Diesen Abend bei Goethe mit Hofrath Meyer. Die Unterhaltung drehte sich hauptsächlich um Mineralogie, Chemie und Physik. Die Phänomene der Polarisation des Lichts schienen ihn besonders zu interessiren. Er zeigte mir verschiedene Vorrichtungen, größtentheils nach seinen eigenen Angaben construirt, und äußerte den Wunsch, mit mir einige Experimente zu machen.
Goethe ward im Laufe des Gesprächs immer freier und mittheilender. Ich blieb länger als eine Stunde und er sagte mir beim Abschiede viel Gutes.
Seine Gestalt ist noch schön zu nennen, seine Stirn und Augen sind besonders majestätisch. Er ist groß und wohlgebaut und von so rüstigem Ansehen, daß man nicht wohl begreift, wie er sich schon seit Jahren hat für zu alt erklären können, um noch in Gesellschaft und an Hof zu gehen.
Dienstag, den 24. September 1822*.
Den Abend bei Goethe zugebracht mit Meyer, Goethe's Sohn, Frau v. Goethe und seinem Arzt,
1*
Sonnabend, den 21. September 1822*.
Dieſen Abend bei Goethe mit Hofrath Meyer. Die Unterhaltung drehte ſich hauptſächlich um Mineralogie, Chemie und Phyſik. Die Phänomene der Polariſation des Lichts ſchienen ihn beſonders zu intereſſiren. Er zeigte mir verſchiedene Vorrichtungen, größtentheils nach ſeinen eigenen Angaben conſtruirt, und äußerte den Wunſch, mit mir einige Experimente zu machen.
Goethe ward im Laufe des Geſprächs immer freier und mittheilender. Ich blieb länger als eine Stunde und er ſagte mir beim Abſchiede viel Gutes.
Seine Geſtalt iſt noch ſchön zu nennen, ſeine Stirn und Augen ſind beſonders majeſtätiſch. Er iſt groß und wohlgebaut und von ſo rüſtigem Anſehen, daß man nicht wohl begreift, wie er ſich ſchon ſeit Jahren hat für zu alt erklären können, um noch in Geſellſchaft und an Hof zu gehen.
Dienstag, den 24. September 1822*.
Den Abend bei Goethe zugebracht mit Meyer, Goethe's Sohn, Frau v. Goethe und ſeinem Arzt,
1*
<TEI><text><body><divn="3"><pbfacs="#f0025"n="[3]"/><divn="4"><datelinerendition="#right">Sonnabend, den 21. September 1822*.<lb/></dateline><p><hirendition="#in">D</hi>ieſen Abend bei Goethe mit Hofrath Meyer. Die<lb/>
Unterhaltung drehte ſich hauptſächlich um Mineralogie,<lb/>
Chemie und Phyſik. Die Phänomene der Polariſation<lb/>
des Lichts ſchienen ihn beſonders zu intereſſiren. Er<lb/>
zeigte mir verſchiedene Vorrichtungen, größtentheils nach<lb/>ſeinen eigenen Angaben conſtruirt, und äußerte den<lb/>
Wunſch, mit mir einige Experimente zu machen.</p><lb/><p>Goethe ward im Laufe des Geſprächs immer freier<lb/>
und mittheilender. Ich blieb länger als eine Stunde<lb/>
und er ſagte mir beim Abſchiede viel Gutes.</p><lb/><p>Seine Geſtalt iſt noch ſchön zu nennen, ſeine Stirn<lb/>
und Augen ſind beſonders majeſtätiſch. Er iſt groß<lb/>
und wohlgebaut und von ſo rüſtigem Anſehen, daß<lb/>
man nicht wohl begreift, wie er ſich ſchon ſeit Jahren<lb/>
hat für zu alt erklären können, um noch in Geſellſchaft<lb/>
und an Hof zu gehen.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div><divn="4"><datelinerendition="#right">Dienstag, den 24. September 1822*.<lb/></dateline><p>Den Abend bei Goethe zugebracht mit Meyer,<lb/>
Goethe's Sohn, Frau v. Goethe und ſeinem Arzt,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">1*<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[[3]/0025]
Sonnabend, den 21. September 1822*.
Dieſen Abend bei Goethe mit Hofrath Meyer. Die
Unterhaltung drehte ſich hauptſächlich um Mineralogie,
Chemie und Phyſik. Die Phänomene der Polariſation
des Lichts ſchienen ihn beſonders zu intereſſiren. Er
zeigte mir verſchiedene Vorrichtungen, größtentheils nach
ſeinen eigenen Angaben conſtruirt, und äußerte den
Wunſch, mit mir einige Experimente zu machen.
Goethe ward im Laufe des Geſprächs immer freier
und mittheilender. Ich blieb länger als eine Stunde
und er ſagte mir beim Abſchiede viel Gutes.
Seine Geſtalt iſt noch ſchön zu nennen, ſeine Stirn
und Augen ſind beſonders majeſtätiſch. Er iſt groß
und wohlgebaut und von ſo rüſtigem Anſehen, daß
man nicht wohl begreift, wie er ſich ſchon ſeit Jahren
hat für zu alt erklären können, um noch in Geſellſchaft
und an Hof zu gehen.
Dienstag, den 24. September 1822*.
Den Abend bei Goethe zugebracht mit Meyer,
Goethe's Sohn, Frau v. Goethe und ſeinem Arzt,
1*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/25>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.