giebt nicht die Spur von äußerer Anschauung, es ist bloß mental, und das nicht im rechten Sinne."
Um ein Gedicht gut zu machen, sagte ich, dazu ge¬ hören bekanntlich große Kenntnisse der Dinge, von de¬ nen man redet, und wem nicht, wie Claude Lorrain, eine ganze Welt zu Gebote steht, der wird, bey den besten ideellen Richtungen, selten etwas Gutes zu Tage bringen.
"Und das Eigene ist, sagte Goethe, daß nur das geborene Talent eigentlich weiß, worauf es ankommt, und daß alle Übrigen mehr oder weniger in der Irre gehen."
Das beweisen die Ästhetiker, sagte ich, von denen fast keiner weiß was eigentlich gelehrt werden sollte, und welche die Verwirrung der jungen Poeten vollkommen machen. Statt vom Realen zu handeln, handeln sie vom Idealen, und statt den jungen Dichter darauf hin¬ zuweisen, was er nicht hat, verwirren sie ihm das was er besitzt. Wem z. B. von Haus aus einiger Witz und Humor angeboren wäre, wird sicher mit diesen Kräften am besten wirken, wenn er kaum weiß, daß er damit begabt ist; wer aber die gepriesenen Abhandlun¬ gen über so hohe Eigenschaften sich zu Gemüthe führte, würde sogleich in dem unschuldigen Gebrauch dieser Kräfte gestört und gehindert werden, das Bewußtseyn würde diese Kräfte paralysiren und er würde, statt einer gehofften Förderung, sich unsäglich gehindert sehen. "Sie
giebt nicht die Spur von aͤußerer Anſchauung, es iſt bloß mental, und das nicht im rechten Sinne.“
Um ein Gedicht gut zu machen, ſagte ich, dazu ge¬ hoͤren bekanntlich große Kenntniſſe der Dinge, von de¬ nen man redet, und wem nicht, wie Claude Lorrain, eine ganze Welt zu Gebote ſteht, der wird, bey den beſten ideellen Richtungen, ſelten etwas Gutes zu Tage bringen.
„Und das Eigene iſt, ſagte Goethe, daß nur das geborene Talent eigentlich weiß, worauf es ankommt, und daß alle Übrigen mehr oder weniger in der Irre gehen.“
Das beweiſen die Äſthetiker, ſagte ich, von denen faſt keiner weiß was eigentlich gelehrt werden ſollte, und welche die Verwirrung der jungen Poeten vollkommen machen. Statt vom Realen zu handeln, handeln ſie vom Idealen, und ſtatt den jungen Dichter darauf hin¬ zuweiſen, was er nicht hat, verwirren ſie ihm das was er beſitzt. Wem z. B. von Haus aus einiger Witz und Humor angeboren waͤre, wird ſicher mit dieſen Kraͤften am beſten wirken, wenn er kaum weiß, daß er damit begabt iſt; wer aber die geprieſenen Abhandlun¬ gen uͤber ſo hohe Eigenſchaften ſich zu Gemuͤthe fuͤhrte, wuͤrde ſogleich in dem unſchuldigen Gebrauch dieſer Kraͤfte geſtoͤrt und gehindert werden, das Bewußtſeyn wuͤrde dieſe Kraͤfte paralyſiren und er wuͤrde, ſtatt einer gehofften Foͤrderung, ſich unſaͤglich gehindert ſehen. „Sie
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giebt nicht die Spur von aͤußerer Anſchauung, es iſt
bloß mental, und das nicht im rechten Sinne.“
Um ein Gedicht gut zu machen, ſagte ich, dazu ge¬
hoͤren bekanntlich große Kenntniſſe der Dinge, von de¬
nen man redet, und wem nicht, wie Claude Lorrain,
eine ganze Welt zu Gebote ſteht, der wird, bey den
beſten ideellen Richtungen, ſelten etwas Gutes zu Tage
bringen.
„Und das Eigene iſt, ſagte Goethe, daß nur das
geborene Talent eigentlich weiß, worauf es ankommt,
und daß alle Übrigen mehr oder weniger in der Irre
gehen.“
Das beweiſen die Äſthetiker, ſagte ich, von denen
faſt keiner weiß was eigentlich gelehrt werden ſollte, und
welche die Verwirrung der jungen Poeten vollkommen
machen. Statt vom Realen zu handeln, handeln ſie
vom Idealen, und ſtatt den jungen Dichter darauf hin¬
zuweiſen, was er nicht hat, verwirren ſie ihm das was
er beſitzt. Wem z. B. von Haus aus einiger Witz
und Humor angeboren waͤre, wird ſicher mit dieſen
Kraͤften am beſten wirken, wenn er kaum weiß, daß er
damit begabt iſt; wer aber die geprieſenen Abhandlun¬
gen uͤber ſo hohe Eigenſchaften ſich zu Gemuͤthe fuͤhrte,
wuͤrde ſogleich in dem unſchuldigen Gebrauch dieſer
Kraͤfte geſtoͤrt und gehindert werden, das Bewußtſeyn
wuͤrde dieſe Kraͤfte paralyſiren und er wuͤrde, ſtatt einer
gehofften Foͤrderung, ſich unſaͤglich gehindert ſehen. „Sie
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/138>, abgerufen am 28.11.2024.
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