Mund und sie gab ihm den Kuß wieder. Da nahm er sie in beyde Arme und küßte sie unzähligemal und alle Freuden der Welt verwirrten sich in diesen einen Augenblick, der niemals zum zweytenmale wiederkehrt. Rosa machte sich endlich los, sprang auf und lief nach dem Schlosse zu. Leontin kam ihr eben von der anderen Seite entgegen, sie rann¬ te in der Verwirrung gerade in seine ausgebreiteten Arme hinein. Er gab ihr schnell einen Kuß und kam zu Friedrich'n, um mit ihm wieder nach Hause zu reiten.
Als Friedrich wieder draussen im Freyen zu Pferde saß, besann er sich erst recht auf sein gan¬ zes Glück. Mit unbeschreiblichem Entzücken betrach¬ tete er Himmel und Erde, die im reichsten Mor¬ genschmucke vor ihm lagen. Sie ist mein! rief er immerfort still in sich, sie ist mein! Leontin wie¬ derholte lachend die Beschreibung von der Häßlich¬ keit seiner Schwester, die er vorhin beym Herritt dem Grafen gemacht hatte, jagte dann weit vor¬ aus, sezte mit bewunderungswürdiger Leichtigkeit und Kühnheit über Zäune und Gräben und trieb allerley Schwänke.
Als sie bey Leontins Schlosse ankamen, hör¬ ten sie schon von ferne ein unbegreifliches, verwor¬ renes Getös. Ein Waldhorn raßte in den unbän¬ digsten, falschesten Tönen, dazwischen hörte man ei¬ ne Stimme, die unaufhörlich fortschimpfte. Da hat gewiß wieder Faber was angestellt, sagte Leon¬ tin. Und es fand sich wirklich so. Herr Faber
Mund und ſie gab ihm den Kuß wieder. Da nahm er ſie in beyde Arme und küßte ſie unzähligemal und alle Freuden der Welt verwirrten ſich in dieſen einen Augenblick, der niemals zum zweytenmale wiederkehrt. Roſa machte ſich endlich los, ſprang auf und lief nach dem Schloſſe zu. Leontin kam ihr eben von der anderen Seite entgegen, ſie rann¬ te in der Verwirrung gerade in ſeine ausgebreiteten Arme hinein. Er gab ihr ſchnell einen Kuß und kam zu Friedrich'n, um mit ihm wieder nach Hauſe zu reiten.
Als Friedrich wieder drauſſen im Freyen zu Pferde ſaß, beſann er ſich erſt recht auf ſein gan¬ zes Glück. Mit unbeſchreiblichem Entzücken betrach¬ tete er Himmel und Erde, die im reichſten Mor¬ genſchmucke vor ihm lagen. Sie iſt mein! rief er immerfort ſtill in ſich, ſie iſt mein! Leontin wie¬ derholte lachend die Beſchreibung von der Häßlich¬ keit ſeiner Schweſter, die er vorhin beym Herritt dem Grafen gemacht hatte, jagte dann weit vor¬ aus, ſezte mit bewunderungswürdiger Leichtigkeit und Kühnheit über Zäune und Gräben und trieb allerley Schwänke.
Als ſie bey Leontins Schloſſe ankamen, hör¬ ten ſie ſchon von ferne ein unbegreifliches, verwor¬ renes Getös. Ein Waldhorn raßte in den unbän¬ digſten, falſcheſten Tönen, dazwiſchen hörte man ei¬ ne Stimme, die unaufhörlich fortſchimpfte. Da hat gewiß wieder Faber was angeſtellt, ſagte Leon¬ tin. Und es fand ſich wirklich ſo. Herr Faber
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Mund und ſie gab ihm den Kuß wieder. Da nahm
er ſie in beyde Arme und küßte ſie unzähligemal
und alle Freuden der Welt verwirrten ſich in dieſen
einen Augenblick, der niemals zum zweytenmale
wiederkehrt. Roſa machte ſich endlich los, ſprang
auf und lief nach dem Schloſſe zu. Leontin kam
ihr eben von der anderen Seite entgegen, ſie rann¬
te in der Verwirrung gerade in ſeine ausgebreiteten
Arme hinein. Er gab ihr ſchnell einen Kuß und
kam zu Friedrich'n, um mit ihm wieder nach
Hauſe zu reiten.
Als Friedrich wieder drauſſen im Freyen zu
Pferde ſaß, beſann er ſich erſt recht auf ſein gan¬
zes Glück. Mit unbeſchreiblichem Entzücken betrach¬
tete er Himmel und Erde, die im reichſten Mor¬
genſchmucke vor ihm lagen. Sie iſt mein! rief er
immerfort ſtill in ſich, ſie iſt mein! Leontin wie¬
derholte lachend die Beſchreibung von der Häßlich¬
keit ſeiner Schweſter, die er vorhin beym Herritt
dem Grafen gemacht hatte, jagte dann weit vor¬
aus, ſezte mit bewunderungswürdiger Leichtigkeit
und Kühnheit über Zäune und Gräben und trieb
allerley Schwänke.
Als ſie bey Leontins Schloſſe ankamen, hör¬
ten ſie ſchon von ferne ein unbegreifliches, verwor¬
renes Getös. Ein Waldhorn raßte in den unbän¬
digſten, falſcheſten Tönen, dazwiſchen hörte man ei¬
ne Stimme, die unaufhörlich fortſchimpfte. Da hat
gewiß wieder Faber was angeſtellt, ſagte Leon¬
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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/46>, abgerufen am 21.11.2024.
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