aber nun allmählich aus mehreren Schlünden dicker Tabacksqualm emporzuwirbeln begann, zog Fortunat, nachdem er in dem Lärm vergeblich nach einem Leuch¬ ter gerufen, auch über Dryander keine nähere Aus¬ kunft erhalten hatte, sich ohne Licht in sein Zimmer zurück, da er morgen mit Sonnenaufgang wieder auf¬ zubrechen gedachte.
Seine Stube ging nach dem Garten hinaus, die Glasthür stand noch weit offen, wie er sie vor einigen Stunden verlassen. Alle Bewohner des Hauses hat¬ ten mit den Gästen vollauf zu thun, es war so still draußen, daß man den Ruderschlag einzelner Fischer aus der Ferne hören konnte. Ermüdet setzte er sich auf die Schwelle hin. Da hörte er Stimmen im Garten, in einer fremden Sprache, wie es ihm schien. Bald bemerkte er beim hellen Mondschein zwei unbe¬ kannte Gestalten, die sich hier wohl für unbelauscht halten mochten. Der Eine, wie ein Jäger gekleidet, saß mit untergeschlagenen Beinen auf dem Rasen, er hatte den Hut abgenommen und in der Kühle sein Wämschen gelüftet, sein wunderschönes Haar floß in reichen Locken herab; der Mond glänzte blendend auf seiner entblößten Schulter. Der Andere kniete hinter ihm und schien die Locken zu ordnen, während sie leise und lebhaft mit einander schwatzten. Ein Brunnen, den Fortunat vor dem Gebüsch nicht sehen konnte, plauderte um die Wette mit ihnen und, je nachdem
aber nun allmaͤhlich aus mehreren Schluͤnden dicker Tabacksqualm emporzuwirbeln begann, zog Fortunat, nachdem er in dem Laͤrm vergeblich nach einem Leuch¬ ter gerufen, auch uͤber Dryander keine naͤhere Aus¬ kunft erhalten hatte, ſich ohne Licht in ſein Zimmer zuruͤck, da er morgen mit Sonnenaufgang wieder auf¬ zubrechen gedachte.
Seine Stube ging nach dem Garten hinaus, die Glasthuͤr ſtand noch weit offen, wie er ſie vor einigen Stunden verlaſſen. Alle Bewohner des Hauſes hat¬ ten mit den Gaͤſten vollauf zu thun, es war ſo ſtill draußen, daß man den Ruderſchlag einzelner Fiſcher aus der Ferne hoͤren konnte. Ermuͤdet ſetzte er ſich auf die Schwelle hin. Da hoͤrte er Stimmen im Garten, in einer fremden Sprache, wie es ihm ſchien. Bald bemerkte er beim hellen Mondſchein zwei unbe¬ kannte Geſtalten, die ſich hier wohl fuͤr unbelauſcht halten mochten. Der Eine, wie ein Jaͤger gekleidet, ſaß mit untergeſchlagenen Beinen auf dem Raſen, er hatte den Hut abgenommen und in der Kuͤhle ſein Waͤmſchen geluͤftet, ſein wunderſchoͤnes Haar floß in reichen Locken herab; der Mond glaͤnzte blendend auf ſeiner entbloͤßten Schulter. Der Andere kniete hinter ihm und ſchien die Locken zu ordnen, waͤhrend ſie leiſe und lebhaft mit einander ſchwatzten. Ein Brunnen, den Fortunat vor dem Gebuͤſch nicht ſehen konnte, plauderte um die Wette mit ihnen und, je nachdem
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aber nun allmaͤhlich aus mehreren Schluͤnden dicker
Tabacksqualm emporzuwirbeln begann, zog Fortunat,
nachdem er in dem Laͤrm vergeblich nach einem Leuch¬
ter gerufen, auch uͤber Dryander keine naͤhere Aus¬
kunft erhalten hatte, ſich ohne Licht in ſein Zimmer
zuruͤck, da er morgen mit Sonnenaufgang wieder auf¬
zubrechen gedachte.
Seine Stube ging nach dem Garten hinaus, die
Glasthuͤr ſtand noch weit offen, wie er ſie vor einigen
Stunden verlaſſen. Alle Bewohner des Hauſes hat¬
ten mit den Gaͤſten vollauf zu thun, es war ſo ſtill
draußen, daß man den Ruderſchlag einzelner Fiſcher
aus der Ferne hoͤren konnte. Ermuͤdet ſetzte er ſich
auf die Schwelle hin. Da hoͤrte er Stimmen im
Garten, in einer fremden Sprache, wie es ihm ſchien.
Bald bemerkte er beim hellen Mondſchein zwei unbe¬
kannte Geſtalten, die ſich hier wohl fuͤr unbelauſcht
halten mochten. Der Eine, wie ein Jaͤger gekleidet,
ſaß mit untergeſchlagenen Beinen auf dem Raſen, er
hatte den Hut abgenommen und in der Kuͤhle ſein
Waͤmſchen geluͤftet, ſein wunderſchoͤnes Haar floß in
reichen Locken herab; der Mond glaͤnzte blendend auf
ſeiner entbloͤßten Schulter. Der Andere kniete hinter
ihm und ſchien die Locken zu ordnen, waͤhrend ſie leiſe
und lebhaft mit einander ſchwatzten. Ein Brunnen,
den Fortunat vor dem Gebuͤſch nicht ſehen konnte,
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/302>, abgerufen am 25.11.2024.
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