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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.

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So kamen sie endlich schon bey finsterer Nacht
auf einem hochgelegenen, freyen Platze an. Ein
Kreis bärtiger Schützen war dort um ein Wacht¬
feuer gelagert, grüne Reiser auf den Hüten und
ihre Gewehre neben sich auf dem Boden. Friedrichs
Führer war schon voraus mitten unter ihnen und
hatte den Fremden angemeldet. Mehrere von den
Schützen sprangen sogleich auf, umringten Frie¬
drich'n bey seiner Ankunft und fragten ihn um
Neuigkeiten aus dem flachen Lande. Friedrich wu߬
te sie wenig zu befriedigen, aber seine Freude war
unbeschreiblich, sich endlich am Ziele seiner Irrfarth
zu sehen. Denn dieser Trupp war, wie er gleich
beym ersten Anblick vermuthet, wirklich eine Par¬
they des Landsturmes, den das Gebirgsvolk bey
dem unlängst ausgebrochenen Kriege gebildet hatte.

Die Flamme warf einen seltsamen Schein über
den soldatischen Kreis von Gestalten, die ringsum¬
her lagen. Die Nacht war still und sternhell. Ei¬
ner von den Jägern, die draussen auf den Felsen
auf der Lauer lagen, kam und meldete, wie in
dem Thale nach Deutschland zu ein großes Feuer
zu sehen sey. Alles richtete sich auf und lief wei¬
ter an den Bergesrand. Man sah unten die Flam¬
men aus der stillen Nacht sich erheben, und konnte
ungeachtet der Entfernung die stürzenden Gebälke
der Häuser deutlich unterscheiden. Die meisten
kannten die Gegend, einige nannten sogar die Dör¬
fer, welche brennen müßten. Alle aber waren sehr
verwundert über die unerwartete Nähe des Fein¬

So kamen ſie endlich ſchon bey finſterer Nacht
auf einem hochgelegenen, freyen Platze an. Ein
Kreis bärtiger Schützen war dort um ein Wacht¬
feuer gelagert, grüne Reiſer auf den Hüten und
ihre Gewehre neben ſich auf dem Boden. Friedrichs
Führer war ſchon voraus mitten unter ihnen und
hatte den Fremden angemeldet. Mehrere von den
Schützen ſprangen ſogleich auf, umringten Frie¬
drich'n bey ſeiner Ankunft und fragten ihn um
Neuigkeiten aus dem flachen Lande. Friedrich wu߬
te ſie wenig zu befriedigen, aber ſeine Freude war
unbeſchreiblich, ſich endlich am Ziele ſeiner Irrfarth
zu ſehen. Denn dieſer Trupp war, wie er gleich
beym erſten Anblick vermuthet, wirklich eine Par¬
they des Landſturmes, den das Gebirgsvolk bey
dem unlängſt ausgebrochenen Kriege gebildet hatte.

Die Flamme warf einen ſeltſamen Schein über
den ſoldatiſchen Kreis von Geſtalten, die ringsum¬
her lagen. Die Nacht war ſtill und ſternhell. Ei¬
ner von den Jägern, die drauſſen auf den Felſen
auf der Lauer lagen, kam und meldete, wie in
dem Thale nach Deutſchland zu ein großes Feuer
zu ſehen ſey. Alles richtete ſich auf und lief wei¬
ter an den Bergesrand. Man ſah unten die Flam¬
men aus der ſtillen Nacht ſich erheben, und konnte
ungeachtet der Entfernung die ſtürzenden Gebälke
der Häuſer deutlich unterſcheiden. Die meiſten
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[329/0335] So kamen ſie endlich ſchon bey finſterer Nacht auf einem hochgelegenen, freyen Platze an. Ein Kreis bärtiger Schützen war dort um ein Wacht¬ feuer gelagert, grüne Reiſer auf den Hüten und ihre Gewehre neben ſich auf dem Boden. Friedrichs Führer war ſchon voraus mitten unter ihnen und hatte den Fremden angemeldet. Mehrere von den Schützen ſprangen ſogleich auf, umringten Frie¬ drich'n bey ſeiner Ankunft und fragten ihn um Neuigkeiten aus dem flachen Lande. Friedrich wu߬ te ſie wenig zu befriedigen, aber ſeine Freude war unbeſchreiblich, ſich endlich am Ziele ſeiner Irrfarth zu ſehen. Denn dieſer Trupp war, wie er gleich beym erſten Anblick vermuthet, wirklich eine Par¬ they des Landſturmes, den das Gebirgsvolk bey dem unlängſt ausgebrochenen Kriege gebildet hatte. Die Flamme warf einen ſeltſamen Schein über den ſoldatiſchen Kreis von Geſtalten, die ringsum¬ her lagen. Die Nacht war ſtill und ſternhell. Ei¬ ner von den Jägern, die drauſſen auf den Felſen auf der Lauer lagen, kam und meldete, wie in dem Thale nach Deutſchland zu ein großes Feuer zu ſehen ſey. Alles richtete ſich auf und lief wei¬ ter an den Bergesrand. Man ſah unten die Flam¬ men aus der ſtillen Nacht ſich erheben, und konnte ungeachtet der Entfernung die ſtürzenden Gebälke der Häuſer deutlich unterſcheiden. Die meiſten kannten die Gegend, einige nannten ſogar die Dör¬ fer, welche brennen müßten. Alle aber waren ſehr verwundert über die unerwartete Nähe des Fein¬

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/335>, abgerufen am 24.11.2024.