rathen zu seyn, und kamen in vollem Zanke daher, einige von ihnen waren bemüht, von hinten einen wi¬ derspenstigen Esel vorzuschieben, auf dem eine seltsame, phantastisch geschmückte Weibergestalt saß, die voll Zorn nach den ungestümen Treibern zurückschimpfte. Wie eine Zigeunerkönigin hatte sie ihr langes zottiges Haar mit einer Schnur von Gold und Edelsteinen oben in ein Krönchen zusammengefaßt, in den Ohren trug sie schwere Gehenke von geschmelzter Arbeit, ihre Schabracke war von Scharlach, das grüne Kleid mit silbernen Posamenten verbrämt, und ihr schneeweißes Hemd an den Näthen mit schwarzer Seide nach böh¬ mischer Art ausgenäht, woraus sie hervorschien, wie eine Heidelbeere aus der Milch. -- Jetzt erst erkannte Fortunat in dem Gesindel nach und nach die Gesich¬ ter der Schauspieler, ohne zu begreifen, wie sie zu dem Narrenstreiche kamen. Seitwärts bemerkte er nun auch Kamilla, welche die Rolle der Preziosa über¬ nommen zu haben schien, wozu sie ihre große, noble Figur besonders geeignet glaubte. Sie schwärmte ab¬ gesondert von den andern, eine Guitarre im Arm, und sang: "Einsam bin ich nicht alleine." Aber sie blieb doch allein, denn alles lief einer jungen, schönen Zigeunerin nach, die plötzlich wie ein wildes Reh aus dem Walde brach. Die pechschwarzen Haare hingen glänzend über Stirn und Wangen, ihr Gesicht war wie eine schöne Nacht. Sie blieb dicht vor Otto
rathen zu ſeyn, und kamen in vollem Zanke daher, einige von ihnen waren bemuͤht, von hinten einen wi¬ derſpenſtigen Eſel vorzuſchieben, auf dem eine ſeltſame, phantaſtiſch geſchmuͤckte Weibergeſtalt ſaß, die voll Zorn nach den ungeſtuͤmen Treibern zuruͤckſchimpfte. Wie eine Zigeunerkoͤnigin hatte ſie ihr langes zottiges Haar mit einer Schnur von Gold und Edelſteinen oben in ein Kroͤnchen zuſammengefaßt, in den Ohren trug ſie ſchwere Gehenke von geſchmelzter Arbeit, ihre Schabracke war von Scharlach, das gruͤne Kleid mit ſilbernen Poſamenten verbraͤmt, und ihr ſchneeweißes Hemd an den Naͤthen mit ſchwarzer Seide nach boͤh¬ miſcher Art ausgenaͤht, woraus ſie hervorſchien, wie eine Heidelbeere aus der Milch. — Jetzt erſt erkannte Fortunat in dem Geſindel nach und nach die Geſich¬ ter der Schauſpieler, ohne zu begreifen, wie ſie zu dem Narrenſtreiche kamen. Seitwaͤrts bemerkte er nun auch Kamilla, welche die Rolle der Prezioſa uͤber¬ nommen zu haben ſchien, wozu ſie ihre große, noble Figur beſonders geeignet glaubte. Sie ſchwaͤrmte ab¬ geſondert von den andern, eine Guitarre im Arm, und ſang: „Einſam bin ich nicht alleine.“ Aber ſie blieb doch allein, denn alles lief einer jungen, ſchoͤnen Zigeunerin nach, die ploͤtzlich wie ein wildes Reh aus dem Walde brach. Die pechſchwarzen Haare hingen glaͤnzend uͤber Stirn und Wangen, ihr Geſicht war wie eine ſchoͤne Nacht. Sie blieb dicht vor Otto
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rathen zu ſeyn, und kamen in vollem Zanke daher,
einige von ihnen waren bemuͤht, von hinten einen wi¬
derſpenſtigen Eſel vorzuſchieben, auf dem eine ſeltſame,
phantaſtiſch geſchmuͤckte Weibergeſtalt ſaß, die voll
Zorn nach den ungeſtuͤmen Treibern zuruͤckſchimpfte.
Wie eine Zigeunerkoͤnigin hatte ſie ihr langes zottiges
Haar mit einer Schnur von Gold und Edelſteinen
oben in ein Kroͤnchen zuſammengefaßt, in den Ohren
trug ſie ſchwere Gehenke von geſchmelzter Arbeit, ihre
Schabracke war von Scharlach, das gruͤne Kleid mit
ſilbernen Poſamenten verbraͤmt, und ihr ſchneeweißes
Hemd an den Naͤthen mit ſchwarzer Seide nach boͤh¬
miſcher Art ausgenaͤht, woraus ſie hervorſchien, wie
eine Heidelbeere aus der Milch. — Jetzt erſt erkannte
Fortunat in dem Geſindel nach und nach die Geſich¬
ter der Schauſpieler, ohne zu begreifen, wie ſie zu
dem Narrenſtreiche kamen. Seitwaͤrts bemerkte er
nun auch Kamilla, welche die Rolle der Prezioſa uͤber¬
nommen zu haben ſchien, wozu ſie ihre große, noble
Figur beſonders geeignet glaubte. Sie ſchwaͤrmte ab¬
geſondert von den andern, eine Guitarre im Arm,
und ſang: „Einſam bin ich nicht alleine.“ Aber ſie
blieb doch allein, denn alles lief einer jungen, ſchoͤnen
Zigeunerin nach, die ploͤtzlich wie ein wildes Reh aus
dem Walde brach. Die pechſchwarzen Haare hingen
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/113>, abgerufen am 25.11.2024.
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