fen freudig um den Hals. -- Schön, besonders zulezt sehr schön gesagt, sagte Faber, und drückte ihm herzlich die Hand. Sie meynen es doch alle beyde nicht so, wie ich, fühlte und dachte Friedrich betrübt.
Es war unterdeß schon dunkel geworden und der Abendstern funkelte vom heiteren Himmel über den Wald herüber. Da wurde ihr Gespräch auf eine lustige Art unterbrochen. Die kleine Marie, die am Morgen mit dem Jäger auf der Wiese ge¬ sungen, hatte sich nemlich als Jägerbursche angezo¬ gen. Die Jäger jagten sie auf der Wiese herum, sie ließ sich aber nicht erhaschen, weil sie, wie sie sagte, nach Tabaksrauch röchen. Wie ein gescheuch¬ tes Reh kam sie endlich an dem Tische vorüber. Leontin fieng sie auf und sezte sie vor sich auf seinen Schooß. Er strich ihr die Haare aus den munteren Augen und gab ihr aus seinem Glase zu trinken. Sie trank viel und wurde bald ungewöhn¬ lich beredt, daß sich alle über ihre liebenswürdige Lebhaftigkeit erfreuten. Leontin fieng an, von ihrer Schlafkammer zu sprechen und andere leicht¬ fertige Reden vorzubringen, und als er sie endlich auch küßte, umklammerte sie mit beyden Armen heftig seinen Hals. Friedrich'n schmerzte das ganze lose Spiel, so sehr es auch Faber'n gefiel, und er sprach laut von Verführen. Marie hüpf¬ te von Leontins Schooß, wünschte allen mit ver¬ schmizten Augen eine gute Nacht und sprang fort ins Jägerhaus. Leontin reichte Friedrich'n
fen freudig um den Hals. — Schön, beſonders zulezt ſehr ſchön geſagt, ſagte Faber, und drückte ihm herzlich die Hand. Sie meynen es doch alle beyde nicht ſo, wie ich, fühlte und dachte Friedrich betrübt.
Es war unterdeß ſchon dunkel geworden und der Abendſtern funkelte vom heiteren Himmel über den Wald herüber. Da wurde ihr Geſpräch auf eine luſtige Art unterbrochen. Die kleine Marie, die am Morgen mit dem Jäger auf der Wieſe ge¬ ſungen, hatte ſich nemlich als Jägerburſche angezo¬ gen. Die Jäger jagten ſie auf der Wieſe herum, ſie ließ ſich aber nicht erhaſchen, weil ſie, wie ſie ſagte, nach Tabaksrauch röchen. Wie ein geſcheuch¬ tes Reh kam ſie endlich an dem Tiſche vorüber. Leontin fieng ſie auf und ſezte ſie vor ſich auf ſeinen Schooß. Er ſtrich ihr die Haare aus den munteren Augen und gab ihr aus ſeinem Glaſe zu trinken. Sie trank viel und wurde bald ungewöhn¬ lich beredt, daß ſich alle über ihre liebenswürdige Lebhaftigkeit erfreuten. Leontin fieng an, von ihrer Schlafkammer zu ſprechen und andere leicht¬ fertige Reden vorzubringen, und als er ſie endlich auch küßte, umklammerte ſie mit beyden Armen heftig ſeinen Hals. Friedrich'n ſchmerzte das ganze loſe Spiel, ſo ſehr es auch Faber'n gefiel, und er ſprach laut von Verführen. Marie hüpf¬ te von Leontins Schooß, wünſchte allen mit ver¬ ſchmizten Augen eine gute Nacht und ſprang fort ins Jägerhaus. Leontin reichte Friedrich'n
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fen freudig um den Hals. — Schön, beſonders
zulezt ſehr ſchön geſagt, ſagte Faber, und drückte
ihm herzlich die Hand. Sie meynen es doch alle
beyde nicht ſo, wie ich, fühlte und dachte Friedrich
betrübt.
Es war unterdeß ſchon dunkel geworden und
der Abendſtern funkelte vom heiteren Himmel über
den Wald herüber. Da wurde ihr Geſpräch auf
eine luſtige Art unterbrochen. Die kleine Marie,
die am Morgen mit dem Jäger auf der Wieſe ge¬
ſungen, hatte ſich nemlich als Jägerburſche angezo¬
gen. Die Jäger jagten ſie auf der Wieſe herum,
ſie ließ ſich aber nicht erhaſchen, weil ſie, wie ſie
ſagte, nach Tabaksrauch röchen. Wie ein geſcheuch¬
tes Reh kam ſie endlich an dem Tiſche vorüber.
Leontin fieng ſie auf und ſezte ſie vor ſich auf
ſeinen Schooß. Er ſtrich ihr die Haare aus den
munteren Augen und gab ihr aus ſeinem Glaſe zu
trinken. Sie trank viel und wurde bald ungewöhn¬
lich beredt, daß ſich alle über ihre liebenswürdige
Lebhaftigkeit erfreuten. Leontin fieng an, von
ihrer Schlafkammer zu ſprechen und andere leicht¬
fertige Reden vorzubringen, und als er ſie endlich
auch küßte, umklammerte ſie mit beyden Armen
heftig ſeinen Hals. Friedrich'n ſchmerzte das
ganze loſe Spiel, ſo ſehr es auch Faber'n gefiel,
und er ſprach laut von Verführen. Marie hüpf¬
te von Leontins Schooß, wünſchte allen mit ver¬
ſchmizten Augen eine gute Nacht und ſprang fort
ins Jägerhaus. Leontin reichte Friedrich'n
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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/52>, abgerufen am 27.11.2024.
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