du, mein Täubchen? Wie geht's, mein Puthühn¬ chen? Ey, sieh doch, komm, tucktuck! -- Er schien nun mit Malvolio zu bemerken, daß er nicht in meine Sphäre gehöre, und kehrte sich mit einem unsäglichstolzen Blick, wie von einem unerhört Tollen, von mir. O Jemine! fiel die Gräfin Ro¬ mana hier mit ein. Sie sagte dieß so richtig und schön, daß ich sie dafür hätte küssen mögen Das Schlimmste war aber nun, daß ich dadurch demaskirt war, ich konnte nicht länger für einen Ignoranten gelten; und die Frauenzimmer merkten dieß nicht so bald, als sie mit allerhand Phrasen, die sie hin und wieder ernascht, über mich herfielen. In der Angst fieng ich daher nun an, wüthend mit gelehr¬ ten Redensarten und poetischen Paradoxen nach al¬ len Seiten um mich herumzuwerfen, bis sie mich, ich sie, und ich mich selber nicht mehr verstand und alles verwirrt wurde. Seit dieser Zeit haßt mich der ganze Zirkel und hat mich als eine Pest der Poe¬ sie förmlich exkommunizirt.
Friedrich, der Leontin ruhig und mit Vergnü¬ gen angehört hatte, sagte: So habe ich dich am liebsten, so bist du in deinem eigentlichen Leben. Du siehst so frisch in die Welt hinein, daß alles un¬ ter deinen Augen bunt und lebendig wird. Ja wohl, antwortete Leontin, so buntschäckig, daß ich manchmal selber zum Narren darüber werden könnte.
Die Sonne fieng indeß schon an, sich zu senken, und sowohl Friedrich als Leontin gedachten ihrer
du, mein Täubchen? Wie geht's, mein Puthühn¬ chen? Ey, ſieh doch, komm, tucktuck! — Er ſchien nun mit Malvolio zu bemerken, daß er nicht in meine Sphäre gehöre, und kehrte ſich mit einem unſäglichſtolzen Blick, wie von einem unerhört Tollen, von mir. O Jemine! fiel die Gräfin Ro¬ mana hier mit ein. Sie ſagte dieß ſo richtig und ſchön, daß ich ſie dafür hätte küſſen mögen Das Schlimmſte war aber nun, daß ich dadurch demaſkirt war, ich konnte nicht länger für einen Ignoranten gelten; und die Frauenzimmer merkten dieß nicht ſo bald, als ſie mit allerhand Phraſen, die ſie hin und wieder ernaſcht, über mich herfielen. In der Angſt fieng ich daher nun an, wüthend mit gelehr¬ ten Redensarten und poetiſchen Paradoxen nach al¬ len Seiten um mich herumzuwerfen, bis ſie mich, ich ſie, und ich mich ſelber nicht mehr verſtand und alles verwirrt wurde. Seit dieſer Zeit haßt mich der ganze Zirkel und hat mich als eine Peſt der Poe¬ ſie förmlich exkommunizirt.
Friedrich, der Leontin ruhig und mit Vergnü¬ gen angehört hatte, ſagte: So habe ich dich am liebſten, ſo biſt du in deinem eigentlichen Leben. Du ſiehſt ſo friſch in die Welt hinein, daß alles un¬ ter deinen Augen bunt und lebendig wird. Ja wohl, antwortete Leontin, ſo buntſchäckig, daß ich manchmal ſelber zum Narren darüber werden könnte.
Die Sonne fieng indeß ſchon an, ſich zu ſenken, und ſowohl Friedrich als Leontin gedachten ihrer
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du, mein Täubchen? Wie geht's, mein Puthühn¬
chen? Ey, ſieh doch, komm, tucktuck! — Er ſchien
nun mit Malvolio zu bemerken, daß er nicht in
meine Sphäre gehöre, und kehrte ſich mit einem
unſäglichſtolzen Blick, wie von einem unerhört
Tollen, von mir. O Jemine! fiel die Gräfin Ro¬
mana hier mit ein. Sie ſagte dieß ſo richtig und
ſchön, daß ich ſie dafür hätte küſſen mögen Das
Schlimmſte war aber nun, daß ich dadurch demaſkirt
war, ich konnte nicht länger für einen Ignoranten
gelten; und die Frauenzimmer merkten dieß nicht ſo
bald, als ſie mit allerhand Phraſen, die ſie hin
und wieder ernaſcht, über mich herfielen. In der
Angſt fieng ich daher nun an, wüthend mit gelehr¬
ten Redensarten und poetiſchen Paradoxen nach al¬
len Seiten um mich herumzuwerfen, bis ſie mich,
ich ſie, und ich mich ſelber nicht mehr verſtand und
alles verwirrt wurde. Seit dieſer Zeit haßt mich
der ganze Zirkel und hat mich als eine Peſt der Poe¬
ſie förmlich exkommunizirt.
Friedrich, der Leontin ruhig und mit Vergnü¬
gen angehört hatte, ſagte: So habe ich dich am
liebſten, ſo biſt du in deinem eigentlichen Leben.
Du ſiehſt ſo friſch in die Welt hinein, daß alles un¬
ter deinen Augen bunt und lebendig wird. Ja
wohl, antwortete Leontin, ſo buntſchäckig, daß ich
manchmal ſelber zum Narren darüber werden
könnte.
Die Sonne fieng indeß ſchon an, ſich zu ſenken,
und ſowohl Friedrich als Leontin gedachten ihrer
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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/244>, abgerufen am 24.11.2024.
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