Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

gen, durch lose Worte mir das Rauhe meines Eremi¬
tenpelzes herauszukehren, denn mich erbarmt in tiefster
Seele deine Verblendung. Also von der Welt Ru¬
mor, mein Sohn, hoffst du noch immer zu lernen,
was nicht von dieser Welt ist? Ich aber sage dir:
da ist nichts zu lernen, sondern niederzustürzen auf die
Knie, denn mitten in der Stille der Waldes-Einsam¬
keit, plötzlich und von Waffen blitzend, kommt der En¬
gel des Herrn! -- Hier zog und qualmte der Zelot so
heftig aus seiner Tabackspfeife, die ihm über dem Re¬
den ausgehen wollte, daß Manfred mitten in seinem
Aerger in ein lautes Gelächter ausbrach. Das steckte
Dryander'n an, er stimmte unaufhaltsam mit ein.
Beide aber wandten sich erschrocken, als plötzlich hin¬
ter ihnen das herzhafte Lachen noch eines Dritten dar¬
einschallte.

Ein großer, starkknochiger Mann mit gebräuntem
Gesicht und wildherabhängendem Haar, eine grobe
Kutte mit einem Strick um den Leib gebunden, trat
aus dem Gebüsch hervor, und konnte sich, noch immer
lachend, gar nicht satt sehen an dem abenteuerlichen
Aufzuge des Doctors. Es ergab sich nun, daß der
Neuangekommene der eigentliche Besitzer der Klause
sey, und daß Dryander erst vor wenigen Stunden,
auf seiner Fußreise vom Gewitter überrascht und ganz
durchnäßt, sich hierher geflüchtet und, während der Ere¬

gen, durch loſe Worte mir das Rauhe meines Eremi¬
tenpelzes herauszukehren, denn mich erbarmt in tiefſter
Seele deine Verblendung. Alſo von der Welt Ru¬
mor, mein Sohn, hoffſt du noch immer zu lernen,
was nicht von dieſer Welt iſt? Ich aber ſage dir:
da iſt nichts zu lernen, ſondern niederzuſtuͤrzen auf die
Knie, denn mitten in der Stille der Waldes-Einſam¬
keit, ploͤtzlich und von Waffen blitzend, kommt der En¬
gel des Herrn! — Hier zog und qualmte der Zelot ſo
heftig aus ſeiner Tabackspfeife, die ihm uͤber dem Re¬
den ausgehen wollte, daß Manfred mitten in ſeinem
Aerger in ein lautes Gelaͤchter ausbrach. Das ſteckte
Dryander'n an, er ſtimmte unaufhaltſam mit ein.
Beide aber wandten ſich erſchrocken, als ploͤtzlich hin¬
ter ihnen das herzhafte Lachen noch eines Dritten dar¬
einſchallte.

