in's Herz treffen, versetzte der ästhetische Prediger. -- Prediger! sagte der Baron, ihn bei der Hand festhal¬ tend, ich bitt' euch um Gotteswillen, lauft mir jetzt nicht davon, ihr müßt gelehrt sprechen mit den Leu¬ ten, mir ist's immer, wie Chaldäisch im Halse unter ihnen. -- Nun, nun, wir wollen schon machen, erwie¬ derte der Prediger, zufrieden schmunzelnd.
Fräulein Trudchen aber war schon wie ein Reh über Wallgraben und Sträucher nach dem Schlosse gesprungen. Da gab's ein wahres Volksfest, die Thü¬ ren flogen krachend auf und zu, die Hunde bellten, die alten Sophas und Stühle wurden ausgeklopft, daß es rauchte, zuweilen hörte man das lustige Lachen des Fräuleins dazwischen. Zuletzt band sie nur noch schnell ihre neue Schürze um; sie wußt' es wohl, sie war hübsch genug, so wie sie war.
Nun aber begann auch schon draußen der Lärm. In hastiger Flucht brachen Gewitter und Gäste zu¬ sammen herein; der kleine Hof füllte sich plötzlich mit Glanz und Getümmel von eleganten Uniformen, Rei¬ tern und Rossen, der Regen fiel schon in einzelnen großen Tropfen, Tücher, Mäntel und Schleier flat¬ terten im Sturm durcheinander, und bunte Jokey's flogen von den Pferden, um in der Verwirrung den Herrschaften herabzuhelfen, während die Mägde und Knechte des Barons, ihre Mützen in der Hand, ganz verwirrt in den Thüren standen. Der Fürst war der
in's Herz treffen, verſetzte der aͤſthetiſche Prediger. — Prediger! ſagte der Baron, ihn bei der Hand feſthal¬ tend, ich bitt' euch um Gotteswillen, lauft mir jetzt nicht davon, ihr muͤßt gelehrt ſprechen mit den Leu¬ ten, mir iſt's immer, wie Chaldaͤiſch im Halſe unter ihnen. — Nun, nun, wir wollen ſchon machen, erwie¬ derte der Prediger, zufrieden ſchmunzelnd.
Fraͤulein Trudchen aber war ſchon wie ein Reh uͤber Wallgraben und Straͤucher nach dem Schloſſe geſprungen. Da gab's ein wahres Volksfeſt, die Thuͤ¬ ren flogen krachend auf und zu, die Hunde bellten, die alten Sophas und Stuͤhle wurden ausgeklopft, daß es rauchte, zuweilen hoͤrte man das luſtige Lachen des Fraͤuleins dazwiſchen. Zuletzt band ſie nur noch ſchnell ihre neue Schuͤrze um; ſie wußt' es wohl, ſie war huͤbſch genug, ſo wie ſie war.
Nun aber begann auch ſchon draußen der Laͤrm. In haſtiger Flucht brachen Gewitter und Gaͤſte zu¬ ſammen herein; der kleine Hof fuͤllte ſich ploͤtzlich mit Glanz und Getuͤmmel von eleganten Uniformen, Rei¬ tern und Roſſen, der Regen fiel ſchon in einzelnen großen Tropfen, Tuͤcher, Maͤntel und Schleier flat¬ terten im Sturm durcheinander, und bunte Jokey's flogen von den Pferden, um in der Verwirrung den Herrſchaften herabzuhelfen, waͤhrend die Maͤgde und Knechte des Barons, ihre Muͤtzen in der Hand, ganz verwirrt in den Thuͤren ſtanden. Der Fuͤrſt war der
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in's Herz treffen, verſetzte der aͤſthetiſche Prediger. —
Prediger! ſagte der Baron, ihn bei der Hand feſthal¬
tend, ich bitt' euch um Gotteswillen, lauft mir jetzt
nicht davon, ihr muͤßt gelehrt ſprechen mit den Leu¬
ten, mir iſt's immer, wie Chaldaͤiſch im Halſe unter
ihnen. — Nun, nun, wir wollen ſchon machen, erwie¬
derte der Prediger, zufrieden ſchmunzelnd.
Fraͤulein Trudchen aber war ſchon wie ein Reh
uͤber Wallgraben und Straͤucher nach dem Schloſſe
geſprungen. Da gab's ein wahres Volksfeſt, die Thuͤ¬
ren flogen krachend auf und zu, die Hunde bellten, die
alten Sophas und Stuͤhle wurden ausgeklopft, daß es
rauchte, zuweilen hoͤrte man das luſtige Lachen des
Fraͤuleins dazwiſchen. Zuletzt band ſie nur noch ſchnell
ihre neue Schuͤrze um; ſie wußt' es wohl, ſie war
huͤbſch genug, ſo wie ſie war.
Nun aber begann auch ſchon draußen der Laͤrm.
In haſtiger Flucht brachen Gewitter und Gaͤſte zu¬
ſammen herein; der kleine Hof fuͤllte ſich ploͤtzlich mit
Glanz und Getuͤmmel von eleganten Uniformen, Rei¬
tern und Roſſen, der Regen fiel ſchon in einzelnen
großen Tropfen, Tuͤcher, Maͤntel und Schleier flat¬
terten im Sturm durcheinander, und bunte Jokey's
flogen von den Pferden, um in der Verwirrung den
Herrſchaften herabzuhelfen, waͤhrend die Maͤgde und
Knechte des Barons, ihre Muͤtzen in der Hand, ganz
verwirrt in den Thuͤren ſtanden. Der Fuͤrſt war der
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/125>, abgerufen am 25.11.2024.
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