Du hast einen weisen Menschensinn, mein Sohn, versetzte hier Ruprecht, und kannst hierbei leicht ab¬ nehmen und probiren, was unsere Manier vor anderer Menschen Leben für einen Vorzug habe, wenn du nämlich siehst, wie wir hier in unserer Freiheit auf den alten Kaiser leben, wie die Marder und Füchse. Was ist Reichthum, was ist Geld, Habe? Wenn ich's nicht habe, acht' ich's für gar nichts, und wenn ich's habe, schmeiß' ich's gleich wieder weg. Man muß immer als Philosoph denken, glaube einem alten Genie, mein Sohn, und werden die Lichter ausge¬ putzt, und es kommt die Nacht und die Schlafenszeit, so sind doch alle wieder gleich, Zigeuner und andere Leut'!
Oho! riefen hier die Anderen darein! denen der Sermon schon zu lang wurde, eine moralische Li¬ buschka! eine philosophische Zigeunerin! Ruprecht schimpfte sie ganz erbost Ignoranten, die wie die Och¬ sen mit eingelegten Hörnern ins Blaue hineinrennten. Aber sie hörten nicht auf ihn. Ein Paar rüstige Ge¬ sellen erwischten Otto'n bei beiden Beinen, und schwan¬ gen ihn vor die Frau Libuschka auf den Esel, den Kordelchen unterdeß mit bunten Bändern ausgeschmückt hatte; andere faßten die Zügel, und so wälzte sich der ganze tolle Zug nach dem Gartenpalaste hin.
Hier aber wurden sie selbst überrascht, die Zu¬ rückgebliebenen hatten sich schnell verkleidet und unter
Du haſt einen weiſen Menſchenſinn, mein Sohn, verſetzte hier Ruprecht, und kannſt hierbei leicht ab¬ nehmen und probiren, was unſere Manier vor anderer Menſchen Leben fuͤr einen Vorzug habe, wenn du naͤmlich ſiehſt, wie wir hier in unſerer Freiheit auf den alten Kaiſer leben, wie die Marder und Fuͤchſe. Was iſt Reichthum, was iſt Geld, Habe? Wenn ich's nicht habe, acht' ich's fuͤr gar nichts, und wenn ich's habe, ſchmeiß' ich's gleich wieder weg. Man muß immer als Philoſoph denken, glaube einem alten Genie, mein Sohn, und werden die Lichter ausge¬ putzt, und es kommt die Nacht und die Schlafenszeit, ſo ſind doch alle wieder gleich, Zigeuner und andere Leut'!
Oho! riefen hier die Anderen darein! denen der Sermon ſchon zu lang wurde, eine moraliſche Li¬ buſchka! eine philoſophiſche Zigeunerin! Ruprecht ſchimpfte ſie ganz erboſt Ignoranten, die wie die Och¬ ſen mit eingelegten Hoͤrnern ins Blaue hineinrennten. Aber ſie hoͤrten nicht auf ihn. Ein Paar ruͤſtige Ge¬ ſellen erwiſchten Otto'n bei beiden Beinen, und ſchwan¬ gen ihn vor die Frau Libuſchka auf den Eſel, den Kordelchen unterdeß mit bunten Baͤndern ausgeſchmuͤckt hatte; andere faßten die Zuͤgel, und ſo waͤlzte ſich der ganze tolle Zug nach dem Gartenpalaſte hin.
Hier aber wurden ſie ſelbſt uͤberraſcht, die Zu¬ ruͤckgebliebenen hatten ſich ſchnell verkleidet und unter
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Du haſt einen weiſen Menſchenſinn, mein Sohn,
verſetzte hier Ruprecht, und kannſt hierbei leicht ab¬
nehmen und probiren, was unſere Manier vor anderer
Menſchen Leben fuͤr einen Vorzug habe, wenn du
naͤmlich ſiehſt, wie wir hier in unſerer Freiheit auf
den alten Kaiſer leben, wie die Marder und Fuͤchſe.
Was iſt Reichthum, was iſt Geld, Habe? Wenn
ich's nicht habe, acht' ich's fuͤr gar nichts, und wenn
ich's habe, ſchmeiß' ich's gleich wieder weg. Man
muß immer als Philoſoph denken, glaube einem alten
Genie, mein Sohn, und werden die Lichter ausge¬
putzt, und es kommt die Nacht und die Schlafenszeit,
ſo ſind doch alle wieder gleich, Zigeuner und andere
Leut'!
Oho! riefen hier die Anderen darein! denen der
Sermon ſchon zu lang wurde, eine moraliſche Li¬
buſchka! eine philoſophiſche Zigeunerin! Ruprecht
ſchimpfte ſie ganz erboſt Ignoranten, die wie die Och¬
ſen mit eingelegten Hoͤrnern ins Blaue hineinrennten.
Aber ſie hoͤrten nicht auf ihn. Ein Paar ruͤſtige Ge¬
ſellen erwiſchten Otto'n bei beiden Beinen, und ſchwan¬
gen ihn vor die Frau Libuſchka auf den Eſel, den
Kordelchen unterdeß mit bunten Baͤndern ausgeſchmuͤckt
hatte; andere faßten die Zuͤgel, und ſo waͤlzte ſich der
ganze tolle Zug nach dem Gartenpalaſte hin.
Hier aber wurden ſie ſelbſt uͤberraſcht, die Zu¬
ruͤckgebliebenen hatten ſich ſchnell verkleidet und unter
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/115>, abgerufen am 25.11.2024.
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