Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848.des Ettersberges herum, nach dem Jagdschlosse Etters¬ Wir gingen wieder ins Freie und Goethe führte "Ich will Ihnen doch auch die Buche zeigen, sagte des Ettersberges herum, nach dem Jagdſchloſſe Etters¬ Wir gingen wieder ins Freie und Goethe führte „Ich will Ihnen doch auch die Buche zeigen, ſagte <TEI> <text> <body> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0212" n="190"/> des Ettersberges herum, nach dem Jagdſchloſſe Etters¬<lb/> burg. Goethe ließ ſämmtliche Zimmer aufſchließen, die<lb/> mit heiteren Tapeten und Bildern behängt waren. In<lb/> dem weſtlichen Eckzimmer des erſten Stockes ſagte er<lb/> mir, daß Schiller dort einige Zeit gewohnt. „Wir<lb/> haben überhaupt, fuhr er fort, in früheſter Zeit hier<lb/> manchen guten Tag gehabt und manchen guten Tag<lb/> verthan. Wir waren Alle jung und voll Uebermuth<lb/> und es fehlte uns im Sommer nicht an allerlei impro¬<lb/> viſirtem Comödienſpiel und im Winter nicht an allerlei<lb/> Tanz und Schlittenfahrten mit Fackeln.“</p><lb/> <p>Wir gingen wieder ins Freie und Goethe führte<lb/> mich in weſtlicher Richtung einen Fußweg ins Holz.</p><lb/> <p>„Ich will Ihnen doch auch die Buche zeigen, ſagte<lb/> er, worin wir vor funfzig Jahren unſere Namen ge¬<lb/> ſchnitten. — Aber wie hat ſich das verändert und wie<lb/> iſt das Alles herangewachſen! — Das wäre denn der<lb/> Baum! — Sie ſehen, er iſt noch in der vollſten<lb/> Pracht! — Auch unſere Namen ſind noch zu ſpüren;<lb/> doch ſo verquollen und verwachſen, daß ſie kaum noch<lb/> herauszubringen. Damals ſtand dieſe Buche auf einem<lb/> freien trockenen Platz. Es war durchaus ſonnig und<lb/> anmuthig umher und wir ſpielten hier an ſchönen Som¬<lb/> mertagen unſere improviſirten Poſſen. Jetzt iſt es hier<lb/> feucht und unfreundlich. Was ſonſt nur niederes Ge¬<lb/> büſch war, iſt indeß zu ſchattigen Bäumen herange¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [190/0212]
des Ettersberges herum, nach dem Jagdſchloſſe Etters¬
burg. Goethe ließ ſämmtliche Zimmer aufſchließen, die
mit heiteren Tapeten und Bildern behängt waren. In
dem weſtlichen Eckzimmer des erſten Stockes ſagte er
mir, daß Schiller dort einige Zeit gewohnt. „Wir
haben überhaupt, fuhr er fort, in früheſter Zeit hier
manchen guten Tag gehabt und manchen guten Tag
verthan. Wir waren Alle jung und voll Uebermuth
und es fehlte uns im Sommer nicht an allerlei impro¬
viſirtem Comödienſpiel und im Winter nicht an allerlei
Tanz und Schlittenfahrten mit Fackeln.“
Wir gingen wieder ins Freie und Goethe führte
mich in weſtlicher Richtung einen Fußweg ins Holz.
„Ich will Ihnen doch auch die Buche zeigen, ſagte
er, worin wir vor funfzig Jahren unſere Namen ge¬
ſchnitten. — Aber wie hat ſich das verändert und wie
iſt das Alles herangewachſen! — Das wäre denn der
Baum! — Sie ſehen, er iſt noch in der vollſten
Pracht! — Auch unſere Namen ſind noch zu ſpüren;
doch ſo verquollen und verwachſen, daß ſie kaum noch
herauszubringen. Damals ſtand dieſe Buche auf einem
freien trockenen Platz. Es war durchaus ſonnig und
anmuthig umher und wir ſpielten hier an ſchönen Som¬
mertagen unſere improviſirten Poſſen. Jetzt iſt es hier
feucht und unfreundlich. Was ſonſt nur niederes Ge¬
büſch war, iſt indeß zu ſchattigen Bäumen herange¬
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Zitationshilfe: | Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/212>, abgerufen am 16.02.2025. |