Wie oft, wenn wir im Garten ruhig waren, Sagte mein Bruder mir vor vielen Jahren: "Dem schönen Lenz gleicht recht die erste Liebe. Wann draußen neu geschmückt die Frühlingsbühne, Die Reiter blitzend unten zieh'n durch's Grüne, In blauer Luft die Lerchen lustig schwirren, Läßt sie sich weit in's Land hinaus verführen. Fragt nicht wohin, und mag sich gern verirren, Den Stimmen folgend, die sie wirrend führen. Da wendet auf den Feldern sich der Wind, Die Vögel hoch durch Nebel zieh'n nach Haus; Es wird so still, das schöne Fest ist aus. Gar weit die Heimath liegt, das schöne Kind Find't nicht nach Hause mehr, nicht weiter fort -- Hüt' dich, such' früh dir einen sichern Port!"
Wie oft, wenn wir im Garten ruhig waren, Sagte mein Bruder mir vor vielen Jahren: „Dem ſchoͤnen Lenz gleicht recht die erſte Liebe. Wann draußen neu geſchmuͤckt die Fruͤhlingsbuͤhne, Die Reiter blitzend unten zieh'n durch's Gruͤne, In blauer Luft die Lerchen luſtig ſchwirren, Laͤßt ſie ſich weit in's Land hinaus verfuͤhren. Fragt nicht wohin, und mag ſich gern verirren, Den Stimmen folgend, die ſie wirrend fuͤhren. Da wendet auf den Feldern ſich der Wind, Die Voͤgel hoch durch Nebel zieh'n nach Haus; Es wird ſo ſtill, das ſchoͤne Feſt iſt aus. Gar weit die Heimath liegt, das ſchoͤne Kind Find't nicht nach Hauſe mehr, nicht weiter fort — Huͤt' dich, ſuch' fruͤh dir einen ſichern Port!“
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lg><pbfacs="#f0308"n="290"/><lgtype="poem"><l>Wie oft, wenn wir im Garten ruhig waren,</l><lb/><l>Sagte mein Bruder mir vor vielen Jahren:</l><lb/><l>„Dem ſchoͤnen Lenz gleicht recht die erſte Liebe.</l><lb/><l>Wann draußen neu geſchmuͤckt die Fruͤhlingsbuͤhne,</l><lb/><l>Die Reiter blitzend unten zieh'n durch's Gruͤne,</l><lb/><l>In blauer Luft die Lerchen luſtig ſchwirren,</l><lb/><l>Laͤßt ſie ſich weit in's Land hinaus verfuͤhren.</l><lb/><l>Fragt nicht wohin, und mag ſich gern verirren,</l><lb/><l>Den Stimmen folgend, die ſie wirrend fuͤhren.</l><lb/><l>Da wendet auf den Feldern ſich der Wind,</l><lb/><l>Die Voͤgel hoch durch Nebel zieh'n nach Haus;</l><lb/><l>Es wird ſo ſtill, das ſchoͤne Feſt iſt aus.</l><lb/><l>Gar weit die Heimath liegt, das ſchoͤne Kind</l><lb/><l>Find't nicht nach Hauſe mehr, nicht weiter fort —</l><lb/><l>Huͤt' dich, ſuch' fruͤh dir einen ſichern Port!“</l><lb/></lg></lg><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></div></body></text></TEI>
[290/0308]
Wie oft, wenn wir im Garten ruhig waren,
Sagte mein Bruder mir vor vielen Jahren:
„Dem ſchoͤnen Lenz gleicht recht die erſte Liebe.
Wann draußen neu geſchmuͤckt die Fruͤhlingsbuͤhne,
Die Reiter blitzend unten zieh'n durch's Gruͤne,
In blauer Luft die Lerchen luſtig ſchwirren,
Laͤßt ſie ſich weit in's Land hinaus verfuͤhren.
Fragt nicht wohin, und mag ſich gern verirren,
Den Stimmen folgend, die ſie wirrend fuͤhren.
Da wendet auf den Feldern ſich der Wind,
Die Voͤgel hoch durch Nebel zieh'n nach Haus;
Es wird ſo ſtill, das ſchoͤne Feſt iſt aus.
Gar weit die Heimath liegt, das ſchoͤne Kind
Find't nicht nach Hauſe mehr, nicht weiter fort —
Huͤt' dich, ſuch' fruͤh dir einen ſichern Port!“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/308>, abgerufen am 16.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.