dere thun sieht, will es nachahmen, das Mädchen die Arbeiten der Mut- ter, der Knabe die Verrichtungen der Fuhrleute, Reiter, Soldaten, Hand- werker, mitunter auch der Pfarrer. Wir nennen das ein Spiel, aber für das Kind ist es eine Art Arbeit, an der seine Seele lebhafteren Anteil nimmt, als der Geist des Erwachsenen an seiner Handarbeit.
Als ich Kind war, sagt der hl. Paulus, dachte ich wie ein Kind. Wer erziehen will, muß dieses Denken des Kindes zu verstehen und zu behandeln wissen, auch beim Spiele. Das Spie- len ist für das Kind ein Bedürfnis und darum lasse man es spielen. Ein gesundes Kind kann nur ruhig sein, wenn es schläft. Auch schreibe man ihm keine Spiele vor, man kann ihm solche zur Auswahl bereit halten, aber gestatte ihm, seinem innern Zuge zu folgen. Hier solle das Kind frei sein, zum Gehorchen gibt es sonst noch Zeit und Anlässe genug.
dere thun sieht, will es nachahmen, das Mädchen die Arbeiten der Mut- ter, der Knabe die Verrichtungen der Fuhrleute, Reiter, Soldaten, Hand- werker, mitunter auch der Pfarrer. Wir nennen das ein Spiel, aber für das Kind ist es eine Art Arbeit, an der seine Seele lebhafteren Anteil nimmt, als der Geist des Erwachsenen an seiner Handarbeit.
Als ich Kind war, sagt der hl. Paulus, dachte ich wie ein Kind. Wer erziehen will, muß dieses Denken des Kindes zu verstehen und zu behandeln wissen, auch beim Spiele. Das Spie- len ist für das Kind ein Bedürfnis und darum lasse man es spielen. Ein gesundes Kind kann nur ruhig sein, wenn es schläft. Auch schreibe man ihm keine Spiele vor, man kann ihm solche zur Auswahl bereit halten, aber gestatte ihm, seinem innern Zuge zu folgen. Hier solle das Kind frei sein, zum Gehorchen gibt es sonst noch Zeit und Anlässe genug.
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dere thun sieht, will es nachahmen,
das Mädchen die Arbeiten der Mut-
ter, der Knabe die Verrichtungen der
Fuhrleute, Reiter, Soldaten, Hand-
werker, mitunter auch der Pfarrer. Wir
nennen das ein Spiel, aber für das Kind
ist es eine Art Arbeit, an der seine Seele
lebhafteren Anteil nimmt, als der Geist
des Erwachsenen an seiner Handarbeit.
Als ich Kind war, sagt der hl.
Paulus, dachte ich wie ein Kind. Wer
erziehen will, muß dieses Denken des
Kindes zu verstehen und zu behandeln
wissen, auch beim Spiele. Das Spie-
len ist für das Kind ein Bedürfnis
und darum lasse man es spielen. Ein
gesundes Kind kann nur ruhig sein,
wenn es schläft. Auch schreibe man
ihm keine Spiele vor, man kann ihm
solche zur Auswahl bereit halten, aber
gestatte ihm, seinem innern Zuge zu
folgen. Hier solle das Kind frei sein,
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Egger, Augustin: Die christliche Mutter. Erbauungs- und Gebetbuch. - Einsiedeln u. a., [1914], S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_mutter_1914/285>, abgerufen am 02.10.2024.
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