Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
Frau Venus.
Was weckst du, Frühling, mich von neuem wieder?
Daß all' die alten Wünsche auferstehen,
Geht über's Land ein wunderbares Wehen;
Das schauert mir so lieblich durch die Glieder.
Die schöne Mutter grüßen tausend Lieder,
Die, wieder jung, im Brautkranz süß zu sehen;
Der Wald will sprechen, rauschend Ströme gehen,
Najaden tauchen singend auf und nieder.
Die Rose seh' ich geh'n aus grüner Klause
Und, wie so buhlerisch die Lüfte fächeln,
Erröthend in die laue Fluth sich dehnen.
So mich auch ruft ihr aus dem stillen Hause --
Und schmerzlich nun muß ich im Frühling lächeln,
Versinkend zwischen Duft und Klang vor Sehnen.

Frau Venus.
Was weckſt du, Fruͤhling, mich von neuem wieder?
Daß all' die alten Wuͤnſche auferſtehen,
Geht uͤber's Land ein wunderbares Wehen;
Das ſchauert mir ſo lieblich durch die Glieder.
Die ſchoͤne Mutter gruͤßen tauſend Lieder,
Die, wieder jung, im Brautkranz ſuͤß zu ſehen;
Der Wald will ſprechen, rauſchend Stroͤme gehen,
Najaden tauchen ſingend auf und nieder.
Die Roſe ſeh' ich geh'n aus gruͤner Klauſe
Und, wie ſo buhleriſch die Luͤfte faͤcheln,
Erroͤthend in die laue Fluth ſich dehnen.
So mich auch ruft ihr aus dem ſtillen Hauſe —
Und ſchmerzlich nun muß ich im Fruͤhling laͤcheln,
Verſinkend zwiſchen Duft und Klang vor Sehnen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0302" n="284"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b #g">Frau Venus</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/>
          </head>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">W</hi>as weck&#x017F;t du, Fru&#x0364;hling, mich von neuem wieder?</l><lb/>
            <l>Daß all' die alten Wu&#x0364;n&#x017F;che aufer&#x017F;tehen,</l><lb/>
            <l>Geht u&#x0364;ber's Land ein wunderbares Wehen;</l><lb/>
            <l>Das &#x017F;chauert mir &#x017F;o lieblich durch die Glieder.</l><lb/>
          </lg>
          <lg type="poem">
            <l>Die &#x017F;cho&#x0364;ne Mutter gru&#x0364;ßen tau&#x017F;end Lieder,</l><lb/>
            <l>Die, wieder jung, im Brautkranz &#x017F;u&#x0364;ß zu &#x017F;ehen;</l><lb/>
            <l>Der Wald will &#x017F;prechen, rau&#x017F;chend Stro&#x0364;me gehen,</l><lb/>
            <l>Najaden tauchen &#x017F;ingend auf und nieder.</l><lb/>
          </lg>
          <lg type="poem">
            <l>Die Ro&#x017F;e &#x017F;eh' ich geh'n aus gru&#x0364;ner Klau&#x017F;e</l><lb/>
            <l>Und, wie &#x017F;o buhleri&#x017F;ch die Lu&#x0364;fte fa&#x0364;cheln,</l><lb/>
            <l>Erro&#x0364;thend in die laue Fluth &#x017F;ich dehnen.</l><lb/>
          </lg>
          <lg type="poem">
            <l>So mich auch ruft ihr aus dem &#x017F;tillen Hau&#x017F;e &#x2014;</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;chmerzlich nun muß ich im Fru&#x0364;hling la&#x0364;cheln,</l><lb/>
            <l>Ver&#x017F;inkend zwi&#x017F;chen Duft und Klang vor Sehnen.</l><lb/>
          </lg>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[284/0302] Frau Venus. Was weckſt du, Fruͤhling, mich von neuem wieder? Daß all' die alten Wuͤnſche auferſtehen, Geht uͤber's Land ein wunderbares Wehen; Das ſchauert mir ſo lieblich durch die Glieder. Die ſchoͤne Mutter gruͤßen tauſend Lieder, Die, wieder jung, im Brautkranz ſuͤß zu ſehen; Der Wald will ſprechen, rauſchend Stroͤme gehen, Najaden tauchen ſingend auf und nieder. Die Roſe ſeh' ich geh'n aus gruͤner Klauſe Und, wie ſo buhleriſch die Luͤfte faͤcheln, Erroͤthend in die laue Fluth ſich dehnen. So mich auch ruft ihr aus dem ſtillen Hauſe — Und ſchmerzlich nun muß ich im Fruͤhling laͤcheln, Verſinkend zwiſchen Duft und Klang vor Sehnen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/302
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/302>, abgerufen am 03.12.2024.