von neuem auf, schnalzte mit seiner Reitgerte und parlirte immerfort keck mit drein. Die lustigen Vögel im Schiff hetzten: sie sollten sich mit einander schießen, der Abend brach auch herein und vermehrte die Ver¬ wirrung, der Pilger schwor, er wolle noch heut mit der Degenspitze aus dem schönen Jungen eine junge Schöne herauskitzeln! Das Jägerbürschchen aber flü¬ sterte heimlich seinem Gesellen zu: was fangen wir nun an? ich bitt' dich, Hänschen, rath' mir! -- Da stieß das Schiff an's Land.
Während die Anderen nun ihre Bündel, Tabacks¬ pfeifen und Feldflaschen noch zusammenrafften, eilte Dryander -- denn Niemand anders war der aben¬ teuerliche Pilgrim -- schon voraus und flog in grö߬ ter Hast nach dem Wirthshaus an dem breiten Gast¬ wirth vorüber, der das Schiff gemächlich an der Thür erwartete und ihm verwundert nachsah. In der Gast¬ stube fand er einen jungen Mann, der auf der Brü¬ stung des offenen Fensters saß und in das fröhliche abendliche Getümmel hinausschaute; dieser wandte sich schnell -- er erkannte seinen Fortunat. Ohne in der Konfusion sich zu verwundern oder ihn erst zu be¬ grüßen, rief ihm Dryander sogleich entgegen: Ver¬ fluchte Teufelsgeschichte! hast du deine Kuchenreiter mit? So ein Mädchen von Junge! Aber ich will ihm den Bart unter der Nase wegputzen, wenn er nur einen hätt'! Da ist nichts zu lachen dabei! Er hat
von neuem auf, ſchnalzte mit ſeiner Reitgerte und parlirte immerfort keck mit drein. Die luſtigen Voͤgel im Schiff hetzten: ſie ſollten ſich mit einander ſchießen, der Abend brach auch herein und vermehrte die Ver¬ wirrung, der Pilger ſchwor, er wolle noch heut mit der Degenſpitze aus dem ſchoͤnen Jungen eine junge Schoͤne herauskitzeln! Das Jaͤgerbuͤrſchchen aber fluͤ¬ ſterte heimlich ſeinem Geſellen zu: was fangen wir nun an? ich bitt' dich, Haͤnschen, rath' mir! — Da ſtieß das Schiff an's Land.
Waͤhrend die Anderen nun ihre Buͤndel, Tabacks¬ pfeifen und Feldflaſchen noch zuſammenrafften, eilte Dryander — denn Niemand anders war der aben¬ teuerliche Pilgrim — ſchon voraus und flog in groͤ߬ ter Haſt nach dem Wirthshaus an dem breiten Gaſt¬ wirth voruͤber, der das Schiff gemaͤchlich an der Thuͤr erwartete und ihm verwundert nachſah. In der Gaſt¬ ſtube fand er einen jungen Mann, der auf der Bruͤ¬ ſtung des offenen Fenſters ſaß und in das froͤhliche abendliche Getuͤmmel hinausſchaute; dieſer wandte ſich ſchnell — er erkannte ſeinen Fortunat. Ohne in der Konfuſion ſich zu verwundern oder ihn erſt zu be¬ gruͤßen, rief ihm Dryander ſogleich entgegen: Ver¬ fluchte Teufelsgeſchichte! haſt du deine Kuchenreiter mit? So ein Maͤdchen von Junge! Aber ich will ihm den Bart unter der Naſe wegputzen, wenn er nur einen haͤtt'! Da iſt nichts zu lachen dabei! Er hat
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von neuem auf, ſchnalzte mit ſeiner Reitgerte und
parlirte immerfort keck mit drein. Die luſtigen Voͤgel
im Schiff hetzten: ſie ſollten ſich mit einander ſchießen,
der Abend brach auch herein und vermehrte die Ver¬
wirrung, der Pilger ſchwor, er wolle noch heut mit
der Degenſpitze aus dem ſchoͤnen Jungen eine junge
Schoͤne herauskitzeln! Das Jaͤgerbuͤrſchchen aber fluͤ¬
ſterte heimlich ſeinem Geſellen zu: was fangen wir
nun an? ich bitt' dich, Haͤnschen, rath' mir! — Da
ſtieß das Schiff an's Land.
Waͤhrend die Anderen nun ihre Buͤndel, Tabacks¬
pfeifen und Feldflaſchen noch zuſammenrafften, eilte
Dryander — denn Niemand anders war der aben¬
teuerliche Pilgrim — ſchon voraus und flog in groͤ߬
ter Haſt nach dem Wirthshaus an dem breiten Gaſt¬
wirth voruͤber, der das Schiff gemaͤchlich an der Thuͤr
erwartete und ihm verwundert nachſah. In der Gaſt¬
ſtube fand er einen jungen Mann, der auf der Bruͤ¬
ſtung des offenen Fenſters ſaß und in das froͤhliche
abendliche Getuͤmmel hinausſchaute; dieſer wandte ſich
ſchnell — er erkannte ſeinen Fortunat. Ohne in
der Konfuſion ſich zu verwundern oder ihn erſt zu be¬
gruͤßen, rief ihm Dryander ſogleich entgegen: Ver¬
fluchte Teufelsgeſchichte! haſt du deine Kuchenreiter
mit? So ein Maͤdchen von Junge! Aber ich will
ihm den Bart unter der Naſe wegputzen, wenn er nur
einen haͤtt'! Da iſt nichts zu lachen dabei! Er hat
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/300>, abgerufen am 22.11.2024.
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