Meidung sittengefährlichen Umganges u. dgl. handelt. Auch in ökonomischen Dingen soll sich der Vater von den Kindern nicht abhängig machen, bis in sein hundertstes Jahr. Es ist heutzutage oft schwer, die väterlichen Rechte so zu handhaben. Nur jene Väter werden das vermögen, welche dieselben schon vom Kinde in der Wiege an in vernünftiger aber beharrlicher Weise ausüben.
Aber mit dem einseitigen Zwange geht es nicht. Man erzieht die Kinder nicht für den Zwang, sondern für die Freiheit. Der Dichter von "Dreizehnlinden" sagt treffend:
"Freiheit sei der Zweck des Zwanges,Wie man eine Rebe bindet,Daß sie, statt in Staub zu kriechen,Froh sich in die Lüfte windet."
Der Zwang hört mit der Zeit auf, das Kind steht unabhängig, oder wenn man will, ver- lassen in der Welt da, und hat seinen freien Willen. Daß es ihn gut gebrauche, ist das Ziel, das man in der Erziehung anstreben soll. Daß es, auch frei geworden, noch Be- lehrung und Rat von den Eltern annehme, ist für sein Heil von großer Wichtigkeit. Man darf nicht versäumen, es in der häuslichen Erziehung auf diese Zeit vorzubereiten.
Meidung sittengefährlichen Umganges u. dgl. handelt. Auch in ökonomischen Dingen soll sich der Vater von den Kindern nicht abhängig machen, bis in sein hundertstes Jahr. Es ist heutzutage oft schwer, die väterlichen Rechte so zu handhaben. Nur jene Väter werden das vermögen, welche dieselben schon vom Kinde in der Wiege an in vernünftiger aber beharrlicher Weise ausüben.
Aber mit dem einseitigen Zwange geht es nicht. Man erzieht die Kinder nicht für den Zwang, sondern für die Freiheit. Der Dichter von „Dreizehnlinden“ sagt treffend:
„Freiheit sei der Zweck des Zwanges,Wie man eine Rebe bindet,Daß sie, statt in Staub zu kriechen,Froh sich in die Lüfte windet.“
Der Zwang hört mit der Zeit auf, das Kind steht unabhängig, oder wenn man will, ver- lassen in der Welt da, und hat seinen freien Willen. Daß es ihn gut gebrauche, ist das Ziel, das man in der Erziehung anstreben soll. Daß es, auch frei geworden, noch Be- lehrung und Rat von den Eltern annehme, ist für sein Heil von großer Wichtigkeit. Man darf nicht versäumen, es in der häuslichen Erziehung auf diese Zeit vorzubereiten.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="21"><p><pbfacs="#f0162"xml:id="E29V3_001_1895_pb0148_0001"n="148"/>
Meidung sittengefährlichen Umganges u. dgl.<lb/>
handelt. Auch in ökonomischen Dingen soll<lb/>
sich der Vater von den Kindern nicht abhängig<lb/>
machen, bis in sein hundertstes Jahr. Es<lb/>
ist heutzutage oft schwer, die väterlichen Rechte<lb/>
so zu handhaben. Nur jene Väter werden<lb/>
das vermögen, welche dieselben schon vom<lb/>
Kinde in der Wiege an in vernünftiger aber<lb/>
beharrlicher Weise ausüben.</p><p>Aber mit dem einseitigen Zwange geht<lb/>
es nicht. Man erzieht die Kinder nicht für<lb/>
den Zwang, sondern für die Freiheit. Der<lb/>
Dichter von <q>„Dreizehnlinden“</q> sagt treffend:</p><lg><lrendition="#s"><q>„Freiheit sei der Zweck des Zwanges,</q></l><lrendition="#s"><q>Wie man eine Rebe bindet,</q></l><lrendition="#s"><q>Daß sie, statt in Staub zu kriechen,</q></l><lrendition="#s"><q>Froh sich in die Lüfte windet.“</q></l></lg><p>Der Zwang hört mit der Zeit auf, das Kind<lb/>
steht unabhängig, oder wenn man will, ver-<lb/>
lassen in der Welt da, und hat seinen freien<lb/>
Willen. Daß es ihn gut gebrauche, ist das<lb/>
Ziel, das man in der Erziehung anstreben<lb/>
soll. Daß es, auch frei geworden, noch Be-<lb/>
lehrung und Rat von den Eltern annehme,<lb/>
ist für sein Heil von großer Wichtigkeit. Man<lb/>
darf nicht versäumen, es in der häuslichen<lb/>
Erziehung auf diese Zeit vorzubereiten.</p></div></div></body></text></TEI>
[148/0162]
Meidung sittengefährlichen Umganges u. dgl.
handelt. Auch in ökonomischen Dingen soll
sich der Vater von den Kindern nicht abhängig
machen, bis in sein hundertstes Jahr. Es
ist heutzutage oft schwer, die väterlichen Rechte
so zu handhaben. Nur jene Väter werden
das vermögen, welche dieselben schon vom
Kinde in der Wiege an in vernünftiger aber
beharrlicher Weise ausüben.
Aber mit dem einseitigen Zwange geht
es nicht. Man erzieht die Kinder nicht für
den Zwang, sondern für die Freiheit. Der
Dichter von „Dreizehnlinden“ sagt treffend:
„Freiheit sei der Zweck des Zwanges, Wie man eine Rebe bindet, Daß sie, statt in Staub zu kriechen, Froh sich in die Lüfte windet.“
Der Zwang hört mit der Zeit auf, das Kind
steht unabhängig, oder wenn man will, ver-
lassen in der Welt da, und hat seinen freien
Willen. Daß es ihn gut gebrauche, ist das
Ziel, das man in der Erziehung anstreben
soll. Daß es, auch frei geworden, noch Be-
lehrung und Rat von den Eltern annehme,
ist für sein Heil von großer Wichtigkeit. Man
darf nicht versäumen, es in der häuslichen
Erziehung auf diese Zeit vorzubereiten.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895], S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/162>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.