solchen Stamm mit der Säge in vier Theile schnitte? da bekäme man doch auf jeden Fall gerade Stücke."
Man würde, erwiederte ich, bei einem Stamm mit etwas gewundener Richtung die Faser durchschneiden, und das würde die Theile zu einem Bogen durchaus unbrauchbar machen.
"Ich begreife, sagte Goethe: ein Bogen mit durch¬ schnittener Faser würde brechen. Doch erzählen Sie weiter, die Sache interessirt mich."
Ich machte also, fuhr ich fort, meinen zweiten Bo¬ gen aus einem Stück geschlachteter Esche. Es war an der Rückseite keine Faser durchschnitten, der Bogen war stark und fest, aber es zeigte sich der Fehler, daß er beim Aufziehen nicht weich, sondern hart war. "Sie werden, sagte der Wagner, ein Stück Samen-Esche ge¬ nommen haben, welches immer ein sehr steifes Holz ist; nehmen Sie aber von der zähen, wie sie bei Hopf¬ garten und Zimmern wächst, so wird es besser gehen." Bei dieser Gelegenheit erfuhr ich, daß zwischen Esche und Esche ein großer Unterschied, und daß bei allen Holzarten sehr viel auf den Ort und auf den Boden ankomme, wo sie gewachsen. Ich erfuhr, daß das Holz des Ettersberges als Nutzholz weniger Werth habe; daß dagegen das Holz aus der Umgegend von Nohra eine besondere Festigkeit besitze, weßhalb denn die Wei¬ mar'schen Fuhrleute zu Wagenreparaturen, die in Nohra gemacht, ein ganz besonderes Vertrauen hätten. Ich
ſolchen Stamm mit der Säge in vier Theile ſchnitte? da bekäme man doch auf jeden Fall gerade Stücke.“
Man würde, erwiederte ich, bei einem Stamm mit etwas gewundener Richtung die Faſer durchſchneiden, und das würde die Theile zu einem Bogen durchaus unbrauchbar machen.
„Ich begreife, ſagte Goethe: ein Bogen mit durch¬ ſchnittener Faſer würde brechen. Doch erzählen Sie weiter, die Sache intereſſirt mich.“
Ich machte alſo, fuhr ich fort, meinen zweiten Bo¬ gen aus einem Stück geſchlachteter Eſche. Es war an der Rückſeite keine Faſer durchſchnitten, der Bogen war ſtark und feſt, aber es zeigte ſich der Fehler, daß er beim Aufziehen nicht weich, ſondern hart war. „Sie werden, ſagte der Wagner, ein Stück Samen-Eſche ge¬ nommen haben, welches immer ein ſehr ſteifes Holz iſt; nehmen Sie aber von der zähen, wie ſie bei Hopf¬ garten und Zimmern wächſt, ſo wird es beſſer gehen.“ Bei dieſer Gelegenheit erfuhr ich, daß zwiſchen Eſche und Eſche ein großer Unterſchied, und daß bei allen Holzarten ſehr viel auf den Ort und auf den Boden ankomme, wo ſie gewachſen. Ich erfuhr, daß das Holz des Ettersberges als Nutzholz weniger Werth habe; daß dagegen das Holz aus der Umgegend von Nohra eine beſondere Feſtigkeit beſitze, weßhalb denn die Wei¬ mar'ſchen Fuhrleute zu Wagenreparaturen, die in Nohra gemacht, ein ganz beſonderes Vertrauen hätten. Ich
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ſolchen Stamm mit der Säge in vier Theile ſchnitte?
da bekäme man doch auf jeden Fall gerade Stücke.“
Man würde, erwiederte ich, bei einem Stamm mit
etwas gewundener Richtung die Faſer durchſchneiden,
und das würde die Theile zu einem Bogen durchaus
unbrauchbar machen.
„Ich begreife, ſagte Goethe: ein Bogen mit durch¬
ſchnittener Faſer würde brechen. Doch erzählen Sie
weiter, die Sache intereſſirt mich.“
Ich machte alſo, fuhr ich fort, meinen zweiten Bo¬
gen aus einem Stück geſchlachteter Eſche. Es war
an der Rückſeite keine Faſer durchſchnitten, der Bogen
war ſtark und feſt, aber es zeigte ſich der Fehler, daß
er beim Aufziehen nicht weich, ſondern hart war. „Sie
werden, ſagte der Wagner, ein Stück Samen-Eſche ge¬
nommen haben, welches immer ein ſehr ſteifes Holz iſt;
nehmen Sie aber von der zähen, wie ſie bei Hopf¬
garten und Zimmern wächſt, ſo wird es beſſer gehen.“
Bei dieſer Gelegenheit erfuhr ich, daß zwiſchen Eſche
und Eſche ein großer Unterſchied, und daß bei allen
Holzarten ſehr viel auf den Ort und auf den Boden
ankomme, wo ſie gewachſen. Ich erfuhr, daß das Holz
des Ettersberges als Nutzholz weniger Werth habe;
daß dagegen das Holz aus der Umgegend von Nohra
eine beſondere Feſtigkeit beſitze, weßhalb denn die Wei¬
mar'ſchen Fuhrleute zu Wagenreparaturen, die in Nohra
gemacht, ein ganz beſonderes Vertrauen hätten. Ich
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/123>, abgerufen am 24.11.2024.
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