fremden Lauten, wie Glöckchen, verlockend durch die morgenfrische Wildniß gehen. So war er die helle, stille Marmortreppe hinabgeeilt, um Rom, den Gar¬ ten, den jungen Frühling und den alten Marchese zu begrüßen.
Nach allen Seiten fröhlich umschauend, wurde er in einiger Entfernung vor sich einen stattlichen Herrn mit gepudertem Haar, Schnallenschuhen und einem alten hofmäßigen Kleide gewahr, welcher ein junges Frauenzimmer am Arm führte, während ein Bedienter in verschossener Liverey mit einem Sonnenschirm und in sichtbarer Langeweile ihnen langsam nachschlenderte. Seine Vermuthung bestätigte sich bald, es war der alte Marchese A., welcher seinen Gast kaum bemerkt hatte, als er ihn in französischer Sprache sehr feier¬ lich willkommen hieß und ihm in seiner Begleiterin seine Tochter Fiametta vorstellte, die erröthend ihre langen schwarzen Augenwimpern senkte, da sie auf Fortunats Rock noch einige Apfelblüthen erblickte. Dann lud er den Fremden ein, an ihrer Morgenpro¬ menade Theil zu nehmen. Fortunaten war es, da sie nun in künstlicher Verschlingung zierlicher Redensarten an den Buxbaumwänden durch die langen Alleen mit perspectivischen Aussichten gemessen dahinschritten, als wüchse ihm langsam ein Haarbeutel im Nacken und ein Stahldegen zwischen den Rockschößen heraus, und er ginge mmer tiefer und tiefer in jene gute alte wun¬
fremden Lauten, wie Gloͤckchen, verlockend durch die morgenfriſche Wildniß gehen. So war er die helle, ſtille Marmortreppe hinabgeeilt, um Rom, den Gar¬ ten, den jungen Fruͤhling und den alten Marcheſe zu begruͤßen.
Nach allen Seiten froͤhlich umſchauend, wurde er in einiger Entfernung vor ſich einen ſtattlichen Herrn mit gepudertem Haar, Schnallenſchuhen und einem alten hofmaͤßigen Kleide gewahr, welcher ein junges Frauenzimmer am Arm fuͤhrte, waͤhrend ein Bedienter in verſchoſſener Liverey mit einem Sonnenſchirm und in ſichtbarer Langeweile ihnen langſam nachſchlenderte. Seine Vermuthung beſtaͤtigte ſich bald, es war der alte Marcheſe A., welcher ſeinen Gaſt kaum bemerkt hatte, als er ihn in franzoͤſiſcher Sprache ſehr feier¬ lich willkommen hieß und ihm in ſeiner Begleiterin ſeine Tochter Fiametta vorſtellte, die erroͤthend ihre langen ſchwarzen Augenwimpern ſenkte, da ſie auf Fortunats Rock noch einige Apfelbluͤthen erblickte. Dann lud er den Fremden ein, an ihrer Morgenpro¬ menade Theil zu nehmen. Fortunaten war es, da ſie nun in kuͤnſtlicher Verſchlingung zierlicher Redensarten an den Buxbaumwaͤnden durch die langen Alleen mit perſpectiviſchen Ausſichten gemeſſen dahinſchritten, als wuͤchſe ihm langſam ein Haarbeutel im Nacken und ein Stahldegen zwiſchen den Rockſchoͤßen heraus, und er ginge mmer tiefer und tiefer in jene gute alte wun¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0198"n="191"/>
fremden Lauten, wie Gloͤckchen, verlockend durch die<lb/>
morgenfriſche Wildniß gehen. So war er die helle,<lb/>ſtille Marmortreppe hinabgeeilt, um Rom, den Gar¬<lb/>
ten, den jungen Fruͤhling und den alten Marcheſe zu<lb/>
begruͤßen.</p><lb/><p>Nach allen Seiten froͤhlich umſchauend, wurde er<lb/>
in einiger Entfernung vor ſich einen ſtattlichen Herrn<lb/>
mit gepudertem Haar, Schnallenſchuhen und einem<lb/>
alten hofmaͤßigen Kleide gewahr, welcher ein junges<lb/>
Frauenzimmer am Arm fuͤhrte, waͤhrend ein Bedienter<lb/>
in verſchoſſener Liverey mit einem Sonnenſchirm und<lb/>
in ſichtbarer Langeweile ihnen langſam nachſchlenderte.<lb/>
Seine Vermuthung beſtaͤtigte ſich bald, es war der<lb/>
alte Marcheſe A., welcher ſeinen Gaſt kaum bemerkt<lb/>
hatte, als er ihn in franzoͤſiſcher Sprache ſehr feier¬<lb/>
lich willkommen hieß und ihm in ſeiner Begleiterin<lb/>ſeine Tochter Fiametta vorſtellte, die erroͤthend ihre<lb/>
langen ſchwarzen Augenwimpern ſenkte, da ſie auf<lb/>
Fortunats Rock noch einige Apfelbluͤthen erblickte.<lb/>
Dann lud er den Fremden ein, an ihrer Morgenpro¬<lb/>
menade Theil zu nehmen. Fortunaten war es, da ſie<lb/>
nun in kuͤnſtlicher Verſchlingung zierlicher Redensarten<lb/>
an den Buxbaumwaͤnden durch die langen Alleen mit<lb/>
perſpectiviſchen Ausſichten gemeſſen dahinſchritten, als<lb/>
wuͤchſe ihm langſam ein Haarbeutel im Nacken und<lb/>
ein Stahldegen zwiſchen den Rockſchoͤßen heraus, und<lb/>
er ginge mmer tiefer und tiefer in jene gute alte wun¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[191/0198]
fremden Lauten, wie Gloͤckchen, verlockend durch die
morgenfriſche Wildniß gehen. So war er die helle,
ſtille Marmortreppe hinabgeeilt, um Rom, den Gar¬
ten, den jungen Fruͤhling und den alten Marcheſe zu
begruͤßen.
Nach allen Seiten froͤhlich umſchauend, wurde er
in einiger Entfernung vor ſich einen ſtattlichen Herrn
mit gepudertem Haar, Schnallenſchuhen und einem
alten hofmaͤßigen Kleide gewahr, welcher ein junges
Frauenzimmer am Arm fuͤhrte, waͤhrend ein Bedienter
in verſchoſſener Liverey mit einem Sonnenſchirm und
in ſichtbarer Langeweile ihnen langſam nachſchlenderte.
Seine Vermuthung beſtaͤtigte ſich bald, es war der
alte Marcheſe A., welcher ſeinen Gaſt kaum bemerkt
hatte, als er ihn in franzoͤſiſcher Sprache ſehr feier¬
lich willkommen hieß und ihm in ſeiner Begleiterin
ſeine Tochter Fiametta vorſtellte, die erroͤthend ihre
langen ſchwarzen Augenwimpern ſenkte, da ſie auf
Fortunats Rock noch einige Apfelbluͤthen erblickte.
Dann lud er den Fremden ein, an ihrer Morgenpro¬
menade Theil zu nehmen. Fortunaten war es, da ſie
nun in kuͤnſtlicher Verſchlingung zierlicher Redensarten
an den Buxbaumwaͤnden durch die langen Alleen mit
perſpectiviſchen Ausſichten gemeſſen dahinſchritten, als
wuͤchſe ihm langſam ein Haarbeutel im Nacken und
ein Stahldegen zwiſchen den Rockſchoͤßen heraus, und
er ginge mmer tiefer und tiefer in jene gute alte wun¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/198>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.