besondere die Gaumenlust, welche durch diese Tugend in eine vernünftige Ordnung ge- bracht werden soll. Speise und Trank sind Bedürfnis, und darum muß man dem sinn- lichen Verlangen darnach Rechnung tragen, aber dieses Verlangen ist durch die Sünde in Unordnung geraten, und darum darf man ihm nicht ohne Vorbehalt willfahren, son- dern muß wissen Maß zu halten. Nur wo die Mäßigkeit regiert, kann ein höheres sitt- liches Leben gedeihen, nur da offenbart sich die geistige Würde, welche den Menschen über das Tier erhebt. Darum flößt auch nicht leicht eine andere Tugend den Menschen so leicht Achtung ein wie die Mäßigkeit. Wegen ihrer hohen Bedeutung für das sitt- liche Leben wird die Mäßigkeit ebenfalls den Kardinaltugenden beigezählt.
Die Erziehung zur Mäßigkeit im Genusse von Speise fällt schon in die Kinderjahre, und ist ebenso wichtig für die körperliche Gesundheit, wie für das sittliche Gedeihen. Die Kinder müssen schon frühe angehalten werden, nur zur bestimmten Zeit, d. h. bei Tische zu essen. Sie sollen essen, was auf den Tisch gebracht wird, und, sofern sie ge- sund sind, nie etwas anderes als Ersatz
besondere die Gaumenlust, welche durch diese Tugend in eine vernünftige Ordnung ge- bracht werden soll. Speise und Trank sind Bedürfnis, und darum muß man dem sinn- lichen Verlangen darnach Rechnung tragen, aber dieses Verlangen ist durch die Sünde in Unordnung geraten, und darum darf man ihm nicht ohne Vorbehalt willfahren, son- dern muß wissen Maß zu halten. Nur wo die Mäßigkeit regiert, kann ein höheres sitt- liches Leben gedeihen, nur da offenbart sich die geistige Würde, welche den Menschen über das Tier erhebt. Darum flößt auch nicht leicht eine andere Tugend den Menschen so leicht Achtung ein wie die Mäßigkeit. Wegen ihrer hohen Bedeutung für das sitt- liche Leben wird die Mäßigkeit ebenfalls den Kardinaltugenden beigezählt.
Die Erziehung zur Mäßigkeit im Genusse von Speise fällt schon in die Kinderjahre, und ist ebenso wichtig für die körperliche Gesundheit, wie für das sittliche Gedeihen. Die Kinder müssen schon frühe angehalten werden, nur zur bestimmten Zeit, d. h. bei Tische zu essen. Sie sollen essen, was auf den Tisch gebracht wird, und, sofern sie ge- sund sind, nie etwas anderes als Ersatz
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besondere die Gaumenlust, welche durch diese
Tugend in eine vernünftige Ordnung ge-
bracht werden soll. Speise und Trank sind
Bedürfnis, und darum muß man dem sinn-
lichen Verlangen darnach Rechnung tragen,
aber dieses Verlangen ist durch die Sünde
in Unordnung geraten, und darum darf man
ihm nicht ohne Vorbehalt willfahren, son-
dern muß wissen Maß zu halten. Nur wo
die Mäßigkeit regiert, kann ein höheres sitt-
liches Leben gedeihen, nur da offenbart sich
die geistige Würde, welche den Menschen
über das Tier erhebt. Darum flößt auch
nicht leicht eine andere Tugend den Menschen
so leicht Achtung ein wie die Mäßigkeit.
Wegen ihrer hohen Bedeutung für das sitt-
liche Leben wird die Mäßigkeit ebenfalls den
Kardinaltugenden beigezählt.
Die Erziehung zur Mäßigkeit im Genusse
von Speise fällt schon in die Kinderjahre,
und ist ebenso wichtig für die körperliche
Gesundheit, wie für das sittliche Gedeihen.
Die Kinder müssen schon frühe angehalten
werden, nur zur bestimmten Zeit, d. h. bei
Tische zu essen. Sie sollen essen, was auf
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Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895], S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/231>, abgerufen am 23.11.2024.
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