Ein großer, ſtarkknochiger Mann mit gebraͤuntem
Geſicht und wildherabhaͤngendem Haar, eine grobe
Kutte mit einem Strick um den Leib gebunden, trat
aus dem Gebuͤſch hervor, und konnte ſich, noch immer
lachend, gar nicht ſatt ſehen an dem abenteuerlichen
Aufzuge des Doctors. Es ergab ſich nun, daß der
Neuangekommene der eigentliche Beſitzer der Klauſe
ſey, und daß Dryander erſt vor wenigen Stunden,
auf ſeiner Fußreiſe vom Gewitter uͤberraſcht und ganz
durchnaͤßt, ſich hierher gefluͤchtet und, waͤhrend der Ere¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0285" n="278"/>
gen, durch lo&#x017F;e Worte mir das Rauhe meines Eremi¬<lb/>
tenpelzes herauszukehren, denn mich erbarmt in tief&#x017F;ter<lb/>
Seele deine Verblendung. Al&#x017F;o von der Welt Ru¬<lb/>
mor, mein Sohn, hoff&#x017F;t du noch immer zu lernen,<lb/>
was nicht von die&#x017F;er Welt i&#x017F;t? Ich aber &#x017F;age dir:<lb/>
da i&#x017F;t nichts zu lernen, &#x017F;ondern niederzu&#x017F;tu&#x0364;rzen auf die<lb/>
Knie, denn mitten in der Stille der Waldes-Ein&#x017F;am¬<lb/>
keit, plo&#x0364;tzlich und von Waffen blitzend, kommt der En¬<lb/>
gel des Herrn! &#x2014; Hier zog und qualmte der Zelot &#x017F;o<lb/>
heftig aus &#x017F;einer Tabackspfeife, die ihm u&#x0364;ber dem Re¬<lb/>
den ausgehen wollte, daß Manfred mitten in &#x017F;einem<lb/>
Aerger in ein lautes Gela&#x0364;chter ausbrach. Das &#x017F;teckte<lb/>
Dryander'n an, er &#x017F;timmte unaufhalt&#x017F;am mit ein.<lb/>
Beide aber wandten &#x017F;ich er&#x017F;chrocken, als plo&#x0364;tzlich hin¬<lb/>
ter ihnen das herzhafte Lachen noch eines Dritten dar¬<lb/>
ein&#x017F;challte.</p><lb/>
          <p>Ein großer, &#x017F;tarkknochiger Mann mit gebra&#x0364;untem<lb/>
Ge&#x017F;icht und wildherabha&#x0364;ngendem Haar, eine grobe<lb/>
Kutte mit einem Strick um den Leib gebunden, trat<lb/>
aus dem Gebu&#x0364;&#x017F;ch hervor, und konnte &#x017F;ich, noch immer<lb/>
lachend, gar nicht &#x017F;att &#x017F;ehen an dem abenteuerlichen<lb/>
Aufzuge des Doctors. Es ergab &#x017F;ich nun, daß der<lb/>
Neuangekommene der eigentliche Be&#x017F;itzer der Klau&#x017F;e<lb/>
&#x017F;ey, und daß Dryander er&#x017F;t vor wenigen Stunden,<lb/>
auf &#x017F;einer Fußrei&#x017F;e vom Gewitter u&#x0364;berra&#x017F;cht und ganz<lb/>
durchna&#x0364;ßt, &#x017F;ich hierher geflu&#x0364;chtet und, wa&#x0364;hrend der Ere¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[278/0285] gen, durch loſe Worte mir das Rauhe meines Eremi¬ tenpelzes herauszukehren, denn mich erbarmt in tiefſter Seele deine Verblendung. Alſo von der Welt Ru¬ mor, mein Sohn, hoffſt du noch immer zu lernen, was nicht von dieſer Welt iſt? Ich aber ſage dir: da iſt nichts zu lernen, ſondern niederzuſtuͤrzen auf die Knie, denn mitten in der Stille der Waldes-Einſam¬ keit, ploͤtzlich und von Waffen blitzend, kommt der En¬ gel des Herrn! — Hier zog und qualmte der Zelot ſo heftig aus ſeiner Tabackspfeife, die ihm uͤber dem Re¬ den ausgehen wollte, daß Manfred mitten in ſeinem Aerger in ein lautes Gelaͤchter ausbrach. Das ſteckte Dryander'n an, er ſtimmte unaufhaltſam mit ein. Beide aber wandten ſich erſchrocken, als ploͤtzlich hin¬ ter ihnen das herzhafte Lachen noch eines Dritten dar¬ einſchallte. Ein großer, ſtarkknochiger Mann mit gebraͤuntem Geſicht und wildherabhaͤngendem Haar, eine grobe Kutte mit einem Strick um den Leib gebunden, trat aus dem Gebuͤſch hervor, und konnte ſich, noch immer lachend, gar nicht ſatt ſehen an dem abenteuerlichen Aufzuge des Doctors. Es ergab ſich nun, daß der Neuangekommene der eigentliche Beſitzer der Klauſe ſey, und daß Dryander erſt vor wenigen Stunden, auf ſeiner Fußreiſe vom Gewitter uͤberraſcht und ganz durchnaͤßt, ſich hierher gefluͤchtet und, waͤhrend der Ere¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/285
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/285>, abgerufen am 23.11.2024.