sehbare Reihe prächtiger Wagen bewegte sich schim¬ mernd die Allee hinunter. Romana theilte die Menge rasch zu Pferde wie eine Amazone. Frie¬ drich hatte sie nie so schön und wild gesehen. Rosa war nirgends zu sehen. Als sie an das Ende der Allee kamen, hörten sie plötzlich einen Schrey. Sie sahen sich um und erblickten mehrere Menschen, die bemüht schienen, jemanden Hülfe zu leisten. Der Prinz ritt sogleich hinzu; alles machte ehrerbietig Platz und er erblickte sein Bürgermädchen, die ohn¬ mächtig in den Armen ihrer Mutter lag. Wie ver¬ steinert schaute er in das todtenbleiche Gesicht des Mädchens. Er bat Friedrich'n, für sie Sorge zu tragen, wandte sein Pferd und sprengte davon. Er hatte sie zum letztenmale gesehen.
Die Mutter, welche sich selbst von Staunen und Schreck nicht erholen konnte, erzählte Frie¬ drich'n, nachdem er alle unnöthige Gaffer zu entfer¬ nen gewußt, wie sie heut mit ihrer Tochter hieher spazieren gegangen, um einmal den Hof zu sehen, der, wie sie gehört, an diesem Tage gewöhnlich hier zu erscheinen pflege. Ihr Kind sey besonders fröh¬ lich gewesen und habe noch oft gesagt: Wenn Er doch mit uns wäre, so könnte er uns alle die Herrschaften nennen! Auf einmal hörten sie hinter sich: der Prinz! der Prinz! Alles blieb stehen und zog den Hut. So wie ihre Tochter den Prinzen nur erblickte, sey sie sogleich umgefallen. -- Frie¬ drich'n rührte die stille Schönheit des Mädchens mit
ihren
ſehbare Reihe prächtiger Wagen bewegte ſich ſchim¬ mernd die Allee hinunter. Romana theilte die Menge raſch zu Pferde wie eine Amazone. Frie¬ drich hatte ſie nie ſo ſchön und wild geſehen. Roſa war nirgends zu ſehen. Als ſie an das Ende der Allee kamen, hörten ſie plötzlich einen Schrey. Sie ſahen ſich um und erblickten mehrere Menſchen, die bemüht ſchienen, jemanden Hülfe zu leiſten. Der Prinz ritt ſogleich hinzu; alles machte ehrerbietig Platz und er erblickte ſein Bürgermädchen, die ohn¬ mächtig in den Armen ihrer Mutter lag. Wie ver¬ ſteinert ſchaute er in das todtenbleiche Geſicht des Mädchens. Er bat Friedrich'n, für ſie Sorge zu tragen, wandte ſein Pferd und ſprengte davon. Er hatte ſie zum letztenmale geſehen.
Die Mutter, welche ſich ſelbſt von Staunen und Schreck nicht erholen konnte, erzählte Frie¬ drich'n, nachdem er alle unnöthige Gaffer zu entfer¬ nen gewußt, wie ſie heut mit ihrer Tochter hieher ſpazieren gegangen, um einmal den Hof zu ſehen, der, wie ſie gehört, an dieſem Tage gewöhnlich hier zu erſcheinen pflege. Ihr Kind ſey beſonders fröh¬ lich geweſen und habe noch oft geſagt: Wenn Er doch mit uns wäre, ſo könnte er uns alle die Herrſchaften nennen! Auf einmal hörten ſie hinter ſich: der Prinz! der Prinz! Alles blieb ſtehen und zog den Hut. So wie ihre Tochter den Prinzen nur erblickte, ſey ſie ſogleich umgefallen. — Frie¬ drich'n rührte die ſtille Schönheit des Mädchens mit
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ſehbare Reihe prächtiger Wagen bewegte ſich ſchim¬
mernd die Allee hinunter. Romana theilte die
Menge raſch zu Pferde wie eine Amazone. Frie¬
drich hatte ſie nie ſo ſchön und wild geſehen. Roſa
war nirgends zu ſehen. Als ſie an das Ende der
Allee kamen, hörten ſie plötzlich einen Schrey. Sie
ſahen ſich um und erblickten mehrere Menſchen, die
bemüht ſchienen, jemanden Hülfe zu leiſten. Der
Prinz ritt ſogleich hinzu; alles machte ehrerbietig
Platz und er erblickte ſein Bürgermädchen, die ohn¬
mächtig in den Armen ihrer Mutter lag. Wie ver¬
ſteinert ſchaute er in das todtenbleiche Geſicht des
Mädchens. Er bat Friedrich'n, für ſie Sorge zu
tragen, wandte ſein Pferd und ſprengte davon. Er
hatte ſie zum letztenmale geſehen.
Die Mutter, welche ſich ſelbſt von Staunen
und Schreck nicht erholen konnte, erzählte Frie¬
drich'n, nachdem er alle unnöthige Gaffer zu entfer¬
nen gewußt, wie ſie heut mit ihrer Tochter hieher
ſpazieren gegangen, um einmal den Hof zu ſehen,
der, wie ſie gehört, an dieſem Tage gewöhnlich hier
zu erſcheinen pflege. Ihr Kind ſey beſonders fröh¬
lich geweſen und habe noch oft geſagt: Wenn Er
doch mit uns wäre, ſo könnte er uns alle die
Herrſchaften nennen! Auf einmal hörten ſie hinter
ſich: der Prinz! der Prinz! Alles blieb ſtehen und
zog den Hut. So wie ihre Tochter den Prinzen
nur erblickte, ſey ſie ſogleich umgefallen. — Frie¬
drich'n rührte die ſtille Schönheit des Mädchens mit
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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/278>, abgerufen am 22.11.2024.
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