Die Zukunft des Kindes sollen die Eltern der göttlichen Vorsehung anempfehlen, und dann ruhig das Ihrige für dessen irdische Wohlfahrt thun. Auch bei einem andern, noch näher liegenden Punkt sollen sie nach oben schauen. Oft genügt alle Wachsam- keit der Eltern nicht, um Unglücksfälle zu verhüten, welche Kindern begegnen oder durch diese veranlaßt werden. Christliche Eltern wissen, daß ihr Kind einen beson- deren Schutzengel hat, und diesen sollen sie für das Kind und statt des Kindes anrufen. Je mehr man ihm Vertrauen zeigt, desto mehr verdient man seine Hilfeleistung.
Wichtiger als die Gedanken über die zeit- liche Wohlfahrt sind andere Erwägungen, die dem christlichen Vater nahe liegen, wenn er auf seinen kleinen Liebling niederschaut. Was wird aus diesem Kinde werden? Der gute und der ungeratene Sohn späterer Jahre, der künftige Verbrecher und der kommende Heilige, der einstige Erbe des Himmels und der Genosse der Verdammten in der Hölle liegen gleich harmlos in der Wiege und kön- nen in dieser Zeit noch nicht voneinander unterschieden werden. Alle die entsetzlichen Scheusale der Vergangenheit und Gegenwart
Die Zukunft des Kindes sollen die Eltern der göttlichen Vorsehung anempfehlen, und dann ruhig das Ihrige für dessen irdische Wohlfahrt thun. Auch bei einem andern, noch näher liegenden Punkt sollen sie nach oben schauen. Oft genügt alle Wachsam- keit der Eltern nicht, um Unglücksfälle zu verhüten, welche Kindern begegnen oder durch diese veranlaßt werden. Christliche Eltern wissen, daß ihr Kind einen beson- deren Schutzengel hat, und diesen sollen sie für das Kind und statt des Kindes anrufen. Je mehr man ihm Vertrauen zeigt, desto mehr verdient man seine Hilfeleistung.
Wichtiger als die Gedanken über die zeit- liche Wohlfahrt sind andere Erwägungen, die dem christlichen Vater nahe liegen, wenn er auf seinen kleinen Liebling niederschaut. Was wird aus diesem Kinde werden? Der gute und der ungeratene Sohn späterer Jahre, der künftige Verbrecher und der kommende Heilige, der einstige Erbe des Himmels und der Genosse der Verdammten in der Hölle liegen gleich harmlos in der Wiege und kön- nen in dieser Zeit noch nicht voneinander unterschieden werden. Alle die entsetzlichen Scheusale der Vergangenheit und Gegenwart
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Die Zukunft des Kindes sollen die Eltern
der göttlichen Vorsehung anempfehlen, und
dann ruhig das Ihrige für dessen irdische
Wohlfahrt thun. Auch bei einem andern,
noch näher liegenden Punkt sollen sie nach
oben schauen. Oft genügt alle Wachsam-
keit der Eltern nicht, um Unglücksfälle zu
verhüten, welche Kindern begegnen oder
durch diese veranlaßt werden. Christliche
Eltern wissen, daß ihr Kind einen beson-
deren Schutzengel hat, und diesen sollen sie
für das Kind und statt des Kindes anrufen.
Je mehr man ihm Vertrauen zeigt, desto
mehr verdient man seine Hilfeleistung.
Wichtiger als die Gedanken über die zeit-
liche Wohlfahrt sind andere Erwägungen, die
dem christlichen Vater nahe liegen, wenn er
auf seinen kleinen Liebling niederschaut. Was
wird aus diesem Kinde werden? Der gute
und der ungeratene Sohn späterer Jahre,
der künftige Verbrecher und der kommende
Heilige, der einstige Erbe des Himmels und
der Genosse der Verdammten in der Hölle
liegen gleich harmlos in der Wiege und kön-
nen in dieser Zeit noch nicht voneinander
unterschieden werden. Alle die entsetzlichen
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Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895], S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/120>, abgerufen am 26.11.2024.
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