Gehör, und ich mußte auch hier endlich eroberungs¬ weise zu Werke gehen. Als nun die Herren der Stadt¬ verwaltung meine Arbeiter an ihrer alten Mauer im Werke sahen, schickten sie eine Deputation an den Gro߬ herzog, der sich damals in Dornburg aufhielt, mit der ganz unterthänigen Bitte: daß es doch Seiner Hoheit gefallen möge, durch ein Machtwort mir in dem gewalt¬ samen Einreißen ihrer alten ehrwürdigen Stadtmauer Einhalt zu thun. Aber der Großherzog, der mich auch zu diesem Schritt heimlich authorisirt hatte, antwortete sehr weise: "Ich mische mich nicht in Goethe's Angele¬ genheiten. Er weiß schon, was er zu thun hat, und muß sehen, wie er zurechte kommt. Geht doch hin und sagt es ihm selbst, wenn Ihr die Courage habt!"
"Es ließ sich aber Niemand bei mir blicken, fügte Goethe lachend hinzu; ich fuhr fort, von der alten Mauer niederreißen zu lassen, was mir im Wege stand, und hatte die Freude, meine Bibliothek endlich trocken zu sehen."
Mittwoch, den 17. März 1830*.
Abends ein paar Stündchen bei Goethe. Ich brachte ihm im Auftrag der Frau Großfürstin Gemma von Art zurück, und äußerte gegen ihn über dieses Stück alles Gute, was ich darüber in Gedanken hatte. "Ich freue mich immer, erwiederte er, wenn etwas her¬ vorgebracht worden, das in der Erfindung neu ist und
Gehör, und ich mußte auch hier endlich eroberungs¬ weiſe zu Werke gehen. Als nun die Herren der Stadt¬ verwaltung meine Arbeiter an ihrer alten Mauer im Werke ſahen, ſchickten ſie eine Deputation an den Gro߬ herzog, der ſich damals in Dornburg aufhielt, mit der ganz unterthänigen Bitte: daß es doch Seiner Hoheit gefallen möge, durch ein Machtwort mir in dem gewalt¬ ſamen Einreißen ihrer alten ehrwürdigen Stadtmauer Einhalt zu thun. Aber der Großherzog, der mich auch zu dieſem Schritt heimlich authoriſirt hatte, antwortete ſehr weiſe: „Ich miſche mich nicht in Goethe's Angele¬ genheiten. Er weiß ſchon, was er zu thun hat, und muß ſehen, wie er zurechte kommt. Geht doch hin und ſagt es ihm ſelbſt, wenn Ihr die Courage habt!“
„Es ließ ſich aber Niemand bei mir blicken, fügte Goethe lachend hinzu; ich fuhr fort, von der alten Mauer niederreißen zu laſſen, was mir im Wege ſtand, und hatte die Freude, meine Bibliothek endlich trocken zu ſehen.“
Mittwoch, den 17. März 1830*.
Abends ein paar Stündchen bei Goethe. Ich brachte ihm im Auftrag der Frau Großfürſtin Gemma von Art zurück, und äußerte gegen ihn über dieſes Stück alles Gute, was ich darüber in Gedanken hatte. „Ich freue mich immer, erwiederte er, wenn etwas her¬ vorgebracht worden, das in der Erfindung neu iſt und
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Gehör, und ich mußte auch hier endlich eroberungs¬
weiſe zu Werke gehen. Als nun die Herren der Stadt¬
verwaltung meine Arbeiter an ihrer alten Mauer im
Werke ſahen, ſchickten ſie eine Deputation an den Gro߬
herzog, der ſich damals in Dornburg aufhielt, mit der
ganz unterthänigen Bitte: daß es doch Seiner Hoheit
gefallen möge, durch ein Machtwort mir in dem gewalt¬
ſamen Einreißen ihrer alten ehrwürdigen Stadtmauer
Einhalt zu thun. Aber der Großherzog, der mich auch
zu dieſem Schritt heimlich authoriſirt hatte, antwortete
ſehr weiſe: „Ich miſche mich nicht in Goethe's Angele¬
genheiten. Er weiß ſchon, was er zu thun hat, und
muß ſehen, wie er zurechte kommt. Geht doch hin und
ſagt es ihm ſelbſt, wenn Ihr die Courage habt!“
„Es ließ ſich aber Niemand bei mir blicken, fügte
Goethe lachend hinzu; ich fuhr fort, von der alten
Mauer niederreißen zu laſſen, was mir im Wege ſtand,
und hatte die Freude, meine Bibliothek endlich trocken
zu ſehen.“
Mittwoch, den 17. März 1830*.
Abends ein paar Stündchen bei Goethe. Ich
brachte ihm im Auftrag der Frau Großfürſtin Gemma
von Art zurück, und äußerte gegen ihn über dieſes
Stück alles Gute, was ich darüber in Gedanken hatte.
„Ich freue mich immer, erwiederte er, wenn etwas her¬
vorgebracht worden, das in der Erfindung neu iſt und
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/342>, abgerufen am 23.11.2024.
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