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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848.

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den, sie von seiner ihr unbewußten Gegenwart ein
unheimliches Gefühl hätte, und daß eine Angst über
sie käme, die sie zum Zimmer hinaus und zu ihren
Hausgenossen triebe."

Ich kenne eine Opern-Scene, entgegnete ich, worin
zwei Liebende, die lange Zeit durch große Entfernung
getrennt waren, sich, ohne es zu wissen, in einem
dunkeln Zimmer zusammen befinden. Sie sind aber
nicht lange beisammen, so fängt die magnetische Kraft
an, zu wirken, Eins ahnet des Anderen Nähe, sie wer¬
den unwillkürlich zu einander hingezogen und es dauert
nicht lange, so liegt das junge Mädchen in den Armen
des Jünglings.

"Unter Liebenden, versetzte Goethe, ist diese magne¬
tische Kraft besonders stark und wirkt sogar sehr in die
Ferne. Ich habe in meinen Jünglingsjahren Fälle
genug erlebt, wo auf einsamen Spaziergängen ein mäch¬
tiges Verlangen nach einem geliebten Mädchen mich
überfiel, und ich so lange an sie dachte, bis sie mir
wirklich entgegenkam. Es wurde mir in meinem Stüb¬
chen unruhig, sagte sie, ich konnte mir nicht helfen, ich
mußte hierher."

"So erinnere ich mich eines Falles aus den ersten
Jahren meines Hierseyns, wo ich sehr bald wieder in
leidenschaftliche Zustände gerathen war. Ich hatte eine
größere Reise gemacht und war schon seit einigen Tagen
zurückgekehrt, aber durch Hofverhältnisse, die mich spät

den, ſie von ſeiner ihr unbewußten Gegenwart ein
unheimliches Gefühl hätte, und daß eine Angſt über
ſie käme, die ſie zum Zimmer hinaus und zu ihren
Hausgenoſſen triebe.“

Ich kenne eine Opern-Scene, entgegnete ich, worin
zwei Liebende, die lange Zeit durch große Entfernung
getrennt waren, ſich, ohne es zu wiſſen, in einem
dunkeln Zimmer zuſammen befinden. Sie ſind aber
nicht lange beiſammen, ſo fängt die magnetiſche Kraft
an, zu wirken, Eins ahnet des Anderen Nähe, ſie wer¬
den unwillkürlich zu einander hingezogen und es dauert
nicht lange, ſo liegt das junge Mädchen in den Armen
des Jünglings.

„Unter Liebenden, verſetzte Goethe, iſt dieſe magne¬
tiſche Kraft beſonders ſtark und wirkt ſogar ſehr in die
Ferne. Ich habe in meinen Jünglingsjahren Fälle
genug erlebt, wo auf einſamen Spaziergängen ein mäch¬
tiges Verlangen nach einem geliebten Mädchen mich
überfiel, und ich ſo lange an ſie dachte, bis ſie mir
wirklich entgegenkam. Es wurde mir in meinem Stüb¬
chen unruhig, ſagte ſie, ich konnte mir nicht helfen, ich
mußte hierher.“

„So erinnere ich mich eines Falles aus den erſten
Jahren meines Hierſeyns, wo ich ſehr bald wieder in
leidenſchaftliche Zuſtände gerathen war. Ich hatte eine
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[201/0223] den, ſie von ſeiner ihr unbewußten Gegenwart ein unheimliches Gefühl hätte, und daß eine Angſt über ſie käme, die ſie zum Zimmer hinaus und zu ihren Hausgenoſſen triebe.“ Ich kenne eine Opern-Scene, entgegnete ich, worin zwei Liebende, die lange Zeit durch große Entfernung getrennt waren, ſich, ohne es zu wiſſen, in einem dunkeln Zimmer zuſammen befinden. Sie ſind aber nicht lange beiſammen, ſo fängt die magnetiſche Kraft an, zu wirken, Eins ahnet des Anderen Nähe, ſie wer¬ den unwillkürlich zu einander hingezogen und es dauert nicht lange, ſo liegt das junge Mädchen in den Armen des Jünglings. „Unter Liebenden, verſetzte Goethe, iſt dieſe magne¬ tiſche Kraft beſonders ſtark und wirkt ſogar ſehr in die Ferne. Ich habe in meinen Jünglingsjahren Fälle genug erlebt, wo auf einſamen Spaziergängen ein mäch¬ tiges Verlangen nach einem geliebten Mädchen mich überfiel, und ich ſo lange an ſie dachte, bis ſie mir wirklich entgegenkam. Es wurde mir in meinem Stüb¬ chen unruhig, ſagte ſie, ich konnte mir nicht helfen, ich mußte hierher.“ „So erinnere ich mich eines Falles aus den erſten Jahren meines Hierſeyns, wo ich ſehr bald wieder in leidenſchaftliche Zuſtände gerathen war. Ich hatte eine größere Reiſe gemacht und war ſchon ſeit einigen Tagen zurückgekehrt, aber durch Hofverhältniſſe, die mich ſpät

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/223>, abgerufen am 21.11.2024.