[Eckstein, Ernst:] Dudler und Dulder. Studien über die Anmaßungen der Tonkunst. Leipzig, 1893.Kind mit dem Bade ausschütten. Der Grundgedanke aber ist der: Wir durchschauen euch. Neun Zehntel von euch klimpern und trällern im Hinblick auf Dinge, die außerhalb des Rahmens der echten Kunst liegen. Die Forderungen, die wir aus unserer Darlegung ableiten, resümiren sich also wie folgt: Es ist notwendig, daß die Suprematie der Musik, die geradezu lächerlich übertriebene Wertschätzung und Erhöhung über die Schwesterkünste, die ihr von Seiten des denkfaulen Publikums -- zum großen Teil aus den oben entwickelten Gründen -- gezollt wird, durch eine ausgiebigere und selbstbewußtere Pflege der bildenden Künste und der Dichtkunst gebrochen wird. Es ist notwendig, daß sich, im Anschluß an diese theoretische Emancipation, die künstlerisch genießende Menschheit auch in praxi von dem schädlichen und widersinnigen Zuviel befreit, das gegenwärtig in Gestalt einer musikalischen Sintflut das großstädtische Leben bis zur Bewußtlosigkeit überschwemmt. Es ist notwendig, daß zur Erreichung der hier angedeuteten Ziele die musikalische Heuchelei*) und das elende Phrasentum *) Ad vocem musikalische Heuchelei hier noch das Nachstehende! "Ich spielte z. B." -- erzählt Franz Liszt in einem Brief an George Sand -- "ein und daselbe Stück, bald als Composition Beethoven's, bald als die Czerny's, bald als meine eigene. An dem Tage, an welchem ich sie als mein eigenes Werk vorführte, erntete ich den aufmunderndsten Beifall: "Das sei gar nicht übel für mein Alter!" sagte man; an dem Tage, an welchem ich sie unter Czerny's Namen spielte, hörte man mir kaum zu; spielte ich sie aber unter Beethoven's Autorität, so wußte ich mir die Bravos der ganzen Versammlung zu sichern." An einer anderen Stelle berichtet Liszt: "Ohne Benachrichtigung des Publikums wurde ein Trio von Pixis an Stelle eines solchen von Beethoven gespielt. Der Beifall war stürmischer und größer als je; als aber das Trio von Beethoven den ursprünglich für Pixis bestimmten
Kind mit dem Bade ausschütten. Der Grundgedanke aber ist der: Wir durchschauen euch. Neun Zehntel von euch klimpern und trällern im Hinblick auf Dinge, die außerhalb des Rahmens der echten Kunst liegen. Die Forderungen, die wir aus unserer Darlegung ableiten, resümiren sich also wie folgt: Es ist notwendig, daß die Suprematie der Musik, die geradezu lächerlich übertriebene Wertschätzung und Erhöhung über die Schwesterkünste, die ihr von Seiten des denkfaulen Publikums — zum großen Teil aus den oben entwickelten Gründen — gezollt wird, durch eine ausgiebigere und selbstbewußtere Pflege der bildenden Künste und der Dichtkunst gebrochen wird. Es ist notwendig, daß sich, im Anschluß an diese theoretische Emancipation, die künstlerisch genießende Menschheit auch in praxi von dem schädlichen und widersinnigen Zuviel befreit, das gegenwärtig in Gestalt einer musikalischen Sintflut das großstädtische Leben bis zur Bewußtlosigkeit überschwemmt. Es ist notwendig, daß zur Erreichung der hier angedeuteten Ziele die musikalische Heuchelei*) und das elende Phrasentum *) Ad vocem musikalische Heuchelei hier noch das Nachstehende! „Ich spielte z. B.“ — erzählt Franz Liszt in einem Brief an George Sand — „ein und daselbe Stück, bald als Composition Beethoven’s, bald als die Czerny’s, bald als meine eigene. An dem Tage, an welchem ich sie als mein eigenes Werk vorführte, erntete ich den aufmunderndsten Beifall: „Das sei gar nicht übel für mein Alter!“ sagte man; an dem Tage, an welchem ich sie unter Czerny’s Namen spielte, hörte man mir kaum zu; spielte ich sie aber unter Beethoven’s Autorität, so wußte ich mir die Bravos der ganzen Versammlung zu sichern.“ An einer anderen Stelle berichtet Liszt: „Ohne Benachrichtigung des Publikums wurde ein Trio von Pixis an Stelle eines solchen von Beethoven gespielt. Der Beifall war stürmischer und größer als je; als aber das Trio von Beethoven den ursprünglich für Pixis bestimmten
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Kind mit dem Bade ausschütten. Der Grundgedanke aber ist der: Wir durchschauen euch. Neun Zehntel von euch klimpern und trällern im Hinblick auf Dinge, die außerhalb des Rahmens der echten Kunst liegen.
Die Forderungen, die wir aus unserer Darlegung ableiten, resümiren sich also wie folgt:
Es ist notwendig, daß die Suprematie der Musik, die geradezu lächerlich übertriebene Wertschätzung und Erhöhung über die Schwesterkünste, die ihr von Seiten des denkfaulen Publikums — zum großen Teil aus den oben entwickelten Gründen — gezollt wird, durch eine ausgiebigere und selbstbewußtere Pflege der bildenden Künste und der Dichtkunst gebrochen wird.
Es ist notwendig, daß sich, im Anschluß an diese theoretische Emancipation, die künstlerisch genießende Menschheit auch in praxi von dem schädlichen und widersinnigen Zuviel befreit, das gegenwärtig in Gestalt einer musikalischen Sintflut das großstädtische Leben bis zur Bewußtlosigkeit überschwemmt.
Es ist notwendig, daß zur Erreichung der hier angedeuteten Ziele die musikalische Heuchelei *) und das elende Phrasentum
*) Ad vocem musikalische Heuchelei hier noch das Nachstehende! „Ich spielte z. B.“ — erzählt Franz Liszt in einem Brief an George Sand — „ein und daselbe Stück, bald als Composition Beethoven’s, bald als die Czerny’s, bald als meine eigene. An dem Tage, an welchem ich sie als mein eigenes Werk vorführte, erntete ich den aufmunderndsten Beifall: „Das sei gar nicht übel für mein Alter!“ sagte man; an dem Tage, an welchem ich sie unter Czerny’s Namen spielte, hörte man mir kaum zu; spielte ich sie aber unter Beethoven’s Autorität, so wußte ich mir die Bravos der ganzen Versammlung zu sichern.“ An einer anderen Stelle berichtet Liszt: „Ohne Benachrichtigung des Publikums wurde ein Trio von Pixis an Stelle eines solchen von Beethoven gespielt. Der Beifall war stürmischer und größer als je; als aber das Trio von Beethoven den ursprünglich für Pixis bestimmten
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