die Waͤlder ſaͤuſeln kaum Noch von der dunklen Hoͤhe. Es komme wie es will, Was iſt mir denn ſo wehe — Wie bald wird alles ſtill. IV. Das iſt's, was mich ganz verſtoͤret: Daß die Nacht nicht Ruhe haͤlt, Wenn zu athmen aufgehoͤret Lange ſchon die muͤde Welt. Daß die Glocken, die da ſchlagen, Und im Wald der leiſe Wind Jede Nacht von neuem klagen Um mein liebes, ſuͤßes Kind. Daß mein Herz nicht konnte brechen Bei dem letzten Todeskuß, Daß ich wie im Wahnſinn ſprechen Nun in irren Liedern muß. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg> <pb facs="#f0344" n="326"/> <lg type="poem"> <l>Thraͤnen in dem Graſe hingen,</l><lb/> <l>Durch die abendſtille Rund</l><lb/> <l>Klagend nun die Quellen gingen,</l><lb/> <l>Und ich weint' aus Herzensgrund.</l><lb/> </lg> </lg> <lg> <head><hi rendition="#aq">III</hi>.<lb/></head> <lg type="poem"> <l>Was iſt mir denn ſo wehe?</l><lb/> <l>Es liegt ja wie im Traum</l><lb/> <l>Der Grund ſchon wo ich ſtehe,</l><lb/> <l>Die Waͤlder ſaͤuſeln kaum</l><lb/> <l>Noch von der dunklen Hoͤhe.</l><lb/> <l>Es komme wie es will,</l><lb/> <l>Was iſt mir denn ſo wehe —</l><lb/> <l>Wie bald wird alles ſtill.</l><lb/> </lg> </lg> <lg> <head><hi rendition="#aq">IV</hi>.<lb/></head> <lg type="poem"> <l>Das iſt's, was mich ganz verſtoͤret:</l><lb/> <l>Daß die Nacht nicht Ruhe haͤlt,</l><lb/> <l>Wenn zu athmen aufgehoͤret</l><lb/> <l>Lange ſchon die muͤde Welt.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Daß die Glocken, die da ſchlagen,</l><lb/> <l>Und im Wald der leiſe Wind</l><lb/> <l>Jede Nacht von neuem klagen</l><lb/> <l>Um mein liebes, ſuͤßes Kind.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Daß mein Herz nicht konnte brechen</l><lb/> <l>Bei dem letzten Todeskuß,</l><lb/> <l>Daß ich wie im Wahnſinn ſprechen</l><lb/> <l>Nun in irren Liedern muß.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [326/0344]
Thraͤnen in dem Graſe hingen,
Durch die abendſtille Rund
Klagend nun die Quellen gingen,
Und ich weint' aus Herzensgrund.
III.
Was iſt mir denn ſo wehe?
Es liegt ja wie im Traum
Der Grund ſchon wo ich ſtehe,
Die Waͤlder ſaͤuſeln kaum
Noch von der dunklen Hoͤhe.
Es komme wie es will,
Was iſt mir denn ſo wehe —
Wie bald wird alles ſtill.
IV.
Das iſt's, was mich ganz verſtoͤret:
Daß die Nacht nicht Ruhe haͤlt,
Wenn zu athmen aufgehoͤret
Lange ſchon die muͤde Welt.
Daß die Glocken, die da ſchlagen,
Und im Wald der leiſe Wind
Jede Nacht von neuem klagen
Um mein liebes, ſuͤßes Kind.
Daß mein Herz nicht konnte brechen
Bei dem letzten Todeskuß,
Daß ich wie im Wahnſinn ſprechen
Nun in irren Liedern muß.
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Zitationshilfe: | Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/344>, abgerufen am 23.07.2024. |