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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834.

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Zwanzigstes Kapitel .

Zu Weinsheim klangen die Abendglocken über
die anmuthige Gegend, das reiche Dorf mit seinen
frischen kühlen Gärten und dem weißen herrschaftlichen
Schlosse darüber lag schon vom Gebirge verschattet,
während die Abendsonne weiterhin die fruchtbare Ebene
und den gewundenen Strom noch heiter beleuchtete.
Auf allen Feldern war ein fröhliches Erndte-Gewim¬
mel, bis weit hinaus hörte man singen, rufen und
jauchzen und das Rasseln der Wagen dazwischen.
Mitten durch die bunte Wirrung ritt ein schöner schlan¬
ker Mann mit gebräuntem Gesicht langsam dem
Schlosse zu, nach allen Seiten für den folgenden Tag
Befehle ertheilend, und manchem scheuen, glänzenden
Blick der Bauermädchen begegnend. Es war der
junge Baron Manfred, dem diese Landschaft in dop¬
peltem Sinne angehörte, denn er hatte sie wüst ererbt,
und durch Umsicht und verständige Anregung in einen
blühenden Garten verwandelt.

In solcher Erndtezeit haben die Landschlösser etwas
unbeschreiblich Einsames. Auch Manfred fand Hof und
Haus noch leer, alle Diener schwärmten noch draußen im

Zwanzigstes Kapitel .

Zu Weinsheim klangen die Abendglocken uͤber
die anmuthige Gegend, das reiche Dorf mit ſeinen
friſchen kuͤhlen Gaͤrten und dem weißen herrſchaftlichen
Schloſſe daruͤber lag ſchon vom Gebirge verſchattet,
waͤhrend die Abendſonne weiterhin die fruchtbare Ebene
und den gewundenen Strom noch heiter beleuchtete.
Auf allen Feldern war ein froͤhliches Erndte-Gewim¬
mel, bis weit hinaus hoͤrte man ſingen, rufen und
jauchzen und das Raſſeln der Wagen dazwiſchen.
Mitten durch die bunte Wirrung ritt ein ſchoͤner ſchlan¬
ker Mann mit gebraͤuntem Geſicht langſam dem
Schloſſe zu, nach allen Seiten fuͤr den folgenden Tag
Befehle ertheilend, und manchem ſcheuen, glaͤnzenden
Blick der Bauermaͤdchen begegnend. Es war der
junge Baron Manfred, dem dieſe Landſchaft in dop¬
peltem Sinne angehoͤrte, denn er hatte ſie wuͤſt ererbt,
und durch Umſicht und verſtaͤndige Anregung in einen
bluͤhenden Garten verwandelt.

In ſolcher Erndtezeit haben die Landſchloͤſſer etwas
unbeſchreiblich Einſames. Auch Manfred fand Hof und
Haus noch leer, alle Diener ſchwaͤrmten noch draußen im

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[263/0270] Zwanzigstes Kapitel . Zu Weinsheim klangen die Abendglocken uͤber die anmuthige Gegend, das reiche Dorf mit ſeinen friſchen kuͤhlen Gaͤrten und dem weißen herrſchaftlichen Schloſſe daruͤber lag ſchon vom Gebirge verſchattet, waͤhrend die Abendſonne weiterhin die fruchtbare Ebene und den gewundenen Strom noch heiter beleuchtete. Auf allen Feldern war ein froͤhliches Erndte-Gewim¬ mel, bis weit hinaus hoͤrte man ſingen, rufen und jauchzen und das Raſſeln der Wagen dazwiſchen. Mitten durch die bunte Wirrung ritt ein ſchoͤner ſchlan¬ ker Mann mit gebraͤuntem Geſicht langſam dem Schloſſe zu, nach allen Seiten fuͤr den folgenden Tag Befehle ertheilend, und manchem ſcheuen, glaͤnzenden Blick der Bauermaͤdchen begegnend. Es war der junge Baron Manfred, dem dieſe Landſchaft in dop¬ peltem Sinne angehoͤrte, denn er hatte ſie wuͤſt ererbt, und durch Umſicht und verſtaͤndige Anregung in einen bluͤhenden Garten verwandelt. In ſolcher Erndtezeit haben die Landſchloͤſſer etwas unbeſchreiblich Einſames. Auch Manfred fand Hof und Haus noch leer, alle Diener ſchwaͤrmten noch draußen im

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/270>, abgerufen am 27.11.2024.