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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.

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Aber ich bleibe nun gewiß, auch wider seinen Wil¬
len, hier, ich will keine Mühe sparen, sein reines
Gold, denn solches war in ihm, aus dem wüstver¬
fallenen Schacht wieder ans Tageslicht zu fördern.
-- O, fiel ihm Leontin ins Wort, das Meer ist
nicht so tief, als der Hochmüthige in sich selber
versunken ist! Nimm dich in Acht! er zieht dich eher
schwindelnd zu sich hinunter, ehe du ihn zu dir hin¬
auf.

Friedrich'n hatte der Anblick seines Bruders
auf das heftigste bewegt. Er gieng schnell von Leon¬
tinen fort und allein tief in den Wald hinein. Er
brauchte der stillen, vollen Einsamkeit, um die neuen
Erscheinungen, die auf einmal so gewaltsam auf ihn
eindrangen, zu verarbeiten, und seine seltsam auf¬
geregten Geister zu beruhigen.

Lange war er so im Walde herumgeschweift,
als auch Leontin wieder zu ihm stieß. Dieser hatte
während deß wieder jene Bilderstube bestiegen, und
die Zeit unter den Zeichnungen gesessen. Dabey
waren ihm in dieser Einsamkeit die Figuren oft wie
lebendiggeworden vorgekommen und verschiedene Lie¬
der eines Wahnsinnigen eingefallen, die er, wie
Sprüche auf die alten Bilder, den Gestalten aus
dem Munde auf die Wand aufgeschrieben hatte.

Die Sonne fieng schon wieder an sich von der
Mittagshöhe herabzuneigen. Weder Leontin noch
Friedrich wußten recht, wo sie sich befanden, denn
kein ordentlicher Weg führte vom Schlosse hieher.

Aber ich bleibe nun gewiß, auch wider ſeinen Wil¬
len, hier, ich will keine Mühe ſparen, ſein reines
Gold, denn ſolches war in ihm, aus dem wüſtver¬
fallenen Schacht wieder ans Tageslicht zu fördern.
— O, fiel ihm Leontin ins Wort, das Meer iſt
nicht ſo tief, als der Hochmüthige in ſich ſelber
verſunken iſt! Nimm dich in Acht! er zieht dich eher
ſchwindelnd zu ſich hinunter, ehe du ihn zu dir hin¬
auf.

Friedrich'n hatte der Anblick ſeines Bruders
auf das heftigſte bewegt. Er gieng ſchnell von Leon¬
tinen fort und allein tief in den Wald hinein. Er
brauchte der ſtillen, vollen Einſamkeit, um die neuen
Erſcheinungen, die auf einmal ſo gewaltſam auf ihn
eindrangen, zu verarbeiten, und ſeine ſeltſam auf¬
geregten Geiſter zu beruhigen.

Lange war er ſo im Walde herumgeſchweift,
als auch Leontin wieder zu ihm ſtieß. Dieſer hatte
während deß wieder jene Bilderſtube beſtiegen, und
die Zeit unter den Zeichnungen geſeſſen. Dabey
waren ihm in dieſer Einſamkeit die Figuren oft wie
lebendiggeworden vorgekommen und verſchiedene Lie¬
der eines Wahnſinnigen eingefallen, die er, wie
Sprüche auf die alten Bilder, den Geſtalten aus
dem Munde auf die Wand aufgeſchrieben hatte.

Die Sonne fieng ſchon wieder an ſich von der
Mittagshöhe herabzuneigen. Weder Leontin noch
Friedrich wußten recht, wo ſie ſich befanden, denn
kein ordentlicher Weg führte vom Schloſſe hieher.

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[411/0417] Aber ich bleibe nun gewiß, auch wider ſeinen Wil¬ len, hier, ich will keine Mühe ſparen, ſein reines Gold, denn ſolches war in ihm, aus dem wüſtver¬ fallenen Schacht wieder ans Tageslicht zu fördern. — O, fiel ihm Leontin ins Wort, das Meer iſt nicht ſo tief, als der Hochmüthige in ſich ſelber verſunken iſt! Nimm dich in Acht! er zieht dich eher ſchwindelnd zu ſich hinunter, ehe du ihn zu dir hin¬ auf. Friedrich'n hatte der Anblick ſeines Bruders auf das heftigſte bewegt. Er gieng ſchnell von Leon¬ tinen fort und allein tief in den Wald hinein. Er brauchte der ſtillen, vollen Einſamkeit, um die neuen Erſcheinungen, die auf einmal ſo gewaltſam auf ihn eindrangen, zu verarbeiten, und ſeine ſeltſam auf¬ geregten Geiſter zu beruhigen. Lange war er ſo im Walde herumgeſchweift, als auch Leontin wieder zu ihm ſtieß. Dieſer hatte während deß wieder jene Bilderſtube beſtiegen, und die Zeit unter den Zeichnungen geſeſſen. Dabey waren ihm in dieſer Einſamkeit die Figuren oft wie lebendiggeworden vorgekommen und verſchiedene Lie¬ der eines Wahnſinnigen eingefallen, die er, wie Sprüche auf die alten Bilder, den Geſtalten aus dem Munde auf die Wand aufgeſchrieben hatte. Die Sonne fieng ſchon wieder an ſich von der Mittagshöhe herabzuneigen. Weder Leontin noch Friedrich wußten recht, wo ſie ſich befanden, denn kein ordentlicher Weg führte vom Schloſſe hieher.

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/417>, abgerufen am 23.11.2024.